Lange Zeit wurde hierzulande Fantasy leider recht stiefmütterlich behandelt. Mittlerweile ist das Genre geradezu trendy. Im Internet findet man inzwischen zahlreiche Seiten, die sich mit phantastischen Stoffen beschäftigen. Erfreulicherweise gibt es auch das eine oder andere Genre-Magazin. Wer sich jedoch umfassend, breitgefächert und kenntnisreich über einen kompletten Jahrgang an phantastischer Unterhaltung informieren will, der findet diese Informationen gebündelt in “Magira – Jahrbuch zur Fantasy 2008” (im Folgenden mit “Magira 2008” abgekürzt). Wie der Titel es bereits andeutet, hat sich das Buch nämlich zum Ziel gesetzt, das Jahr 2008 in phantastischer Sicht Revue passieren zu lassen. Das ist ein gewaltiges Unterfangen. Über 450 Seiten beweisen jedoch, dass das durchaus zumindest ausschnittsweise möglich ist.

Was an “Magira 2008” als erstes auffällt ist die sehr gelungene Aufmachung. Titelbild, Layout, selbst die meisten der Innenillustrationen wirken professionell. Da merkt man, dass einiges an Schweiß, Herzblut und auch sehr viel Fachwissen darin steckt, und das, obwohl die Herausgeber Hermann Ritter und Michael Scheuch das Projekt “nur” semiprofessionell angehen. Das Ergebnis lädt jedenfalls gleich zum Schmöckern ein: Einer der redaktionellen Mitarbeiter hat sich tatsächlich die Mühe gemacht, sämtliche im Jahr 2007 und teilweise 2008 in Deutschland erschienenen Fantasy-Romane aufzulisten und seinen Artikel mit statistischen Informationen und Vorjahresvergleichen abzurunden. Gleich dieser erste Beitrag deutet darauf hin, wie ernst die Macher ihre Aufgabe nehmen, ein rundes Bild zu diesem Thema abzuliefern.

Weitere große Themen der 2008-Ausgabe sind außerdem journalistische Beiträge zu Harry Potter (durchaus kritisch, manchmal vielleicht auch ein bisschen zu gewollt kritisch) und ein Loblieb auf die umstrittene Literaturform Fanfiction (schön ausführlich). Außerdem werden mehrere literarische Universen dem Leser vorgestellt wie das SunQuest-Universum, die Welt von Fafhrd und dem grauen Mausling und Kalevalas, der Schauplatz eines fantastischen Briefspiels aus Deutschen Landen. Artikel zu Autoren und ihren Werken (unter anderem Matt Ruff, R. Scott Bakker und Sergej Lukianenko) werden abgerundet durch exklusive Interviews.
Rund fünfzig Seiten nehmen außerdem in der vorliegenden Edition die Nachrufe ein, die auf die Lebenswerke von Werner Kurt Giesa, Ernst Vlcek, Gary Gyax, Robert Jordan, Madeleine L’Engle und Mária Szepes eingehen. Hinzu kommen zahlreiche kleinere Artikel, Comic-Rezensionen sowie Hörbuchbesprechungen, Literaturrezensionen (auch zu Sekundärliteratur!) und Berichte über die Kinofilme “Der Goldene Kompass” und “Der Sternwanderer”. Besonders schön ist die Tatsache, dass man sich zwar vor allem auf den deutschen Markt konzentriert, aber auch in einer separaten Sektion des Buches zahlreiche englischsprachige Fantasy-Romane vorstellt, die zum Zeitpunkt des Erscheinens überwiegend noch keine hiesige Übersetzung erhalten hatten. In der Retrospektive ist es interessant zu sehen, welche dieser Tipps inzwischen ein Zuhause bei deutschen Verlagen gefunden haben.Was Magira abrundet, ist eine Handvoll Kurzgeschichten, eine stammt gar aus der Feder des Kultautors Neil Gaiman.

Insgesamt besticht “Magira 2008” vor allem durch sein hohes Niveau, seine Bandbreite und sein tolles Layout. Die Artikel sind interessant, mitunter sehr fundiert, lesen sich kurzweilig und bieten auch für Internet-Junkies noch sehr viel Neues. Das rechtfertigt mühelos einen Preis von EUR 13,90. Das Magazin lädt zum Immer-Wieder-Durchblättern und Schmöckern ein. Es liegt gut in der Hand – äußerlich erinnert es an ein etwas breiteres Taschenbuch. Das macht Laune und bereitet zahlreiche Lesestunden!

Da ist es gut, dass nicht nur Backlist-Ausgaben zu früheren Jahren noch erhältlich sind, sondern auch, dass das Jahrbuch für 2009 ebenfalls in diesen Tagen erscheint.