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Ein Jahr lang hat Agnes, eine junge Nonne aus der Umgebung von Minden, Ludolf nicht gesehen - den Mann, der sie liebt, und um dessentwillen sie versucht ist, ihr Ordensgelübde zu brechen. Nun ermittelt sie mit ihm zusammen wieder in einem Mordfall: In dem Ort, zu dem das Kloster gehört, in dem sie das letzte Jahr sehr unglücklich verbracht hat, ist ein Holzfäller ermordet worden. Dessen Frau hat in der Stadt für Aufregung gesorgt, denn immer, wenn sie von ihren religiösen Visionen heimgesucht wird, beginnt die Christus-Statuette, vor der sie betet, zu weinen. Deshalb halten viele Gläubige sie für eine Heilige, wohingegen andere von faulem Zauber sprechen und sie der Ketzerei bezichtigen.
Das Ermittlerpärchen beginnt damit, mögliche Zeugen zu befragen, nicht zuletzt Maria, die völlig verstörte Witwe des Holzfällers, deren Onkel zu den reichsten Männern der Stadt gehört. Es zeigt sich, dass sich an seiner Person die Geister scheiden. Manche lassen sich zornig über seine Geschäftspraktiken aus und geben an, Maria sei nicht seine Nichte, und er habe eine sexuelle Beziehung mit ihr geführt und führe diese vielleicht immer noch. Andere schweigen, und ihnen ist die Angst vor Marias "Onkel" deutlich anzumerken.
Dieser ist aber nicht der einzige honorige Bürger der Stadt, auf dessen Ruf plötzlich - oder doch nicht so plötzlich? - Schatten fallen. Schon bald zeigt sich, dass es eine ganze Reihe skrupelloser Menschen gibt, die als Mörder infrage kommen. Eine Spur führt sogar in das Kloster, in dem Agnes lebt; allerdings zieht sie aus, als die ungerechten Schikanen durch die Äbtissin überhand nehmen.
Während Ludolf und Agnes einen Mordverdächtigen nach dem anderen entdecken und sich ihnen ein scheinbar unentwirrbares Geflecht dubioser, unmoralischer und ungesetzlicher Beziehungen und Machenschaften entgegenstellt, erkennt Agnes, dass sie endlich Klarheit in ihr Privatleben bringen und auf eines verzichten muss: ihr Gelöbnis oder Ludolf.
Was zunächst wie ein unkomplizierter Mord aussieht und auch von der geistlichen wie weltlichen Obrigkeit noch nicht in seinem destruktiven Potenzial erfasst wird, entpuppt sich als die Spitze eines Eisbergs. Wie ein Zauberer Kaninchen aus einem Hut zieht, präsentiert der Autor geschickt immer neue Verdächtige, die mit dem Ermordeten eine Rechnung offen gehabt haben könnten.
Im Zentrum der Aufklärungsarbeit steht Maria. Ob sie verrückt ist oder einfach unter den psychischen Langzeitschäden alptraumhafter Kindheitserlebnisse leidet, bleibt lange offen. Aber auch die erwähnten "braven" Bürger sind wichtige Figuren. Geschickt hat der Autor den Filz konstruiert, der einen Teil der wohlhabenderen Leute in der Stadt zusammenhält. Es ist ihm auch gelungen, die Handlung sehr spannend und dabei logisch zu gestalten und eine schlüssige, freilich unerwartete Auflösung zu präsentieren.
Agnes und Ludolf haben sozusagen seit dem letzten Buch eine Entwicklung durchgemacht. Ihre Beziehung lebt weiterhin von Höhen und Tiefen, doch beide können sich besser aufeinander einlassen und erkennen, was sie aneinander haben - was Agnes den Verbleib im Kloster noch schwerer macht.
Der Autor hat die mittelalterliche Szenerie (der Roman spielt im frühen 14. Jahrhundert) gut nachempfunden, es zeigen sich keine augenfälligen Anachronismen. Die kompakte Handlung schreitet rasch voran, überfordert den Leser aber nicht.
So macht es wirklich Spaß, diesen spannenden Mittelalter-Krimi zu lesen und mitzurätseln, wer den Holzfäller letztlich ermordet hat und warum ein so reges Interesse an Marias Wundern besteht.