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Lenore ist ziemlich klein, total süß – und absolut tot. Das hindert das Mädchen mit den Totenkopfklammern im Haar jedoch nicht daran, durch die Welt zu spazieren, als Babysitter zu arbeiten, mit Freundinnen zu spielen, als Zauberassistentin zu arbeiten, sich in einem chinesischen Restaurant als Koch zu bewerben oder sich neues Spielzeug zu kaufen.
Die Figur Lenore wurde von dem Illustrator und Gelegenheitszauberer Roman Dirge aus der Not heraus kreiert, um noch leere Seiten eines Magazins zu füllen. Lenore wurde jedoch ziemlich schnell bekannt und erarbeitete sich eine feste Fangemeinde. Endlich hat es das süße tote Mädchen auch nach Deutschland geschafft: Beim Ubooks Verlag nahm man sich ihr an und brachte die ersten vier „Lenore“-Ausgaben von 1998 und 1999 als hübschen Softcoverband auf den Markt.
Lenore muss ihre alltäglichen Abenteuer jedoch nicht allein bestreiten. Ihr zur Seite stehen viele schrullige Gestalten wie etwa der knopfäugige Mr. Gosh, der Lenore über alles vergöttert und sie heiraten will, diverse Haustiere, die allesamt viel zu früh das Zeitliche segnen, lebendige Freundinnen, die ebenfalls keine lange Lebenserwartung haben, und viele andere mehr. In einzelnen Strips erzählt Lenores Erfinder auch aus seinem eigenen Leben, mit sich selbst als Comicfigur.
Roman Dirges Welt um die kleine Lenore präsentiert sich passend schwarzweiß. Auf Farbe wurde, abgesehen vom Coverbild, gänzlich verzichtet, was die morbide Atmosphäre der schrägen Strips, die mal eine, mal mehrere Seiten umfassen, unterstützt. Als Gimmick gibt es am Ende des Buches noch ein paar Lenore-Strips von anderen Künstlern sowie eine Lenore-Puppe samt Zubehör zum Ausschneiden.
Die Idee eines niedlichen toten Mädchens mit großen Kulleraugen gefällt; bereits beim Anblick des Covers freut man sich auf die folgenden Comicstrips, auf morbide Unterhaltung und makabren Humor. Von beidem bietet „Lenore“ einiges. Allerdings hält der gewünschte Effekt beim Leser nicht lange an, denn schon nach wenigen Geschichten weiß man, wie es in Lenores Welt so läuft. Etwas ist total putzig, süß und knuddelig, und später ist es kaputt oder tot. Das sadistische Kind im Leser freut sich darüber natürlich, aber mit der Zeit werden die Strips durch ihre Vorhersehbarkeit ermüdend. Die ganz ausgefallenen und außergewöhnlichen Ideen fehlen.
Die Panelaufteilung scheint sich bisweilen an Storyboards für Filme zu orientieren und bemüht sich um Dynamik. Das gelingt meistens recht gut und ist schön anzusehen. Zeichnerisch passt sich der Stil dem morbiden Thema an und erinnert hin und wieder an Tim Burtons „A Nightmare Before Christmas“ – den Regisseur erwähnt Durge übrigens kurz in seiner Einleitung.
Unterm Strich ist „Lenore“ ein Comic mit dem Hang zum Morbiden und Makabren, der zwar gute Ideen aufbieten kann, dessen Strips jedoch häufig auf dasselbe hinauslaufen und daher recht vorhersehbar sind. Kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch ist damit jedoch allemal geboten.