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 Savage Worlds

GentlemanĀ“s Edition


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis


Nahezu jeder, der sich mit dem Virus des Rollenspielens infiziert hat, kommt irgendwann einmal in die Phase, in der er denkt, dass er das ebenso gut könnte. Da werden dann Tage und Wochen darauf verwendet, Karten von Ländern zu zeichnen, Abenteuerideen und Personengeschichten zu entwickeln, um ein ganz eigenes Rollenspiel nach Wunsch zu schaffen. Der Knackpunkt dabei ist meist, dass man dazu aber auch Regeln benötigt. Und die denkt man sich nicht so einfach aus. Mit "Savage Worlds" wird dem Weltenerfinder dieses Problem abgenommen.

Für sich selbst nimmt dieses Regelwerk in Anspruch, komplett zu allen Welten zu passen und dennoch individuell zu sein. Gleichzeitig heißt es im Vorwort, dass man bemüht war, schnelle Regeln zu erdenken und das Spiel auch für Miniaturen anzupassen. Da möchte man natürlich wissen, ob dies lediglich leere Versprechungen sind.

Die Vielfalt der Möglichkeiten zeigt sich dem Spieler schon im ersten Kapitel, in dem sich alles um die Charaktererschaffung dreht. Ein Spielercharakter besteht aus unterschiedlichen Attributen wie zum Beispiel Stärke, einer Anzahl aus Fertigkeiten, die mit den Attributen gekoppelt sind, Talenten, die eine sehr spezielle Fähigkeit des Charakters beschreiben, und aus selbst gewählten Handicaps. Jeder einzelne Bereich wird dem Leser genau beschrieben. Soweit möglich, sind alle Talente, Fähigkeiten und Attribute so allgemein wie möglich gehalten, so dass man sie in jedem Setting verwenden kann. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, wenn es in der gewählten Welt keine Magie gibt. Auch die Beispielrassen lassen sich gut in unterschiedliche Welten übernehmen, was auch durch die Charakterbilder verdeutlicht wird. Beispielhaft gibt es danach eine Liste möglicher Ausrüstungsgegenstände wie Waffen und Rüstungen.

Im dritten Kapitel werden dann die Regeln erläutert. Wer sich schon einmal ein Rollenspielsystem näher betrachtet hat, hat keine Probleme beim Verstehen. Neulinge müssen sich allerdings ein wenig länger einlesen, was nur selbstverständlich ist. Insgesamt liegt hier der Fokus auf einem rollenspielunterstützten Tabletop, denn viele der Aktionen werden hauptsächlich in ihrer Variante am Tisch erklärt, genau auch wie die Auswirkungen von Waffen und Mächten. Hier müsste man ein wenig umdenken, wenn man komplett ohne Miniaturen spielen möchte. Die Initiativewertung im Kampf wird durch Spielkarten ermittelt. So ist die Reihenfolge stets sichtbar und gleichzeitig können durch bestimmte Karten auch noch zusätzliche Ereignisse eintreten. Der wichtigste Punkt in dem Rollenspielsystem ist jedoch die Tatsache, dass die Charaktere, die Superschurken und wichtigere Nicht-Spieler-Charaktere (NSC) "Wildcards" sind. Ihnen wird zugestanden, stets einen Notfallwürfel mitzuwürfeln, der sie vor einer drohenden Niederlage bewahren kann. Ebenso gehen sie im Kampf nicht so schnell zu Boden und können, wenn es wirklich brenzlig wird, ihre errungenen "Bennies", die man sozusagen als Joker durch gutes Rollenspiel erringt, einsetzen und sich damit aus der Schlinge ziehen.

Dieser ausführlichen Beschreibung der Regeln folgt das Kapitel über arkane Hintergründe. Hierbei wird sowohl auf Welten mit Zaubern, als auch auf wundertätige Geweihte und Superhelden eingegangen, so dass auch hier die Regeln so kompatibel wie möglich sind. Wer es ein wenig ausführlicher möchte, der bekommt im fünften Teil des Buches dann alle speziellen Situationen wie Fahrzeugkampf, Verfolgungsjagden, Erschöpfung, Angstzustände und Massenkämpfe in Regeln gekleidet. Für den Spielleiter folgt darauf eine kleine Liste an Hinweisen, wie er seine Kampagne leiten sollte, wie er NSCs erschafft und generell leiten sollte. Tipps für den Aufbau eigener Welten und Abenteuer gibt es ebenfalls. Damit er anfangs nicht nackt dasteht, wird außerdem eine Auswahl böser Schurken und Monster angeboten, die er seinen Helden entgegen werfen kann. Und um gleich einzusteigen, findet sich am Ende noch ein Beispielabenteuer mit vorgefertigten Archetypen.

"Savage Worlds" hat viele Ansprüche an sich selbst und die erfüllt es zum großen Teil auch. Die Spielregeln sind knackig und leicht zu behalten, weshalb man auch schnell im System drin ist. Durch den Anspruch, allen möglichen Welten gerecht zu werden, sind Talente und Fähigkeiten sehr allgemein gehalten, was verständlich ist, dennoch fehlt dem Leser dabei ein wenig der Detailreichtum. Man kann sich auch über die anderen Texte nicht beschweren, da sehr viele potentiell schwierige Situationen, die definitiv mit den Würfeln entschieden werden müssen, abgehandelt werden. Auch der deutliche Abstand zwischen Normalbürgern und Helden erfreut. Das macht allerdings die Konvertierung eines Rollenspiels, in dem man eben diese Normalbürger spielen möchte, etwas schwierig. Auch das Kampfsystem mit Verwendung der Miniaturen ist leicht zu begreifen. Wer lieber ohne spielen möchte, sollte aber einige kleine Modifikationen vornehmen. Schön wäre auch, wenn die Schablonen für das Miniaturenspiel, wie im Text versprochen, auch am Buchende abgedruckt wären. Sie lassen sich allerdings auf der Seite des Verlages herunterladen.

Letztlich ist "Savage Worlds" ein wenig Geschmackssache. Es ist kurz, es ist knapp, besitzt aber manche Details, an denen man sich stören könnte. Die Macher haben ein ganzes Stück Arbeit hineingesteckt, doch, wie es im Text oftmals herüberkommt, das Rad haben sie auch nicht neu erfunden. Und das mit angefügte Abenteuer ist eher ein Witz. Schon bei den Beispielcharakteren muss man durch Ausschlussverfahren bei den Bildern erkennen, welche Rasse der Held besitzt, denn bei seiner Beschreibung steht das nicht. Und auch sonst ist der Plot etwas einfallslos: Irgendwas ist komisch in den Katakomben, also gehen wir runter, gucken nach und hauen den Bösewicht platt. Für diese Geschichte braucht ein Spielleiter keine fünf Minuten, um sich so etwas auszudenken.

"Savage Worlds" ist für Weltenerfinder eine gute Grundlage, um sich die mühsame Arbeit zu ersparen, eigene Regeln zu entwickeln. Und für alle anderen ist das System eher Geschmackssache.

Daniela Hanisch



Hardcover | Erschienen: 1. Mai 2009 | ISBN: 9783941077126 | Preis: 24,95 Euro | 265 Seiten | Sprache: Deutsch

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