"Mein Werk ist mir aus den Händen geraten, und ich habe ein Monstrum erzeugt: Eine ungemein lange, komplizierte, ziemlich bittere und ziemlich schreckliche Erzählung, ganz ungeeignet für Kinder, wenn überhaupt für irgendwen ..."

Diese Worte schrieb J.R.R. Tolkien kurz vor dem Erscheinen seines Meisterwerks "Der Herr der Ringe". Bis heute findet sich kaum ein vergleichbar zeitloses Fantasy-Werk, das die Menschen durch die Jahrzehnte hindurch gleichermaßen begeistert und berührt hat. Wer sich aber mit Frodo und den anderen Gefährten auf die Wanderschaft durch Mittelerde begibt, der tut gut daran, eine Karte zu besitzen – sonst läuft er Gefahr, sich in dem über 1200 Seiten starken Gesamtwerk zu verlieren. Zu komplex sind teilweise die vielen Schauplätze, die vielen Reisewege, die die neun Gefährten nehmen, so dass man während des Lesens gerne in einer Karte nachschaut, wo genau sich die Ereignisse gerade zutragen, oder gar mit dem Finger die Reiserouten nachfährt.

Klett-Cotta hat in einer neuen Ausgabe die bekannte Mittelerde-Karte noch einmal herausgebracht – komplett neu gestaltet und illustriert von John Howe. Das schmale Bändchen überzeugt auf jeden Fall durch seine hübsche Aufmachung. Das kleine Büchlein ist mit rotem Stoff eingebunden und mit Goldschrift geprägt, die Titelillustration ist aufgeklebt. Das Buch beinhaltet neben circa 60 Seiten Text, die aus einem Vorwort, einer Erläuterung zur Mittelerde-Karte und einer Auflistung wichtiger Orte in Mittelerde bestehen, natürlich auch die großformatige Karte selbst. Diese ist mehrfach gefaltet und hinten im Buch in einer Einschubtasche untergebracht, so dass man sie herausnehmen und komplett entfalten kann – oder sogar an die Wand hängen, wenn man möchte. Nicht hundertprozentig vermag das Papier zu überzeugen; die Karte ist auf sehr glattem, etwas kalt wirkenden Papier gedruckt, das einen Hauch zu modern wirkt. Für dieses Büchlein hätte sich ein griffigeres Papier für die Karte eher angeboten, um wirklich den Eindruck einer richtigen alten Karte zu erzeugen.

Inhaltlich gesehen bietet die Ansicht von Mittelerde, die sechzig mal sechzig Zentimeter groß ist, zwar nichts wirklich Neues, dafür aber ist die Karte wirklich wunderbar von John Howe illustriert. Sie wird von zahlreichen vollfarbigen Zeichnungen des berühmten Künstlers eingerahmt. Dies geht ein klein wenig auf Kosten der eigentlichen Karte, die dadurch ein bisschen klein ausgefallen ist.
Interessant sind in jedem Fall das Vorwort von Brian Sibley, in dem er über Tolkiens Einstellung zu Karten in Bezug auf den Herrn der Ringe schreibt, und die nachfolgende Erläuterung zur Karte von Mittelerde in ihrer Originalfassung – etwa, dass Tolkiens Sohn Christopher sie letztendlich fertig stellte. Es schließt sich eine Legende an, in der relativ knapp die auf der Karte gezeigten Orte aufgelistet sind von "Alter Wald" bis "Wetterspitze".

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese atmosphärisch gestaltete Karte ein schönes Gimmick für Fans des Herrn der Ringe ist. Der Pluspunkt der Karte ist, dass sie sich komplett herausnehmen lässt; das Büchlein um die Karte herum bietet außerdem interessante und nützliche Zusatzinformationen, die langjährigen Fans zwar nichts wirklich Neues bieten werden, die aber allein durch die hübsche, edel wirkende Aufmachung einen Platz im Regal verdient haben. Auf jeden Fall ein schöner Reisebegleiter durch Mittelerde, über das sich Herr der Ringe-Fans bestimmt auch als Geschenk freuen dürften, wenn es einmal wieder heißt:

"Die Straße gleitet fort und fort,
weg von der Tür, wo sie begann,
weit über Land, von Ort zu Ort,
ich folge ihr, so gut ich kann,
ihr lauf’ ich raschen Fußes nach,
bis sie sich groß und breit verflicht’
mit Weg und Wagnis tausendfach.
Und wohin dann? Ich weiß es nicht."