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 Herr und Knecht


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Wassilij Andrejitsch Brechunow, ein reicher Kaufmann, hat sich an einem Feiertag in den Kopf gesetzt, trotz des Schneefalls mit dem Schlitten in eine der nächsten Ortschaften zu fahren und dort den Ankauf eines Waldes abzuschließen, von dem er sich großen Gewinn erhofft, ehe Konkurrenten auf den Plan treten.
Auf Drängen seiner Frau nimmt er seinen treuen, etwas verschrobenen Knecht Nikita mit, der in seiner armseligen, löchrigen Kleidung nur schlecht für eine solche Fahrt gerüstet ist, zumal die beiden im heftigen Schneegestöber rasch vom Weg abkommen und sich verirren. Glücklicherweise erreichen sie ein Dorf abseits der eigentlich vorgesehenen Route, wo sie sich ein wenig aufwärmen können und eingeladen werden, über Nacht zu bleiben. Doch Wassilij Andrejitsch, besessen von der Idee, seinen Reichtum zu mehren, lehnt zu Nikitas heimlichem Leidwesen ab.
Es dämmert schon, als Herr und Knecht neuerdings aufbrechen - und bald wieder den Weg verlieren. Schließlich bleibt ihnen nichts anderes übrig, als draußen auf dem Feld zu übernachten und sich einschneien zu lassen, von Wolfsgeheul und dem Brausen des Schneesturms begleitet.
Mitten in der Nacht entschließt sich Wassilij Andrejitsch, mit dem ausgespannten Pferd loszureiten und dem schon halb steifen Nikita seinem scheinbar unabwendbaren Schicksal, dem Erfrieren, zu überlassen. Doch er irrt im Kreis und kommt wieder zu Nikita zurück. Inzwischen hat sich in seinem Denken eine Wandlung vollzogen, er hat die Müßigkeit seines Strebens nach immer mehr Reichtum erkannt. Und er vollzieht an seinem halb erfrorenen Knecht die größte erdenkliche Tat der Nächstenliebe.

Tolstoj gilt zu Recht als einer der größten russischen Schriftsteller. Außer seinen berühmten Romanen hat er auch viele kürzere Erzählungen verfasst, zu denen "Herr und Knecht" gehört, ein Werk von kaum zu überbietender Dramatik, die sich nach und nach aus einem zunächst stimmungsvollen, russisch-launigen Anfang heraus ergibt, dem freilich schon die später übermächtige Gefahr latent innewohnt.
Der Autor versteht es meisterlich, typisch russische Charaktere zu gestalten, den skrupellosen Herrn, für den der von ihm abhängige Knecht kaum mehr ist als ein in seinem Besitz befindlicher Gegenstand und weniger zählt als sein Pferd, und diesen Knecht selbst, ein einfacher Mensch mit ausgeprägten Stärken und Schwächen, für die Erzählung nicht minder bedeutsam als sein Herr. Auch die weiteren Figuren, im Grunde nichts mehr als Staffage, werden trotz aller Kürze eindrucksvoll ausgeführt.
Wie schon angeschnitten, ist auch die Handlung herausragend konzipiert und dargestellt - der Spannungsbogen wirkt geradezu beispielhaft. Als sich die Wende andeutet und der Kaufmann begreift, wie bedeutungslos sein Lebensinhalt eigentlich gewesen ist, wird die Spannung fast mit Händen greifbar.
Hierzu trägt in der Argon-Hörbuchedition auch die Leistung des Sprechers Boris Aljinovic bei, der Tolstojs Handlung ohne falsches Pathos, doch äußerst packend vorträgt und dabei die Persönlichkeiten der Figuren so geschickt unterstreicht, dass man sie, da man ihre Stimmen so authentisch vernimmt, geradezu vor sich sieht, ob in der Behaglichkeit des Bauernhofs im Dorf am Samowar oder draußen in der Schneewüste.
Die beiden CDs werden in einer üblichen Plexiglas-Kassette und schlichter, aber attraktiver Aufmachung angeboten.
Ein echtes Stück Weltliteratur als packende Hörbuchfassung - und das zu einem günstigen Preis.

Regina Károlyi



CD | CD-Anzahl: 2 | Erschienen: 01. März 2009 | ISBN: 9783866107441 | Laufzeit: 123 Minuten | Preis: 9,95 Euro

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