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 Unser allerbestes Jahr

Autoren: David Gilmour
Übersetzer: Adelheid Zöfel
Verlag: Fischer

Cover
Gesamt +++--
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Als sein Sohn Jesse in der zehnten Klasse wenig Begeisterung für die Schule zeigt und sie immer wieder schwänzt, tauscht David Gilmour mit seiner Ex-Frau, mit der er noch immer freundschaftlich verbunden ist, die Wohnung, weil sie der Meinung ist, Jesse müsse mit einem Mann zusammenwohnen.
Nachdem sie in sein Loft und er in ihr Haus gezogen ist, merkt David Gilmour schnell, dass Jesse für die Schule einfach nicht zu motivieren ist. Der Vater hat Angst seinen Sohn unter dem ganzen Dauerstress zu verlieren und bietet ihm einen ungewöhnlichen Deal an. Jesse darf die Schule unter zwei Bedingungen abbrechen: keine Drogen und Jesse muss sich mit seinem Vater pro Woche drei Filme ansehen. Außer diesen zwei Bedingungen gibt es keinen Haken, die Miete ist frei und zu arbeiten braucht Jesse auch nicht. Kein Wunder, dass der Schulhasser zustimmt.

Dreimal die Woche sitzen die beiden also vor dem Fernseher, sehen sich Filme an, die David Gilmour auswählt. Immer wieder fragt sich der Vater und Autor, ob er das Richtige tut, er sieht seinen Sohn als bekifften und trostlosen Taxifahrer enden oder noch schlimmer, und ob er auf Kosten seines Sohnes cool sei und ihm erlaube, sein Leben zu ruinieren. Auch als Leser stellt man sich hin und wieder diese Frage, scheint doch der Sohn nur an sehr wenigen Dingen Interesse zu haben, bleibt bis nachmittags im Bett und das Einzige, worüber er reden will, scheint seine Freundin Rebecca - schließlich Ex-Freundin - zu sein, die aber als Gesprächsinhalt von Chloe abgelöst wird.

Während David Gilmour seine Filmsessions stets einleitet und von kleineren Anekdoten der Filmbeteiligten und anderem mehr oder minder Wissenswertem zu berichten weiß, stets bemüht ist, nicht lehrerhaft zu wirken und seinen Sohn im Gespräch nicht zu verlieren, hält sich dessen Begeisterung in Grenzen ebenso wie sein Diskussionsbedarf - außer wie schon erwähnt, wenn es um Probleme mit seinen Freundinnen geht. Beim Liebeskummer des Sohnes leidet der Vater mit. Jedes Mal. Er will seinen Sohn beschützen vor den Schmerzen, die das Leben zufügt, weiß natürlich aber, dass er das nicht kann.

David Gilmour ist außerordentlich geduldig, der Geduldsfaden reißt eigentlich nur, wenn Jesse mit offenem Mund kaut und als er trotz des Deals Kokain nimmt - was dann aber doch nicht das Ende für den Filmclub bedeutet. Das ist letztlich auch der Hauptkritikpunkt an David Gilmours Buch: die fehlende Selbstreflexion, die puderzuckerartige Süße, die über der ganzen Geschichte liegt, das fast vollständige Fehlen von Wut und Ärger - Gilmour schreibt fast nur von Angst und Unsicherheit - und die damit einhergehende „Übervater“-Vorstellung. Die Geduld (oder ist das die väterliche Liebe?), die David Gilmour seinem Sohn in diesen drei! Jahren, denn solange hält das Experiment an, entgegenbringt, können, wenn überhaupt, nur Eltern verstehen. Andererseits fragt man sich, was passiert, wenn man Jugendlichen solch einen geschützten Raum zur Verfügung stellt, der fern jeglicher Realität, ohne Druck von außen die Möglichkeit bietet, sich selbst kennenzulernen, seine Talente und seine Passionen zu finden und zu erforschen.

Was Jesse Gilmour passiert, als sein Vater ihm einen solchen Raum zur Verfügung stellt und wie sein Vater mit den Unwägbarkeiten, wie sich diese Entscheidung auf die Zukunft seines Sohnes auswirken wird, umgeht, kann man im autobiographischen Roman von David Gilmour nachlesen, dessen Originaltitel „The Film Club“ mit „Unser allerbestes Jahr“ leider nicht die optimale Übersetzung erhalten hat.

Allen Eltern, die an dieser Stelle denken: „Dieses Buch muss ich lesen!“, sei gesagt: Ein gutes Drittel des Buches nehmen Filmbeschreibungen ein. Der Autor selbst hat unter anderem als Filmkritiker und Fernsehmoderator gearbeitet und in Kanada bereits sieben Bücher publiziert, von denen „The Film Club“ bisher als einziges auch ins Deutsche übersetzt wurde. An den drei Filmen pro Woche, die er mit seinem Sohn schaut, nimmt auch der Leser gezwungenermaßen teil, die reichen von französischen Klassikern wie dem Nouvelle Vague-Film Sie küssten und sie schlugen ihn bis zu „Geschmacksverirrungen“ wie Rocky III - Das Auge des Tigers. So hat das Buch vor allem zwei Zielgruppen: Eltern - vor allem mit pubertierenden Kindern - und Cineasten. Der Autor beschreibt zwar Szenen, auf die er sich bezieht, und so ist es nicht unbedingt notwendig, die Filme zu kennen - ganz im Gegenteil kann hier der eine oder andere sicher eine Filmempfehlung mitnehmen -, aber kennt man die Filme, macht das Lesen sicher mehr Spaß.

Katja Maria Weinl



Hardcover | Erschienen: 6. Februar 2009 | ISBN: 9783100278197 | Originaltitel: The Film Club | Preis: 18,95 Euro | 254 Seiten | Sprache: Deutsch

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