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In "Hard Candy" überzeugte sie als süßer Teenager, der einen vermeintlich Pädophilen seiner gerechten Strafe zuführen will, in "X-Men 3 - Der letzte Widerstand" folgte eine kleine, aber feine Rolle, und mit "Juno" schließlich begeisterte sie sämtliche Kritiker. Ellen Page ist aktuell eine der talentiertesten Jungschauspielerinnen. Ihr Film "Tracey Fragments", in dem sie einmal mehr ihr überragendes Können unter Beweis stellen kann, ist 2007 - also im selben Jahr wie "Juno" - entstanden, jedoch längst nicht so bekannt. Die Independent-Produktion nach dem gleichnamigen Roman von Maureen Medved ist sicherlich kein Mainstream-Film, sondern vor allem in seiner Optik sehr ambitioniert. Aber reichen interessante Bilder und eine tolle Hauptdarstellerin, um zu überzeugen?
Die fünfzehnjährige Tracey hat niemanden in ihrem Leben, der sie wirklich liebt und unterstützt. In der Schule wird sie als Außenseiter wegen ihrer knabenhaften Figur gehänselt und schikaniert, daheim empfängt sie von ihren Eltern weder Zärtlichkeit noch Anerkennung. Ihr kleiner Bruder Sonny und die Schwärmerei für ihren Klassenkameraden Billy Zero ist alles, was sie hat.
Dann verschwindet Sonny plötzlich spurlos. Tracey läuft von zu Hause weg, um auf eigene Faust nach ihm zu suchen. Ihre Reise gerät zu einem bizarren Trip, in dem sich die Realität mit Traceys Hoffnungen und Träumen vermischt
Bei "Tracey Fragments" wird dem Zuschauer vor allem eines abverlangt: Durchhaltevermögen. Denn die an sich sehr simple Geschichte wurde mittels Splitscreen-Technik zum Kunstwerk erhoben. Optisch ist es äußerst reizvoll, wenn Traceys sprunghaften Gedanken und Erinnerungen mittels vieler einzelner Bildausschnitte, die mal dasselbe aus ähnlichen Perspektiven, mal völlig unterschiedliche Dinge mit einer bestimmten assoziativen Verbindung zeigen, dargestellt werden. Allerdings fordert dieser Kunstgriff auch viel Konzentration. Ähnlich einem Musikvideoclip sind häufig Schnitte gesetzt, manche Aufnahmen, die parallel laufen, unterscheiden sich nur darin, dass sie um Sekundenbruchteile versetzt gezeigt werden. Kein Wunder, dass die Cutter nach Drehschluss wesentlich mehr zu tun hatten als die Filmcrew. Wer sich also auf dieses filmische Experiment einlässt, muss sich darüber im Klaren sein, dass ihn knapp 75 Minuten erwarten, in denen man sich nicht selten wünscht, eine schlichte Großbildaufnahme zu Gesicht zu bekommen; die gibt es auch ab und zu, beispielsweise wenn Tracey bei ihrer Psychiaterin ist - diese Szenen sind allerdings noch schräger als mancher Drogentrip.
Bei so viel innovativer und mutiger Erzählweise ist leider kaum noch Platz für eine ordentliche Geschichte. Traceys Suche nach ihrem Bruder ist durchzogen von Rückblenden aus ihrem Leben und ihren Fantasien. Wirklichkeit und Fiktion vermengen sich, bestimmte Dinge wiederholen sich, und so bleibt es oftmals dem Zuschauer überlassen, die Grenze zwischen Wahrem und Falschem zu ziehen. Das peppt die schlichte Handlung wenigstens ein bisschen auf.
An Extras bietet die DVD von Koch Media englischen und deutschen Originaltrailer, einen Blick hinter die Kulissen, der zwar informativ, aber mit sieben Minuten recht kurz ausgefallen ist, sowie ein zehnminütiges "Tracey Re-Fragmented", in dem verschiedene Aspekte des Films noch mal fragmentarisch zusammengesetzt wurden. Was es allerdings mit der Inhaltsbeschreibung auf der DVD-Rückseite auf sich hat, ist fraglich: Zwei Sätze, die besonders viel Dramatik versprechen, sind schlichtweg falsch. Zudem wurde die FSK-Freigabe auf 16 festgesetzt statt, wie auf dem Cover zu sehen, auf 12 Jahre.
Mit "Tracey Fragments" erwartet den Zuschauer ein bizarrer und vor allem anstrengender Ausflug in den Kopf eines fünfzehnjährigen Teenagers auf der Suche nach ihrem Bruder und nicht zuletzt nach sich selbst. Die sehr einfach gestrickte Handlung steht dem künstlerischen Anspruch entgegen, wenn nicht sogar störend im Weg - lediglich Ellen Page mit ihrem starken Spiel kann in diesem bemühten Kunstwerk ohne Wenn und Aber überzeugen.