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Mit der Kommunalwahl am 7. Mai 1989 in der DDR begann ein in der deutschen Geschichte beispielloser Vorgang, der letztlich zur Öffnung der Mauer und zur Deutschen Einheit führte. Revolutionen hatte Deutschland schon früher gesehen, aber keine friedliche, die ohne Waffengewalt von statten ging. Über diese knapp anderthalb Jahre bis zur Wiedervereinigung berichtet das Buch "Die friedliche Revolution" von Jens Schöne.
Ohne Erläuterung der vorangegangenen Ereignisse blieben viele Zusammenhänge schleierhaft. Deshalb beginnt Schöne sein Buch mit der Nachkriegszeit bis zur Gründung der BRD und der DDR im Jahr 1949. In drei Schritten - bis zum Mauerbau 1961, bis zur Ausweisung des Liedermachers Wolf Biermann 1976 und danach bis zur Kommunalwahl 1989, bei der der Wahlbetrug der SED in einem Maße aufflog, das ihr zum Verhängnis wurde. Dieser Wahl wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Zugleich geht der Autor verständlich auf die Ereignisse in den Ostblock-Ländern und den Politikwandel in der Sowjetunion ein, die die Fluchtwelle im Sommer 1989 begünstigten. Die Bewegungslosigkeit einer SED-Führung, die zunehmend realitätsfremd geworden ist, und Gründungen von Oppositionsinitiativen werden eingehend erläutert, bevor Schöne den "Herbst der Entscheidungen" bis zum Mauerfall und die Entwicklungen bis zur Deutschen Einheit ausführlich beschreibt.
Der Autor beschreibt die Ereignisse der Wende und die Vorgeschichte in einem spannenden, gut lesbaren Stil, als Revolution, die überwiegend in der DDR stattgefunden hat. Die SED und natürlich das Ministerium für Staatssicherheit kommen dabei außerordentlich schlecht weg. Namen wie Helmut Kohl und Dietrich Genscher fallen nur an einigen Stellen, diplomatische Schachzüge der Regierungen rund um die DDR bleiben außen vor. Schöne stellt die Revolution als Machtkampf zwischen den Ostdeutschen und der SED-Führung in den Mittelpunkt und stellt damit klar: Die Wende war ein Produkt des Volkes und nicht das von Einheitskanzlern und sonstigen politischen Nutznießern.
Allerdings gewinnt man dadurch als Leser bisweilen den Eindruck, die Leute im Westen habe das alles nicht interessiert. Auch über wichtige symbolische Kulturereignisse wie etwa das "Pink-Floyd"-Konzert "The Wall" im Juli 1990 auf dem Potsdamer Platz - das bislang einzige Konzert, bei dem Bühne und Publikum sich über eine Landesgrenze verteilten - bleiben unerwähnt. Und über das alltägliche und kulturelle Leben in der DDR gibt es hier auch nicht viel zu erfahren. Dafür aber wartet das Buch mit einer ganzen Reihe Schwarzweiß-Fotografien auf, die Ereignisse und Stimmung einfangen und Schönes Ausführungen sinnvoll ergänzen.
Besonders für den Geschichtsunterricht in der Schule eignet sich dieses Buch sehr gut, für ein wissenschaftliches Standardwerk reicht der Umfang allerdings nicht. Empfehlenswert für Einsteiger: Die Ausführungen sind knackig und spannend geschrieben, weit vom trockenen Stil so mancher Geschichtsbücher entfernt und alles andere als unparteiisch. Dem Autor sei es verziehen: Er ist unter SED und Stasi in der DDR großgeworden.