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 Indiana Jones und der Stab der Könige


Cover
Gesamt +++--
Action
Anspruch
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Extras
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Kaum eine Filmfigur hat ein Berufsbild derart verzerrt und den realen Umständen entrissen wie Dr. Henry Walton Jones, Jr. die Archäologie: Während in der Realität antike Anlagen in mühevoller Kleinarbeit Schicht für Schicht freigelegt werden, springt der Leinwandheld über bodenlose Abgründe, flüchtet vor riesigen Steinkugeln und trotzt den dunklen Mächten uralter Kulte. Wohnzimmerarchäologen mit einer Nintendo Wii können nun Fedora und Peitsche abstauben: Activision bringt mit „Indiana Jones und der Stab der Könige“ ein Spiel heraus, dessen Story den alten Filmen Ehre erweist.

1939, vor Ausbruch des Krieges: Indiana Jones erfährt von Grabungstätigkeiten der Deutschen im Sudan und beginnt auf eigene Faust vor Ort zu ermitteln. Nur um Haaresbreite kann er dem schießwütigen Ausgrabungsteam der Nationalsozialisten entkommen, das von niemand Geringerem als Indys einstigem Studienkollegen Magnus Völler geleitet wird. Seine Nachforschungen bringen Jones mehr als einmal in Lebensgefahr, denn die Nazis jagen etwas ganz Großem hinterher: Völler soll für Hitler den legendären Stab der Könige bergen – jenen Stab, mit welchem Moses der Bibel nach das Meer teilte und das Volk Israel somit vor der Rache des Pharaos bewahrte. Natürlich kann Indy dieses göttliche Artefakt nicht kampflos den Nazis überlassen, und so liegt es einmal mehr in den Händen des Archäologen respektive des Spielers, die Welt vor Völler und seinen braunen Schergen zu retten …

Sein Wettlauf mit Völler führt Indy um die halbe Welt, vom Sudan bis nach Istanbul, von San Francisco Chinatown bis nach Nepal. Für Abwechslung hinsichtlich der Schauplätze ist also hinreichend gesorgt, was auch der Story zugute kommt. Das Leveldesign hingegen spricht nur gebrochen dieselbe Sprache: Die Welten sind überaus linear aufgebaut, die Gefahr sich zu verirren, wurde praktisch auf ein absolutes Minimum reduziert. Dies hat zur Folge, dass Indy stets nur einen Weg durch das Level verfolgen kann, eine Handvoll Sackgassen und nach einigen Metern von einem Hindernis begrenzte Abzweigungen sollen diese Beschneidung an Erkundungsmöglichkeiten kaschieren – mit mäßigem Erfolg. Lediglich hier und da zweigt ein – zumeist nicht zu übersehender – Pfad ab, der einen rasch zu geheimen Gegenständen und Artefakten führt; mit diesen können Bonusmaterial und neue Spielmodi freigeschalten werden. Von Zeit zu Zeit passiert Jones automatische Speicherpunkte, so dass er nach dem virtuellen Tod am zuletzt passierten Checkpoint einen neuen Versuch starten kann. Von letzteren besitzt Indy übrigens unendlich viele, so etwas wie eine begrenzte Anzahl an Leben gibt es nicht. Gerade Gelegenheitsspieler lädt dies dazu ein, sich näher mit dem Spiel zu beschäftigen.

So linear der Levelaufbau auch sein mag, ein läppischer Sightseeing-Spaziergang durch muffige Geheimgänge und archaische Tempelanlagen ist das Ganze gewiss nicht. Rätsel wollen gelöst und knifflige Aufgaben gemeistert werden, um den Weg in den nächsten Abschnitt zu öffnen oder wichtige Artefakte ans Tageslicht zu fördern. An dieser Stelle kann das Spiel punkten: Viele Rätsel überzeugen durch erfrischende Ideen, eine gelungene Umsetzung sowie ihre überzeugende Einbindung ins Leveldesign. Doch Licht bringt bekanntlich auch Schatten mit sich: Nicht wenige Aufgaben sind nach dem simplen Drücke-Schalter-X-und-Tür-Y-öffnet-sich-Schema konstruiert, die schon angesprochene Linearität der Levels bringt mit sich, dass die Distanz zwischen Schalter und Tor allzu oft keine Herausforderung mit sich bringt. Zwischen den Rätseleinlagen muss der Spieler auch öfters mal die Peitsche schwingen, um Abgründe zu überqueren, instabile Bauten zum Einsturz zu bringen und Gegner zu entwaffnen. So genannte Quick Time Events, wie sie schon aus „Resident Evil 4“ bekannt sind, lockern den Spielefluss auf und Railshooter-Einlagen sorgen dafür, dass Indy auch mehrfach zum Schuss kommt – mit seinem Revolver wohlgemerkt.

Doch nicht die Rätsel machen den Löwenanteil des Spiels aus: Wiederholt muss der Spieler beweisen, dass er mit Peitsche und Fäusten respektive Nunchuk und Wiimote umzugehen weiß. Von Zeit zu Zeit tauchen Nazi-Schergen und andere Gegner auf und machen vorzugsweise im Rudel dem Archäologen das Leben schwer. Mittels Peitsche kann Indy seine Gegner entwaffnen, zu Fall bringen oder auch zu sich heranziehen, um sie mit einem Kinnhaken ins Reich der Träume zu schicken. Für die Kämpfe lohnt es sich, der Umgebung mehr Aufmerksamkeit zu schenken: Gegner können unter Regalen begraben werden und Gegenstände wie Flaschen, Schaufeln oder Barhocker bieten sich geradezu an, um einem aufdringlichen Nazi einen neuen Scheitel zu ziehen. Über den Köpfen der Gegner erscheinen Balken mit deren Lebensenergie – was besonders dann dazu verhilft, den Überblick zu verlieren, wenn Indy inmitten einer Schar deutscher Agenten steckt und der Spieler die einzelnen Balken nicht mehr ihren jeweiligen Besitzern zuordnen kann.

Gerade bei den Kämpfen offenbaren sich zum Leidwesen des Spielers Defizite in der Steuerung: Im Grunde genommen erweist sich diese als solide und gut an die Bedienungsmöglichkeiten von Nunchuk und Wii-FB angepasst, doch wenn die Gegner zum Tanz einladen, hat der Spieler so seine liebe Not. Will man beispielsweise einen Schlag von links setzen oder die Peitsche schwingen, so führt man entsprechende Bewegungen mit Nunchuk oder Wiimote aus; eine unpräzise Erkennung der Bewegungen und eine behäbige Umwandlung in entsprechende Aktionen führen aber öfters dazu, dass Indy wie ein lahmer Möchtegernraufbold daherkommt, der auch gerne mal einstecken darf.

Was ein echtes Indy-Game ist, das beschwört natürlich ein entsprechendes Feeling herauf: Das digitale Gegenstück von Harrison Ford nutzt die Grafikmöglichkeiten der Nintendo Wii ausgezeichnet aus, zahlreiche Anspielungen an die Filme wurden eingestreut und für die deutsche Synchronisierung des Spiels konnte niemand Geringerer als Wolfgang Pampel, seines Zeichens die deutsche Stimme Harrison Fords, verpflichtet werden. Das restliche Synchro-Ensemble hingegen spricht seine Rollen mehr schlecht als recht, zumal die Sprecher ihre Texte nicht immer in Übereinstimmung mit den Lippenbewegungen in den Videosequenzen herunterpredigen. Der Soundtrack wartet mit bekannten themes wie auch mit neuen, ausgesprochen gelungenen Musikstücken auf.

Abgerundet wird das Spiel durch die vielen freischaltbaren Extras. So wird die Jagd nach im Spiel versteckten Artefakten etwa mit Produktionsskizzen, neuen Multiplayer-Modi und Informationen zu den einzelnen Charakteren belohnt. Die Krönung – und zugleich das kräftigste Zugpferd, mit dem für die Wii-Version des Spiels geworben wurde – ist zweifelsohne das Point-and-Click-Adventure „Indiana Jones and the Fate of Atlantis“ von 1992, welches unter Fans lange Zeit als inoffizieller vierter Teil galt und heute als Klassiker verehrt wird.

Mit „Indiana Jones und der Stab der Könige“ wurde ein kurzweiliges Action-Adventure auf den Markt gebracht, das die Atmosphäre der Filme gut einfängt, aber zuwenig Neues bietet, als dass es dem Spieler länger in Erinnerung bleibt. Auch kratzt die mit sieben bis acht Stunden nicht gerade üppig ausfallende Spielzeit ein klein wenig an der Gesamtbewertung. Vor allem Gelegenheitsspieler, in denen das heißblütige Herz eines Couch-Schatzjägers pocht, sowie Anhänger des coolsten Archäologen der Filmgeschichte werden auf ihre Kosten kommen; Core-Gamers hingegen haben das Spiel schneller durchgespielt, als sie „Kristallschädel“ buchstabieren können.

Michael Höfel



Konsolenspiel | Erschienen: 11. Juni 2009 | FSK: 12 | Originaltitel: Indiana Jones and the Staff of Kings | Wii | Preis: 58,95 Euro | für 1 - 4 Spieler | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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