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Was wäre die italienische Oper ohne Verdi? Was wäre Italien eigentlich ohne Musik? In Italien ist Musik stets ein wichtiger Bestandteil der Kultur gewesen, und auch die Opern wurden vom Volk begeistert angenommen - Verdis Opernmelodien entwickelten sich nicht selten zu Gassenhauern.
Das vorliegende Buch befasst sich mit der Region, in der Verdi lebte und aktiv war: unmittelbar der Emilia-Romagna, der Region, in der Verdi geboren wurde und aufwuchs, aber auch den Stätten, an denen wichtige Uraufführungen seiner Werke stattfanden.
Zusammen mit dem Fotografen Tom Krausz begibt sich Elke Heidenreich, bekennende glühende Verdi-Verehrerin seit ihrer Kindheit, auf Entdeckungsreise. Ziel der Reise ist ein Opernbesuch in Mailand, ebenso aber stehen die Orte auf dem Plan, die in irgendeiner Weise mit Verdi in Verbindung stehen. Dazu gehören in erster Linie Le Roncole, heute "Roncole Verdi", Verdis Geburtsort, und die nahe kleine Stadt Busseto, in der er eine erste rudimentäre Ausbildung erhielt. Es folgt Mailand, dessen Konservatorium Verdi 1832 als Studenten ablehnte, was er der Stadt nie verzieh. Gewissermaßen zusammen mit Verdi kehrt die Autorin schließlich nach Busseto zurück und nach SantÂ’Agata, Verdis nahem Landgut.
Bologna und Parma sind weitere Stationen, nicht zuletzt aber auch Venedig, Florenz und Genua mit ihren bedeutenden Opernhäusern, ebenso Kurorte mit Bezug zu Verdi. Zwischendurch lernt der Leser Verdis Librettisten kennen, zu denen der hochberühmte Komponist eine zwiespältige Beziehung pflegte, und die Reaktionen von Öffentlichkeit und Kritikern. Frau Heidenreich geht selbstverständlich auch auf den Ursprung der "Stoffe" von Verdis Opern ein, der recht häufig bei Shakespeare, öfter noch bei Schiller zu finden ist. Auch erfährt der Leser manches über Verdis lange Ehe mit der Sängerin Giuseppina Streppone und seine Eigenheiten - und nicht zuletzt darüber, wie der große Sohn des Landes in Norditalien vermarktet wird.
Liebevoller wurde wahrscheinlich nie über Verdi geschrieben. Gerade dies jedoch sowie der Umstand, dass Elke Heidenreich immer geschickt am Kitsch vorbei navigiert, macht dieses Buch wertvoll und liebenswert.
Worum handelt es sich dabei eigentlich? Um eine Biografie? eine Reisebeschreibung? einen Bildband? einen etwas lang geratenen Essay über die italienische Opernmusik mit Schwerpunkt Verdi?
Von all dem ein wenig, lautet die Antwort. In loser, aber logischer Folge werden Orte besucht, die mit Verdi in einem engen Zusammenhang stehen, und zwischendurch kann sich der Leser über Details aus Verdis Leben, über die Rezeption seiner Werke, den komplizierten geschichtlichen Kontext, in dem sein Schaffen zu betrachten ist, und den heutigen Umgang vor Ort mit dem großen Komponisten informieren. Eine Einteilung in Kapitel existiert wohlweislich nicht, es bedarf ihrer nicht; diese Reise entwickelt eine sympathische Eigendynamik, wie man sie von der Autorin Heidenreich erwarten darf. Trotz der unterhaltsamen "Schreibe" und der persönlichen Färbung ist das Buch von beträchtlicher inhaltlicher Dichte.
Ganz wunderbar fügen sich Frau Heidenreichs Texte und die Fotos ineinander. Tom Krausz versteht es meisterlich, sowohl das Klischeehaft-Typische, manchmal auch Kitschige, etwa Verdis Konterfei auf Zuckertütchen und Servietten, festzuhalten, als auch besondere Szenen zu portraitieren: So tragen seine Fotografien dazu bei, dass der Leser die Atmosphäre in Opernhäusern, auf Verdis Wohnsitzen und in den Landschaften Oberitaliens nachempfinden kann.
Gelegentlich findet man bei den Fotografien reizvolle Spiele mit Perspektive und Unschärfe, die umso mehr eine nur scheinbar untergegangene Welt heraufbeschwören.
Inhaltlich wertvoll und abwechslungsreich illustriert, kann das Buch auch mit hochwertiger Verarbeitung aufwarten. Der Preis rechtfertigt sich unter anderem nicht nur durch die gute Wiedergabe der Fotos, sondern auch durch das dicke, qualitativ jedem Anspruch genügende Papier: Diese gelungene Mischung aus Lesebuch und Bildband bereitet Italien- und vor allem Opern- und Verdi-Liebhabern lange Zeit Freude!