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Die vorliegende CD "Gewalt im Gehirn - TV & Co und die Folgen" ist aus der Reihe
anders denken des Verlags "Hoffmann und Campe". Hier werden Vorträge der führenden Wissenschaftler Deutschlands zu aktuellen Themen veröffentlicht.
Der erste Vortrag "Mediale Umweltverschmutzung - Wie reagiert das Gehirn auf Gewalt im TV" ist vom SWR produziert und am Samstag, den 27. Februar 2005, erstmals ausgestrahlt worden. Der zweite Beitrag vom Ulmer Professor Manfred Spitzer wurde am 6. Januar 2008 im SWR2 gesendet und hat den Titel "Das Gehirn und seine Fehler - Warum irren wir uns?".
Manfred Spitzer, weithin bekannt geworden durch seine eher populärwissenschaftlichen Bücher über das menschliche Gehirn und seine Fähigkeiten, hat eine große Fangemeinde und dementsprechend haben seine Vorträge - zumal wenn sie im Radio deutschlandweit gesendet werden - eine weitreichende Wirkung.
Dies versucht er im ersten Vortrag zu nutzen. Hier zitiert er einige Studien, um zu belegen, dass ein hoher TV-Konsum dumm, brutal und dick macht - und zudem zum Rauchen animiert. Und eine gesunde Entwicklung des Gehirns verhindert - oder zumindest stark beeinträchtigt. Ganz nebenbei gilt dies seiner Meinung auch für die vielerorts immer wieder gebrandmarkten Computerspiele. Pauschal werden diese als zu brutal und ebenfalls die gesunde Entwicklung unserer Kinder beeinträchtigend ausgemacht. Dies ist - bei aller Belegbarkeit dieser Aussagen in diversen Studien - in dem vorliegenden Vortrag sehr plakativ und willkürlich zusammengefasst dargestellt. Es wirkt eher wie eine Brandrede denn ein wissenschaftlicher Vortrag. Denn was wirklich im Gehirn geschieht, wird nicht thematisiert. Außer einem Vergleich, einer Metapher, die zudem in einigen Büchern bereits Gegenstand der Überlegungen von Manfred Spitzer war, werden die eigentlichen Gehirnvorgänge in keinster Weise erläutert. Dies überrascht in Anbetracht des gewählten Titels. Ehrlicherweise hätte man vielleicht davon sprechen können, dass Herr Spitzer hier darüber philosophiert, wie er die Folgen des TV-Konsums von Kleinkindern einschätzt.
Selbst wenn man die Aussagen nachvollziehen kann und aus persönlichen Motiven gut heißen mag - mit Gehirnforschung hat das nichts zu tun.
Von ganz anderem Kaliber ist der zweite Vortrag. Der beschäftigt sich sehr eingehend mit der Fehleranfälligkeit des menschlichen Gehirns - die im Übrigen sehr gering ist - und einen quasi eingebauten Korrekturmechanismus hat. Wie hier Studien zitiert und Zusammenhänge verdeutlicht werden, ist hochinteressant und sehr gut von Manfred Spitzer zusammengefasst.
Zwar hat Vortrag zwei mit Vortrag eins nichts zu tun und der gemeinsame Titel "Gewalt im Gehirn" mit keinem der beiden Beiträge, doch kann der Autor und Vortragende hier deutlich machen, wie die Gehirnforschung ihre Daten ermittelt und daraus Thesen und Behauptungen und im besten Fall allgemeingültige Aussagen generiert.
"Gewalt im Gehirn" ist Show. Zwar ist nur der zweite Vortrag wirklich "vom Fach", sprich vom
Gehirnforscher Spitzer geschrieben worden - der erste Beitrag ist eher eine philosophische Assoziationskette mit dem erklärten Ziel, der Welt eine bessere und gewaltfreiere Fernsehwelt zu verschaffen -, doch beide Radiosendungen vermitteln die Eloquenz und den inneren Antrieb eines engagierten Forschers. Wenn man diese Vorträge weniger als wissenschaftliche Aussagen versteht, sind sie recht unterhaltsam.
Man lernt jedoch mehr über Professor Manfred Spitzer und seine Haltung zum Fernsehkonsum denn über die Vorgänge, die sich dabei im Gehirn abspielen. Aber vielleicht können das Radiobeiträge, die sich einem breiten Publikum zuwenden, auch nicht. Dass Spitzer dabei pauschal Computerspielen jeglichen Sinn und Nutzen abspricht und "Ego-Shooter" in Bausch und Bogen verdammt - wohlgemerkt ohne dies zu belegen - ist wohl eher seinem Alter und der Haltung seiner Generation diesen Dingen gegenüber geschuldet denn wirklicher Kenntnis der Sachlage.