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Julia schafft gerade noch die Flucht: Am Morgen ihrer Hochzeit setzt sie sich in ihr Auto und flieht vor ihrem Bräutigam Richard, einem reichen und gesellschaftlich angesehen Mann, der sie verprügelt und beschimpft. Klar, dass ihr Selbstbewusstsein daher im Keller ist. Um in Sicherheit vor Richard zu sein und wieder zur Ruhe zu kommen, fährt sie zu ihrer Tante Lydia aufs Land, immer mit der Angst im Nacken, dass Richard sie aufspüren und sich an ihr rächen könnte.
Bei Tante Lydia findet sie Arbeit in einer Bibliothek, außerdem zwei kleine Kinder, die eine ähnlich furchtbare Kindheit durchleben wie sie einst, und vor allem Freundinnen: Ein paar Frauen aus dem Ort besuchen Tante Lydia regelmäßig für Psycho-Abende, an denen sie sich über weibliche, äußerst vielfältige Themen austauschen. Hier zeigt sich, dass nicht nur Julia mit inneren Dämonen zu kämpfen hat: Katie leidet unter ihrem alkoholkranken, arbeitslosen Mann, Lara ist mit ihrer Position als Pfarrersfrau unglücklich, Caroline leidet unter ihrer hellseherischen Begabung. So treffen sich die fünf Frauen regelmäßig und versuchen sich bei einigen Joints und Schokoladenkuchen gegenseitig beizustehen.
Langsam kommt wieder Ruhe in Julias Leben, ihre Panikattacken werden weniger. Bis sie Dean Garrett kennen lernt, den idealen Marlboro-Mann. Zu ihrer großen Überraschung scheint dieser Mann sich in sie, die verkorkste, unglückliche, übergewichtige Frau, zu verlieben. Doch während Julia langsam beginnt, an ein neues Glück glauben zu können, kommt Richard ihr wieder näher …
Dieser Roman durchstreift wirklich alle möglichen Themengebiete: furchtbare Kindheit mit Misshandlung, Vernachlässigung und Missbrauch durch alkoholkranke Mutter und wechselnde Liebhaber, ein brutaler (Ex-)Verlobter und seine versnobte, kalte Familie, der perfekte Mann überhaupt, die liebevolle, etwas schrullige Tante, glückliche und unglückliche Ehen, pseudo-christliche Dorfbewohner und so weiter.
Diese Fülle an Details lässt den Roman überladen wirken, auch wenn sich – wider Erwarten – alles ganz passabel zusammen fügt. Natürlich darf auch ein glückliches Ende nicht fehlen, was die Romantiker unter den Lesern besonders freuen wird. Diese werden auch von dem idealisierten Landleben Julias begeistert sein, ebenso von der Freundschaft zwischen den Frauen und der rührenden Geschichte der Kinder, die Julia unter ihre Fittiche nimmt.
Für nicht ganz so romantisch veranlagte Personen dürfte das alles etwas viel Kitsch sein. Diesen Kitsch versucht die Autorin durch die Schilderungen von Gewalt gegen Frauen und Kinder und explizite „Frauenabendthemen“ auszugleichen, gerade Letzteres droht aber öfter ins Lächerliche abzudriften. Wenn an allen Ecken und Enden die Rede davon ist, dass man „seine Weiblichkeit feiern“ soll, das am besten mit Trommeln, Erdbeeren, Blumenkränzen und Schokolade, dann liegt die Frage nahe, ob das denn tatsächlich ernst gemeint sein soll.
Dieser Roman ist wirklich eine Pralinenschachtel: bunt gemischt, prall gefüllt mit den verschiedensten Themen, manchmal bitter, manchmal fast schon unerträglich süß – aber es gibt Leute, denen solche Mischungen sehr gut gefallen.