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Wenn man in der Rollenspielszene aktiv ist, sich austauscht und in verschiedenen Systemen Abenteuer erlebt hat, wiederholt sich irgendwann alles, denn letztlich gibt es nur eine bestimmte Anzahl von Regelvarianten und Welten, die erschaffen werden können. Doch manchmal hat ein motivierter Rollenspieler eine besondere Idee, packt sie zwischen zwei Buchdeckel und stellt die Rollenspielwelt mit "Spherechild" ein wenig auf den Kopf.
Ein großformatiges, weißes Cover mit einem schwarz gehaltenen Zeichen in der Mitte, das gleichzeitig ein symbolischer Fingerzeig auf den Inhalt des Buches ist, beweist, dass dies mehr als ein kleines Fanprojekt ist. Und diese Erkenntnis wird beim Durchblättern der Seiten immer klarer. Zuallererst begegnet der Leser dem Regelwerk. Die klassischen Parameter wie Fertigkeiten, Eigenschaften und Würfelproben begegnen einem auch hier. Dennoch drängt sich der Eindruck auf, dass man einige alte Kanten abgeschliffen hat und dadurch ein klareres Regelsystem geschaffen hat, das soviel Vielfalt bringt, wie man möchte, und so wenig Zeit zum Erlernen der Regeln und Nachvollziehen verlangt, wie es möglich ist.
Dann folgen auch schon die Beschreibungen zweier sehr unterschiedlicher Sphären. Die erste ist Valcreon, eine klassische Fantasywelt mit abenteuerlichen Völkern, Magie, alten Legenden und Rätseln. Danach kommt dann als genauer Gegensatz Icros, eine Sphäre, die den technischen Stand betreffend unserer Gegenwart entspricht, aber erst vor einigen Jahren die Unterdrückung durch eine außerirdische Rasse abgeschüttelt hat und nun um ein neues Selbstbewusstsein kämpft. In beiden Fällen erfährt man alles Wichtige über die sozialen Strukturen, die Geschichte, die spielbaren Charakterklassen und die spezifischen Regeln und Fähigkeiten. Zum Eingewöhnen gibt es für jede Welt ein kleines Einstiegsszenario, in dem auch die Anwendung des Regelsystems genau erläutert wird.
Das darauf folgende Kapitel ist das, was "Spherechild" von der Masse der Regelsysteme abhebt. Die Grundidee ist, dass es eine Unzahl an Sphären gibt, die ganz unterschiedlich sind. Diese werden von den Sembaren, die Chaos in die Ordnung bringen möchten, gefährdet. Ihnen stellen sich die Charaktere, die auserwählten Sternenkinder mit besonderen Fähigkeiten, in den Weg. Jedes dieser Sternenkinder besitzt auf allen Sphären je einen Bruder oder eine Schwester, mit dem es eine besondere Verbindung eingehen kann. Und genau mit diesem Grundpfeiler lassen sich für Spieler und Spielleiter problemlos Welten wechseln, sphärenübergreifende Abenteuer leiten und die epischsten Kampagnen erleben, die man sich denken kann.
"Spherechild" ist etwas Besonderes, da es aus dem Potenzial des bekannten Rollenspielprinzips - dank der Idee mit den Sphären und Sphärenkindern - weitaus mehr herausholt als andere Rollenspiele. Ganz leicht geht hier der Wechsel von einer fantastischen in eine futuristische Welt vonstatten, ganz ohne dass man neue Regeln lernen muss. Und dank der Idee, dass große Ereignisse sich als Echos in anderen Sphären bemerkbar machen können, werden die Türen für ganz neue und umfassende Abenteuer aufgestoßen. Natürlich ist dies für den Spielleiter eine Herausforderung, doch da die Regeln sehr klar und übersichtlich sind, kann er sich ganz auf das Entwickeln der Geschichte konzentrieren.
Dieses Regelwerk ist wunderbar klar aufgebaut, so dass man sich wirklich einfach nur hindurchlesen muss, um alle wichtigen Dinge zu wissen. Der Aufbau des Inhalts ist gut gelungen, so dass man nie zurückblättern muss, um Informationen nachzulesen, die sich auf anderes beziehen. Was man braucht, findet man stets an Ort und Stelle. Auch optisch muss sich das Buch nicht verstecken. Es wird von vielen anschaulichen und atmosphärischen Zeichnungen geschmückt, die dazu anregen, endlich loszuspielen und die Welten zu entdecken. Ein ungewöhnliches Regelwerk, das aus seiner universellen Einsetzbarkeit ein System macht und genau dadurch ganz neue Möglichkeiten bietet.
Hier muss man neidlos anerkennen, dass es doch noch Autoren gibt, die kreative Ideen haben, umsetzen und unter das Volk bringen können. Danke dafür!