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 Die sechs Schüsse von Philadelphia

Autoren: Ulrich Scheel
Illustratoren: Ulrich Scheel
Verlag: Avant-Verlag

Cover
Gesamt +++--
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


In den Sommerferien 1980 in einem Dorf irgendwo in der DDR: Uwe und sein kleiner Bruder Alex entdecken im Hause ihrer Großmutter eine Pistole sowie sechs Schuss Munition. Die eben noch hartnäckig bekämpfte Langeweile hat angesichts dieses außergewöhnlich aufregenden Fundes kapituliert. Zusammen mit ihrem Freund Grolf beraten sie, was zu tun ist. Es dauert nicht lange, bis der erste Schuss fällt und einen Baum trifft. Der zweite schon gilt einem Vogel, der, tödlich getroffen, von den Jungs begraben wird. Natürlich will jeder mal schießen, schließlich wird auch noch Sabine nach einer Mutprobe in die Clique aufgenommen. Doch wird es bei dem toten, begrabenen Vogel bleiben oder wird die Waffe größeres Unheil anrichten? Und wie werden die in der Nähe übenden russischen Soldaten auf die Schüsse reagieren?

Mit "Die sechs Schüsse von Philadelphia" veröffentlicht der Avant-Verlag die erste Graphic Novel des in Ostberlin geborenen Ulrich Scheel. Wer angesichts der Koinzidenz von DDR und Philadelphia verwirrt ist, dem sei gesagt, dass Philadelphia tatsächlich ein Dorf im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree ist. "Philadelphia" ist zunächst einmal also nicht symbolisch gemeint, sondern bezeichnet ganz konkret einen Flecken Erde in Brandenburg. Mögliche allegorische Interpretationen sind jedem Leser natürlich freigestellt.

Scheels Panels nehmen oft eine ganze Seite ein und wirken sehr skizzenhaft mit ihren in Schwarzweiß gehaltenen Wasserfarben und den wenigen Details. Die eigentliche Geschichte hat viel Potenzial: Jugendliche finden inmitten der sommerlichen Langeweile einen Revolver plus Munition. Doch leider wird das Potenzial der Geschichte nicht ausgeschöpft. Jeder Schuss wird in einem eigenen Kapitel erzählt, das durch die abwechselnden Schützen quasi je einen anderen Protagonisten hat und damit viele Möglichkeiten bietet. Aber leider nutzt Scheel nicht konsequent die Möglichkeiten aus, die sich ihm im Erzählerischen bieten. Dazu kommt seine Sprache, die einfach nicht mitreißen kann und in ihrem Stil hin und wieder an einen Schulaufsatz erinnert. Das ist sicherlich so gewollt, ist doch beispielsweise Uwe fünfzehn Jahre alt und der Sprachduktus somit möglicherweise sehr authentisch. Letztlich passen auch das Schulaufsatzhafte der Sprache und das Skizzenhafte der Bilder zusammen, wirken wie ein jugendlicher Tagebucheintrag eines aufregenden Tages. Doch auch wenn passend zu den Protagonisten und mit Bedacht gewählt, macht der Schreibstil einfach keinen Spaß, wenn man Sprache mag. Auch die Bilder sind - natürlich wie alles im Leben - Geschmackssache. Sie sind sehr von den Protagonisten dominiert und wirken zum Teil wie Kinderbuchillustrationen in Schwarzweiß.

Alles in allem ist Ulrich Scheel eine runde Graphic Novel gelungen, deren Geschichte, Bilder und Sprache gut zusammenpassen, trotzdem aber nicht jeden Leser überzeugen werden. Letztlich plätschert alles zu sehr an der Oberfläche, ist doch zu sehr Comic und zu wenig (Graphic) Novel und kann der Autor die Spannung, die der Plot verspricht, nicht halten, sodass aus einer potenziell interessanten Geschichte eine beliebige wird.

Katja Maria Weinl



Softcover | Erschienen: 01. Mai 2008 | ISBN: 9783939080312 | Preis: 19,95 Euro | 240 Seiten | Sprache: Deutsch

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