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John Raid ist zurück. Nach Jahren der Trennung von seinem geliebten Bruder, seinem Vater und der texanischen Heimat ist er endlich wieder im Sattel. Und als sein Vater ihn zum Texas Ranger ernennt und John auf einen der zahllosen Routineritte mitnimmt, scheint sein Glück vollkommen. Wenige Stunden später sind alle tot. Nur John, getroffen von beinahe einem Dutzend Kugeln, überlebt den Hinterhalt. Als einer der gedungenen Killer seinen Job vollenden will, trifft ihn ein Pfeil. Ein geheimnisvoller Indianer tötet bis auf einen einzigen alle Verbrecher und skalpiert sie anschließend. Dann versucht er, John Raid zu retten. Er holt sämtliche Kugeln aus dessen geschundenem Körper, verbindet ihn, gibt ihm Medizin und beginnt zu warten. Denn eigentlich müsste John ebenso tot und begraben sein wie die anderen Texas Ranger.
Doch John überlebt. Dank Tonto, wie sich der Indianer nennt, und dem unbeugsamen Willen eines Texas Rangers kommt John wieder zu Kräften. Beseelt von dem einzigen Gedanken, Rache zu nehmen, macht er sich auf, den letzten der Killer zu finden und zu richten. Er schlägt mit brutaler Gewalt die Hilfe Tontos aus, stiehlt dessen Pferd und sucht sein Opfer. Der Killer aber ist tot. Selbst Opfer der Verschwörung, selbst nur gedungen, um zu erledigen, was ein Unbekannter erledigt haben wollte. Nun hat John zwei Probleme: Erstens muss er den Hintermann finden und töten, zweitens ist ihm Tonto auf der Spur. Und der Indianer nimmt es alles andere als gelassen, dass John ihn niedergeschlagen und sein Pferd genommen hat.
Dennoch ist Tonto bereit, John zu helfen. Er will ihn ausbilden und ihm helfen, den wahren Schuldigen zu finden. Warum er dies tut, erklärt er nicht. Und ob er John bis zum bitteren Ende helfen wird, lässt er offen.
Was für eine Wiedergeburt: Als Autor Brett Matthews gemeinsam mit Zeichner Sergio Cariello die Aufgabe anging, einen Jahrzehnte alten Mythos auszugraben und wieder zu beleben, schien es unmöglich zu sein. Zu viele Filme, Geschichten, Comics und Abenteuer haben der einsame Lone Ranger und sein Freund Tonto bereits bestritten, zu viele Comebacks erlebt, um wie ein Phönix aus der Asche als strahlender und vor allem erfolgreicher Held erneut dramatische Abenteuer zu erleben. Zu viel Pathos beherrschte die Szenerie, wenn der glorreiche Texas Ranger auf seinem Pferd Silver durch die Prärie ritt. Zu viele Meuchelmörder ließ er ins Gras beißen, um noch einen neuen und unbekannten Plot durchleben zu können.
Doch weit gefehlt. Matthews tut so, als gäbe es keine Vorgeschichte, komponiert eine Geschichte, die von Anfang an gefangen nimmt, einen Helden, weitab jedes Pathos, der fühlt, leidet und fasziniert. Hinzu gibt er einen Indianer, der fast noch geheimnisvoller ist, einen edlen Charakter mit ungezähmter Wildheit verbindet, und dessen Motive - sehr wichtig für den Fortgang der Ereignisse - im Dunkeln bleiben.
Die üblichen Zutaten sind wunderschöne Pferde, böse Killer, ein skrupelloser Auftraggeber, der dem Leser von Anfang an bekannt ist. Und ein Hauptgegner, der würdig ist, besiegt zu werden - oder zu siegen. Das lässt Matthews, wie so vieles, offen bis zur letzten Seite des ersten Teils seiner Legenden-Wiederbelebung. Oder besser Neuerschaffung. Denn mit den alten Lone Rangern hat dieser John Raid nur den Namen gemein.
Hinzu kommen Bilder, die so schön, so packend, so ergreifend, so faszinierend sind, dass man den Künstler nicht hoch genug loben kann. So müssen Helden aussehen, so macht jedes einzelne Panel Spaß. Diese perfekte Melange aus Szenario, Text und Zeichnung wird geadelt durch sanfte, natürliche und atmosphärisch perfekt eingesetzte Farben. Hier hat Dean White sein Meisterstück abgegeben. Kein Bild, das nicht wie aus einem Guss wirkt.
Editorisch hat "Cross Cult" alles richtig gemacht. Die sechs Abenteuer sind mit einem wunderschönen festen Einband versehen, alle Cover der Einzelhefte der Originalausgabe sind abgebildet, eine Einführung als Zugabe ist dabei und auf den letzten Seiten perfekt umrahmt durch eine kurze Darstellung des Autors. Hier findet sich Interessantes über den Mythos der Ranger und wie der Autor dies sieht und eine solche Fülle an Skizzen, dass man einfach nur staunen kann über diese Prachtausgabe.
"The Lone Ranger" ist ein grandioses Comic-Album, das in jede Sammlung gehört. Autor, Illustrator und Verlag haben ein Stück Comic-Geschichte geschrieben, dessen zweiten Teil man sehnsüchtig erwarten muss.