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Viele Jahrhunderte bevor Sonea, die Heldin aus ‚Die Gilde der schwarzen Magier’, ihre Abenteuer in Kyralia erlebt, wächst in einem kleinen Dorf das Mädchen Tessia auf. Ihr Vater ist der Heiler in der Grafschaft und Tessia geht ihm tüchtig zur Hand. Magier werden noch nicht in der Gilde ausgebildet, sondern von einem Meister, der jeweils einen Lehrling zu sich nimmt. Der Meister ist meist auch zugleich der Besitzer einer Grafschaft und adeligen Geblüts. In der Grafschaft, in der Tessia lebt, ist dies Lord Dakon.
Eines Tages werden Tessia und ihr Vater in das Herrenhaus von Lord Dakon gerufen. Dort versorgen sie einen sachakanischen Sklaven. Dieser ist mit seinem Herrn, einem sachakanischen Magier, auf Reisen durch Kyralia. In einem Anflug von Wut wurde der Sklave von seinem Herrn so schwer verletzt, dass er wahrscheinlich sterben wird. Doch der Sklave ist kein gewöhnlicher Sklave. Er ist ein nicht erweckter Magier und auch wenn er keine Fähigkeiten hat, Magie auszuüben, besitzt er die außergewöhnlichen Heilungskräfte, die den Magier eigen ist. Während sein Herr schon längst wieder in Sachaka ist, gelingt es dem Sklaven zu überleben. Doch bei der Abreise des sachakanischen Magiers passiert eine zweite Sache, die auf Tessias Leben eine große Wirkung hat. Der Magier versucht das Mädchen zu vergewaltigen, doch diese wehrt sich erfolgreich mit einer natürlich entdeckten Magie.
Daraufhin nimmt Lord Dakon Tessia als zweite Meisterschülerin zu sich. Der eigentliche Meisterschüler, der adelige Jayan, scheint nicht erfreut. Er schneidet Tessia und diese lehnt sich mehr und mehr dagegen auf. Nur Lord Dakon ahnt, dass sein Schüler in das einfache Mädchen aus dem Dorf verliebt ist und hin- und hergerissen zwischen seinem adeligen Stand und seinen Gefühlen nicht weiß, wie er sich verhalten soll.
Doch noch während Tessia und Jayan einen offenen und ehrlichen Standpunkt füreinander suchen, kommt es zu seltsamen Begegnungen der kyrialischen Jäger mit Sachakanern. Diese scheinen das Land auszuspähen. Immer stärker werden die Zeichen, dass das Nachbarland Kyralia in einen Krieg ziehen will. Und der Sklave, den der sachakanische Magier sterbend bei Lord Dakon zurückgelassen hat, spielt dabei eine große Rolle.
Canavans Geschichte zusammenzufassen ist mehr als nur schwierig. Die Autorin schafft es, den Konflikt, der das Buch durchzieht, schon auf den ersten anderthalb Seiten so zusammenzuschnüren, dass alles, was daraus folgt, ein Fortspinnen dieser ersten zwanzig Sätze ist. Und trotzdem hat man nicht das Gefühl, mitten ins Geschehen geworfen worden zu sein. Canavan regiert ihre großartige Komposition mit ruhiger Hand. Jeder Satz in diesem Roman erscheint notwendig. Jede Szene ist sinnlich, dicht am Geschehen, ruhig und führt doch die Spannung immer weiter, schürt die Konflikte, bringt die gegnerischen Parteien in Stellung. Und obwohl alles an dieser Geschichte folgerichtig ist, obwohl man hinterher sagen kann, dass man sich die vielen Wendungen hätte denken können, überrascht diese Geschichte immer wieder.
In ‚Die Gilde der schwarzen Magier’ erlaubt sich Canavan in den ersten drei Sätzen des ersten Bandes einen überdramatischen Effekt, eine gekünstelte Rhetorik. Nach dieser unschönen Einleitung schreibt sie dann aber ihre wundervoll schlichte Prosa. In ‚Magie’ nun fehlt diese Überdrehtheit völlig. Canavan erinnert in jedem ihrer Bücher an die besseren Werke von Modesitt (‚Recluce-Zyklus’), auch von der Thematik. Sie gehört zum Besten, was Fantasy zu bieten hat, auch wenn sie (oder gerade weil sie) nicht fantastische Begebenheit auf fantastische Begebenheit häuft.
Schreibstil, Charakterisierung von Personen, Spannung, die Konstruktion des Plots, all das kann Trudi Canavan hervorragend, all das empfiehlt ihren Roman. Nicht nur Fantasy-Fans, sondern allen, die großes Erzählen lieben, sei dieses Werk ans Herz gelegt.