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Die Steiermark im Jahre des Herrn 1385: In einer regnerischen Nacht werden der Köhler Arnulf und seine gesamte Familie brutal ermordet - nur ein Kind überlebt das furchtbare Massaker. Der junge Bertram war zum Zeitpunkt des Verbrechens nämlich nicht zuhause bei den Eltern, sondern unterwegs in der Obhut von Wolf von der Klause, einem Freund der Familie, der ein freiheitsliebendes und fast einsiedlerisches Leben führt.
Tief erschüttert von den Morden bringt Wolf den Jungen zu einem nahegelegenen Benediktinerkloster, um ihn dort bis auf weiteres unterzubringen. Dort wird er vom Prior Otto Metschacher beauftragt, den Fall um die ermordete Familie zu lösen. Denn die Gräueltat ist nicht die erste ihrer Art: Schon seit langer Zeit treibt anscheinend eine skrupellose Bande ihr Unwesen und ermordete bereits mehrere Menschen.
Die Lage spitzt sich zu, als drei reiche Venezianer auf einem Handelstransport entführt werden; auch hier gibt es wieder mehrere Tote zu beklagen. Die Banditen fordern ein hohes Lösegeld. Der Fall ist von entscheidender Bedeutung, denn die Handelsverbindung nach Venedig ist von höchster Wichtigkeit für die Region. Auch in diesem Fall wird der scharfsinnige Klausner hinzugezogen - und macht sich dadurch nicht nur Freunde. Gemeinsam mit der hübschen Katharina von Klingfurth, zu der sich Wolf bald mehr als nur ein wenig hingezogen fühlt, macht er sich an die Aufklärung der Verbrechen. Doch hängen die beiden Fälle überhaupt zusammen? Wer hat die Venezianer entführt? Warum sollte jemand einen armen Köhler ermorden?
Mit "Der Seelenhändler" ist Peter Orontes ein spannender, vielschichtiger Mittelalter-Krimi gelungen, der sich positiv aus der inzwischen ja enormen Masse ähnlicher Romane hervorhebt. Sprachlich klug und vielseitig, ohne verkrampft oder aufgesetzt zu wirken, und mit viel Sinn für lebendige, unterhaltsame Details hat sich Orontes in seinem Romandebüt, für das er drei Jahre lang recherchierte, des 14. Jahrhunderts angenommen. Sein Protagonist, der Klausner Wolf, führt ein eigenwilliges Leben und besitzt außergewöhnlichen Scharfsinn und eine hervorragende Kombinationsgabe - er besitzt eine gewisse Ähnlichkeit mit William von Baskerville, dem Mönch aus "Der Name der Rose". Mit Kombinationsgabe und auch ein wenig Glück wird so nach und nach das Geheimnis um die ermordeten Köhler und die entführten Venezianer gelöst.
Sehr gut gelungen sind die lebensechten Schilderungen von Land und Leuten zur damaligen Zeit; sie wirken in diesem Buch nicht als Mittel zum Zweck, wie in manch anderen historischen Romanen, sondern sind beiläufig eingebunden und vermitteln ein überzeugendes Bild der damaligen Lebensgewohnheiten und -umstände. Besonders hoch anzurechnen ist dem Autor, dass er nicht krampfhaft versucht hat, dem Leser quasi wie im Lehrbuch die damaligen Sitten und Bräuche darzulegen - diesen Eindruck hat man häufig in anderen Büchern, wo alles auf Biegen und Brechen ganz genau erläutert und erklärt wird -, alles fließt selbstverständlich in die Geschichte ein. Die Handlung selbst ist sowohl spannend als auch logisch und besteht eigentlich aus mehreren Handlungssträngen, die am Ende gelungen zusammengeführt werden. Es tauchen viele Personen und Handlungsorte auf, und obwohl man am Anfang oft herumrätselt, was nun dieses und jenes genau zu bedeuten hat, wird am Ende alles zur Befriedigung des Lesers aufgelöst. Es gibt auch eine kleine Liebesgeschichte, aber auch diese wird nicht überstrapaziert oder kitschig ausgewalzt, so dass sie dem Rest der Handlung nicht die Show stiehlt und auch nicht nervt.
"Der Seelenhändler" ist ein wirklich gelungener, spannender Lesespaß für Fans historischer Krimis. Die Geschichte ist anspruchsvoll ausgedacht, mit zahlreichen authentischen Details angereichert, aber dabei nie langweilig oder belehrend.