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Die Suche nach der eigenen Identität, nach ihrer Bestimmung, setzt die Vampirin Dilara auch im vierten Band der Reihe "Wofgang Hohlbeins Schattenchronik" fort. Dabei versucht sie, die bestehenden Machtverhältnisse der Londoner Vampirwelt für sich zu nutzen. Es wäre falsch zu sagen, daß sie zwischen den Fronten zerrieben würde. Aufgrund eines ausgeprägten Selbstbewußtseins ist sie in der Lage, den Führern der beiden oppositionellen Lager auf gleicher Augenhöhe zu begegnen.
War im zweiten Band eine Abbildung Dilaras in der Jahrhunderte zurückliegenden Schattenchronik Dreh- und Angelpunkt, so kommt im vierten Band nun der Sarkophag hinzu, den das British Museum anläßlich einer Ausstellung Versunkenes Aztlan, die Urheimat der Azteken präsentiert. Er ist das Verbindungsglied, der Schlüssel zu einer anderen Welt, in der Dilara eine bedeutsame Rolle zugedacht sein würde. Dilara - die Mondgöttin im Land der Azteken? London und Aztlan erscheinen als Zentren einer Vampirsaga, in der das individuelle Schicksal Dilaras eingebettet ist.
Nach und nach erschließt sich dem Leser und auch Dilara selbst der eine oder andere Zusammenhang. Allerdings bleiben Fragen offen. Die nachfolgenden Bände werden Auskunft geben.
Den Autoren gelingt es, die Oberfläche der Londoner Alltagswelt, wozu auch Museen, Ausstellungen, archäologische Ausgrabungen gehören, durchsichtig zu machen für eine andere Ebene, die hinter der gegenwärtigen Welt eine eigene Realität beansprucht.
Eine komplizierte Handlung, der man nur schwer folgen kann? Keineswegs. Wir finden eine klare Gliederung in Kapiteln vor - unterstützt von eindrucksvollen Grafiken von Pat Hachfeld zu Beginn eines jeden Kapitels, die in die jeweilige Handlungsphase einführen - und darüber hinaus etwas von der in dem entsprechenden Erzählabschnitt geschilderten Seelenlage, Atmosphäre erahnen lassen.
Der Wechsel der Zeitebenen in drei Jahrhunderten, macht es möglich, Handlungsabläufe zu unterbrechen, um sie später wieder aufzunehmen. Er dient der Spannungsteigerung ebenso, wie die unvorhergesehenen Ereignisse und überraschenden Wendepunkte.
Das Titelbild von Mark Freier - es zeigt eine Vampirin vor einer Schädelwand in einer Pyramide - hat innerhalb der Handlung eine eigene Bedeutung. Es taucht als Vision von Calvin, dem wichtigsten Gefährten der Protagonistin, wieder auf und gibt möglicherweise Hinweise auf ihre Bestimmung. Führt der Weg Dilaras in diese Richtung? Genau genommen in Richtung eines blutrünstigen Ungeheuers? Dilara spürt in sich im Lauf der Handlung immer mehr den Drang, Menschen einem tödlichen Zubiß auszusetzen - weit über den für Vampire normalen Hunger hinaus.
Trotz allem - sie leistet sich dauerhafte Beziehungen, die durchaus nicht von der für Vampire üblichen Kälte bestimmt sind. Es ist wohl kein Zufall, daß sie ihr Überleben und innere Stärke gerade diesen gefühlsbestimmten Verbindungen verdankt.
Fazit: Dilara mit all ihren Widersprüchen erfüllt mit Einschränkungen jede Voraussetzung, sich in nicht allzu ferner Zukunft zur Kultfigur in Vampirliteratur-Fankreisen zu entwickeln!
Noch eine Anmerkung zum Schluß: Alisha Bionda und Jörg Kleudgen haben sich die Arbeit an diesem Buch geteilt. Jörg Kleudgen ist für die Aztlan-Handlung zuständig. Beide Autoren haben so gut zusammen gearbeitet, daß ein Bruch in der Erzählung nicht spürbar ist.