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 Arktisches Monopoly

Der Kampf um die Rohstoffe der Polarregion


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Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Der Klimawandel ist in vollem Gange und geht natürlich auch am Norden unserer Erde nicht vorüber. Ganz im Gegenteil findet man dort so massive Auswirkungen wie an kaum einem anderen Ort. So beängstigend die tauende Arktis sein mag, so sehr ist sie vielleicht profitabel. Selbstredend, dass das Interesse am Gebiet der Arktis steigt. War normalerweise kaum jemand an der Arktis interessiert - außer ein paar Abenteurern und den dort lebenden Inuit - ändert sich dies in jüngerer Zeit, zusammen mit dem Klima.

Obwohl Christoph Seidler den ersten Wettlauf, den Wettlauf der Abenteurer Erster am Nordpol zu sein, in sein Buch der Vollständigkeit halber aufnimmt, wird der Schwerpunkt doch von der derzeitigen und möglichen zukünftigen Situation der Arktis bestimmt. So wird zunächst die Tauchfahrt vom August 2007 thematisiert, die den zweiten Wettlauf einläutete und während der eine russische Flagge aus rostfreiem Titan auf dem Meeresboden des Nordpols platziert wurde. Nun kann man sich fragen, welche Bedeutung diese Flagge für eventuelle Gebietsansprüche hat. Orientiert man sich am UNO-Seerechtsübereinkommen, dann hat sie keinerlei Bedeutung, denn will ein Staat sein Territorium ausweiten, kann er bei der UNO eine Gebietsforderung stellen. In der muss dann „bewiesen“ werden, dass sich das Staatsgebiet bis auf das geforderte Gebiet erstreckt. Allerdings ist die Beweislage nicht immer eindeutig – von wissenschaftlich-geographischer Seite ebensowenig wie von völkerrechtlicher, was im dritten Kapitel zum Teil recht detailliert besprochen wird. Um zu verstehen, warum sich in jüngerer Zeit so viele Staaten für die Arktis interessieren, muss man einen Blick auf die Veränderungen werfen, die mit dem veränderten Klima einhergehen und denen ebenfalls ein Kapitel gewidmet ist.

Den Hauptteil des Buches bilden schließlich jedoch zum einen die Veränderungen, die die Arktis „plötzlich“ so attraktiv machen, nämlich die dort liegende Energiereserven, also Erdöl- und Erdgasvorkommen, deren Förderung durch das Tauen des Eismeeres erleichtert wird, und die zeitweise oder ständig offenen Seefahrtstraßen, die sich auf den internationalen Schiffsverkehr auswirken werden. Zum anderen werden die Spieler im arktischen Monopoly, mitsamt ihren Interessen und Chancen diese durchzusetzen, vorgestellt. Insgesamt nehmen fünf Spieler, die Arktisanrainer, am Spiel teil. Zudem gibt es aber noch Interessenten, die das Spiel beobachten und eigene Ziele verfolgen. Zu den fünf Anrainern gehören die USA, Kanada, Norwegen, Grönland/Dänemark und Russland. Zuschauer sind: die Inuit, der Arktische Rat, Deutschland, die Europäische Union und China. Von den Anrainern hat Russland die beste Ausrüstung und Infrastruktur, um das Rennen um die Arktis zu gewinnen. Wie das Spiel letztlich allerdings tatsächlich ausgeht und wie „heiß“ es im hohen Norden schließlich wirklich werden wird, bleibt Spekulation, die allerdings auch in Form von Simulationen in einem eher seriösen Gewand daherkommt.

Christoph Seidler hat einen sehr interessanten, gut recherchierten und ausführlichen Bericht über die Interessen, die mit der Arktis im Zuge des Klimawandels aufkommen, vorgelegt. Der macht nicht immer Mut, versucht aber aus verschiedenen Perspektiven die Lage im hohen Norden zu beleuchten. Der Autor ist Wissenschaftsredakteur bei Spiegel Online und so ist es nicht verwunderlich, dass sich das Buch wie das eines Wissenschaftsjournalisten liest. Da gibt es keine Experimente, sondern vor allem Handwerk. So werden beispielsweise über zitierte Personen kleinere Details eingestreut, um die Geschichte ein wenig aufzulockern. Potenzielle Leser sollten sich auch nicht vom eher reißerischen Titel blenden oder in die Irre führen lassen, denn der passt nur wenig zum eigentlichen Buch, das sehr solide und manchmal auch etwas dröge Kost enthält. Zumindest ist trotz der spannenden Thematik hin und wieder etwas Durchhaltevermögen notwendig. Dafür hat der Autor die Thematik gut strukturiert. Als Leser kann man so auch nur die Kapitel lesen, die einen interessieren, oder man kann die Reihenfolge der Kapitel ändern, ohne abgehängt zu werden, sodass man eher sachlich-nüchterne Passagen – wie das nüchterne, aber trotzdem sehr spannende Kapitel über die geographische und völkerrechtliche Situation in der Arktis – dann lesen kann, wenn man die entsprechende Muße dazu hat.

Ein gelungenes Buch über den Status quo der Arktis und ihre mögliche Zukunft, dessen effekthaschender Titel allerdings wenig zu Inhalt und Stil passt.

Katja Maria Weinl



Hardcover | Erschienen: 27. April 2009 | ISBN: 9783421044150 | Preis: 19,95 Euro | 286 Seiten | Sprache: Deutsch

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