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Der Comedian ist tot, er war ein Superheld. Doch irgendjemand scheint es auf die kostümierten Helden abgesehen zu haben, den er soll nicht der einzige bleiben, den ein düsteres Schicksal ereilt. Auf den ersten Blick scheinen die Anschläge nichts miteinander gemein zu haben, aber Rorschach, ein Mann mit schmudeligem Trenchcoat, Handschuhen, Hut und einer weißen Maske, auf der sich immer neue Rorschach-Muster bilden, will der Sache auf den Grund gehen. Er ahnt, dass selbst hinter einer Zeitungsschlagzeile, die sich gegen Dr. Manhattan richtet, mehr steckt, als man vermuten könnte.
Früher waren die kostümierten Kämpfer hoch angesehen. Sie hatten Fans und sorgten für spannende Publicity. Doch niemand wachte über die Wächter, so dass sie aufgrund ihrer selbst gesteuerten Justiz immer mehr ins Kreuzfeuer gerieten und letztendlich verboten wurden. Viele haben sich zur Ruhe gesetzt, andere agieren immer noch im Verborgenen. Rorschach ist einer von ihnen. Er versucht die, die nichts von der Verschwörung ahnen, zu warnen, doch stößt er zumeist auf taube Ohren, was den Betroffenen schon mal das Leben kosten kann. Doch ist es nicht verständlich, wenn man jemandem misstraut, der seine eigenen Ziele nur unter Gewalteinwirkung verwirklichen kann? Außerdem bleibt noch die Frage, was mit der Bekämpfung der Helden bezweckt werden soll. Es steht ein dritter Weltkrieg vor der Tür, kann es wirklich sein, dass es jemanden gibt, der den Krieg befürwortet und der nicht will, dass er verhindert wird?
Obwohl der Comic in knallig-bunten Farben daher kommt, enthält er eine knallharte und brutale Geschichte. Zart besaitet darf man nicht sein, wenn man „Watchmen“ liest, denn hier begegnet man schonungsloser Gewalt und intensiven menschlichen Abgründen. Denn die Superhelden sind genau das: kostümierte Menschen und genauso verhalten sie sich auch. Es sind nicht die ewigen Sieger, sondern Persönlichkeiten, die nicht selten mit sich selbst und ihrem Platz in der Welt zu kämpfen haben. Das Bild, das dem Leser gezeigt wird, wirkt verstörend und real zugleich.
Die Geschichte der „Watchmen“ spielt in einer Welt, die der unseren entspricht. Der Handlungszeitraum erstreckt sich von den frühen 1960er Jahren - in Form von Rückblenden in die Vergangenheit eines jeden einzelnen Helden - bis in die Mitte der 1980er, in denen die aktuellen Geschehnisse ihren Lauf nehmen. Das entspricht dem Entstehungszeitpunkt des Comics, womit er zu seiner Erstveröffentlichung besonders nah am Leben des Lesers war. Doch auch heute, fast zwanzig Jahre später, hat er nichts von seiner bedrohlichen Intensität verloren.
Nach und nach erfährt man, wie die Helden zu dem geworden sind, was sie sind. Bevor man sich gemeinsam mit Rorschach und den anderen immer tiefer in die Suche nach dem Masken-Mörder verstrickt, erfährt man von den Protagonisten, wie sich ihre Kindheit entwickelte und wer hinter ihrer maskierten Persönlichkeit steckt. Eine Ausnahme bildet Dr. Manhattan, der kein Kostüm trägt, sondern durch einen Unfall zu einer neuen Spezies geworden ist. Er kann Materie mit der Kraft seiner Gedanken verformen und hat sich selbst zu einem Wesen entwickelt, dem die Menschen immer fremder werden. Und doch findet man seine eigenen Empfindungen bei ihm noch am ehesten wieder.
Auch der Aufbau der Geschichte selbst ist außergewöhnlich, so finden sich am Ende eines jeden Kapitels drei bis vier Seiten Text, der Ausschnitte aus einem Buch, einen Zeitungsartikel oder ein psychologisches Gutachten darstellt, von dem man gerade gelesen hat. So bekommt man nicht nur extrem viele Hintergrundinformationen, das Wechseln des Erzähl-Mediums erlaubt den Machern außerdem, die Hintergründe aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Ein weiteres Highlight ist die Piraten-Geschichte in der Geschichte. Im Comic liest jemand einen Comic, den man häppchenweise mitverfolgen kann und der faszinierende Parallelen zum Geschehen zeigt oder Handlungen aufgreift. Weiterhin gibt es einen Anhang, in dem viele Anspielungen und Besonderheiten des Comics erläutert werden, die man so vielleicht nicht wahrgenommen hätte. Es ist erstaunlich zu entdecken, wie viele tiefgründige Schichten die Geschichte hat.
„Watchmen“ ist kein gewöhnlicher Comic, sondern eine Graphic Novel mit sehr hohem Anspruch, für die man sich Zeit nehmen muss.