Das Lotos-Sutra oder "Sutra der Lotosblume vom wunderbaren Gesetz" gilt als eines der bekanntesten Sutren des Mahayana-Buddhismus - vor allem im ostasiatischen Raum, in China und Japan. Die Lotosblume steht dabei als Symbol und Sinnbild für die menschliche Existenz: sie wurzelt im Schlamm und steigt empor ans Licht und über der Wasserfläche entfaltet sie eine strahlend schöne Blüte von reiner Klarheit. So befreit sich der Mensch von seinem trüben Dasein in Verwirrung und Leidenschaft und entwickelt einen klaren und weiten Geist von großer Kraft und Schönheit.

Frühe Bestandteile dieses Sutras wurden siebenhundert Jahre nach Buddha Shakyamunis Tod in Indien schriftlich niedergelegt. Es ist das Werk vieler Autoren, welche das Werk in der Zeit von 200 v.Chr. bis 200 n.Chr. in Sanskrit aufgezeichnet haben. In ihm wird der Kern der buddhistischen Lehre vollständig dokumentiert und bleibt so für die Nachwelt erhalten. Während die frühen Lehren Buddhas, wie sie im Pali-Kanon beschrieben sind, den Schwerpunkt auf das Streben nach Heiligkeit und die Befreiung des Geistes legen, möchte das Lotus-Sutra alle Menschen ohne Ausnahme befreien. Zu diesem Zweck dienen die sogenannten "geschickten Mittel", die im zweiten Kapitel und den Parabeln und Gleichnissen beschrieben sind und bei jedem Einzelnen ansetzen. Das Sutra geht dabei davon aus, dass jeder Mensch die Chance hat, sein Leben frei zu gestalten und es auf den Weg der Befreiung vom Leid zu lenken.

Unter anderem aufgrund seiner Symbolsprache in den zahlreichen Parabeln, wie etwa der vom brennenden Haus oder dem verlorenen Sohn, gehört das Lotos-Sutra zur religiösen Weltliteratur. Die vorliegende, über vierhundert Seiten umfassende Ausgabe ist im Theseus Verlag erschienen - der Buddhismus-Kenner Heinrich Dumoulin führt in das Werk ein. Margarete von Borsig, Altphilologin, Japanologin, Sinologin und Theologin, hat die achtundzwanzig Kapitel in sieben Büchern vollständig aus dem chinesischen Text von 406 n. Chr. ins Deutsche übersetzt. In einer Einleitung und dem Nachwort erläutert sie die wesentlichen Punkte von Werk und Übersetzung. Im Anhang befindet sich eine Erklärung der indischen Zahlenangaben und der verwendeten Abkürzungen, Hinweise zur Aussprache, ein mehrseitiges Literatur-Verzeichnis und eine Inhaltsangabe der achtundzwanzig Kapitel des Lotos-Sutras.

Mit diesem gebundenen Hardcoverbuch mit Schutzumschlag veröffentlicht der Theseus Verlag einen weiteren Klassiker der Weltreligionen. Angeblich weist das Lotos-Sutra den Menschen den Weg für das Überleben in der Zukunft. Es verschafft ihm Klarheit über seine unbegrenzten Möglichkeiten und Fähigkeiten. Diese können ihn, sind sie einmal entfesselt, in einen bodenlosen Abgrund fallen lassen oder zu unbegrenztem Aufstieg führen. Das Lotos-Sutra erläutert die Theorie und Praxis bis ins kleinste Detail. Danach ist der höchste Glückszustand des Menschen dann erreicht, wenn die große Harmonie aller Dinge der Welt erreicht ist: durch gegenseitigen Respekt, Sympathie und Freundschaft der Lebensessenz, die jede Existenzform umfasst. Dies schließt auch alle nichtmenschlichen Lebewesen und unbelebten Dinge mit ein.

Margarete von Borsigs Übersetzung gilt als sehr exakt und man kann ihr eine gute Lesbarkeit der Texte bestätigen. Hiermit macht sie das Lotos-Sutra einem weiten Interessentenkreis zugänglich. Sehr umfassende Anmerkungen erschließen den Text weiter und stellen Hintergrundwissen zur Verfügung, so etwa die "18 Merkmale" oder die "Fünf Elemente des menschlichen Wesens". Die Einführungen der Autorin und Heinrich Dumoulin zeugen von deren umfassenden profunden Wissen und machen neugierig auf das folgende Sutra. In einem sehr umfassenden Literaturverzeichnis listet die Autorin anderer Textausgaben des Lotos-Sutras auf, Übersetzungen aus diversen Sprachen, insbesondere aus dem Sanskrit und dem Chinesischen, Literatur zum Lotus-Sutra, zum Buddhismus allgemein und anderen Themenkreisen

Empfehlenswertes Buch - für Buddhisten Pflichtlektüre und für alle anderen eine Bereicherung.