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Die griechische Insel Spetses, Athen und Genf sind Schauplätze dieses Romans von Metin Arditi. Dies ist bereits der fünfte Roman des Autors, der in Frankreich den Prix Version Femina erhielt. Arditi erzählt die Geschichte von Pavlina, die auf der griechischen Insel Spetses zur Welt kommt. Hier trifft sie ihre erste Liebe, die unerfüllt und mit tragischem Ende ihr zukünftiges Leben bestimmen wird. Der Roman berichtet vom harten und kargen Leben auf den griechischen Inseln, lange bevor der Tourismus so richtig Fuß fasste. Er gibt Einblicke in das Leben der Menschen dort, ihre Freuden und Nöte: Viele Inselbewohner mussten damals ihre Heimat verlassen, um in Athen oder im nördlichen Europa Arbeit zu suchen - in ihren Herzen aber sind sie immer Griechen geblieben.
Die junge Griechin Pavlina nun verliebt sich in ihren Cousin, der ihre Liebe jedoch nicht erwidert. Auch das Kind, dem sie nach einer nächtlichen Begegnung das Leben schenkt, bleibt ihr nicht erhalten. Die nächsten Jahre ihres Lebens verbringt sie damit, nach ihrem Kind zu suchen – dabei verliert sie fast den Verstand. Zunächst in Athen und später dann in Genf kreisen ihre Gedanken ausschließlich um die beiden Menschen, die ihr alles bedeuten. Dabei ahnt sie nichts von dem dunklen Geheimnis, das sich um ihre Beziehung zu diesen zwei Menschen rankt.
Metin Arditi gelingt es, eine Geschichte zu erzählen, die von Anfang an fesselt. Das Schicksal nimmt seinen Lauf auf einer Insel im Blau der Ägäis: Ein Vertrauensbruch und dessen Entdeckung verursacht den Tod zweier Brüder - zurück bleiben zwei Ehefrauen, eine Tochter und ein Sohn. Der Autor erzählt vom Schicksal dieser Menschen, die auf engem Raum zusammen leben und nur zusammen überleben können, von einer Gemeinschaft, in der jeder alles von allen weiß. Und doch gibt es da Geheimnisse, die sorgsam gehütet werden und trotzdem irgendwann an der Oberfläche auftauchen. Es ist eine Geschichte von Liebe und Leidenschaft, von Drama und von menschlichen Schwächen. Eine griechische Tragödie – in der oft der Zufall die Regie führt.
Sehr plastisch und lebensnah stellt der Autor die Charaktere und die Schauplätze dar und die Atmosphäre der griechischen Lebenswelt Mitte bis Ende des letzten Jahrhunderts. Man fühlt sich direkt auf die schaukelnden Wellen des Meeres versetzt, in die Nähstube des Hotels in Piräus oder in den kleinen Lebensmittelladen in einem Athener Viertel. Es ist somit auch ein Stück Sozialgeschichte der fünfziger Jahre in Südeuropa und berichtet von der Enge des Daseins und der Notwendigkeit sich zu verstellen und Dinge zu vertuschen. Von einem Alltag, der von Konventionen und gegenseitigen Erwartungen geprägt ist. Zumindest der erste Teil ist jedoch auch sehr lebendig, vital und auch erotisch, und es ist viel die Rede vom Meer und von jugendlichen athletischen Körpern. Trotz aller Tragik ziehen sich auch Lebensfreude und Lust an der Liebe durch das ganze Buch.
Letztlich bleibt Pavlina die Entscheidung, weiter Phantomen nachzujagen oder das zu akzeptieren, was ihr die Wirklichkeit zu bieten hat. Wie wird sie sich entscheiden?
Das Buch bietet eine interessante Lektüre und gut erzählte Geschichte nicht nur für einen Sommer am Meer.