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 Orbital, Band 2.1: Nomaden

Serie: Orbital, Band 2.1
Autoren: Sylvain Runberg
Illustratoren: Serge Pellé
Übersetzer: Tanja Krämling
Verlag: Splitter Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Nach Jahrzehnten des Krieges hat die IDA, die Interweltliche Diplomatische Abteilung, die Menschen gegen den Widerstand vieler Rassen in die Gemeinschaft der galaktischen Völker aufgenommen. Die vierhundertneunundzwanzig Planeten, siebenhundertzweiundachtzig Rassen und eintausendsiebenhundert Milliarden Individuen umfassende Organisation weiß um das Risiko dieser Entscheidung. Sind die Menschen doch in der Vergangenheit allein durch ihren Hass auf Andersartige und Fremde aufgefallen. Und nun ist auch noch ein Mensch als Agent der IDA unterwegs. Ausgerechnet mit einem Sandjaren, der Rasse, die von den Menschen in einem jahrzehntelangen Krieg fast ausgerottet wurde, bildet er ein diplomatisches Binom.
Nach ihrem ersten Einsatz auf Senestam, den die beiden Agenten Kaleb und Mezoke mit Bravour gelöst haben, ist die Erde Schauplatz ihrer neuen Aufgabe. Und die ist ungleich schwieriger zu lösen. Denn kurz vor der Zeremonie, an der viele Welten und Rassen und erstmals sogar eine Sandjaren-Delegation teilnehmen, herrscht helle Aufregung in den malaysischen Mangrovensümpfen unweit des Tagungsortes Kuala Lumpur. Es kommt fast zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Fischern und den Rapakhuns, einer nomadischen Rasse, die sich die Erde als Zwischenstopp ihrer unendlichen Reise durch das All ausgesucht hat. Und obwohl die Fremden ihre Unschuld beteuern, gehen die Fischer, unterstützt von Teilen der malaysischen Armee, gegen sie vor. Der Konflikt droht auch die Tagung zu überschatten. Kaleb und Mezoke versuchen alles, um zu vermitteln, können aber gegen den tief sitzenden Fremdenhass der Menschen wenig ausrichten.

Nach „Brüche“, dem in Deutschland im November 2007 als Doppelband erschienenen Auftakt der Serie „Orbital“, ist „Nomaden“ der erste Teil der zweiten Mission der Agenten Kaleb und Mezoke. Demzufolge endet dieses Abenteuer auch abrupt und ist allenfalls der Auftakt zu einer weiteren Geschichte rund um die so ungleichen Agenten.

Konnte „Brüche“ noch begeistern mit Action, einem sehr spannenden, zum Ende hin sogar dramatischen Szenario, ist „Nomaden“ eher behäbig, lässt den Charakteren viel Zeit und vermag lange nicht so zu fesseln und zu begeistern wie der Doppelband. Zum einen liegt dies an der Art von Autor Sylvain Runberg, jede Facette seiner Geschichte auszuformulieren und die Motive jedes einzelnen Charakters möglichst genau zu schildern – die Folge ist eine extreme Story-Lastigkeit -, zum anderen sind die Zeichnungen von Serge Pellé wenig spektakulär. Sie betonen durch matte, sanfte und gedeckte Farben den angestrebten Realismus der Geschichte und vermeiden allzu plakative Bilder. Immer wieder sind ganze Seiten nur Personen, die miteinander reden zu sehen – wenig aufregend und teils mühsam für den Leser.

Und doch gelingt dem Duo Runberg/Pellé etwas fast Einmaliges: Sie nehmen den Leser für ihre Charaktere ein. Und seien die Wesen, die da auftreten, noch so fremd, identifiziert man sich eher mit ihnen als mit den Menschen. Die Grundidee, den Rassismus der Menschen, ihren Fremdenhass und ihre Ressentiments gegenüber dem Unbekannten zum zentralen Thema zu machen, funktioniert überraschend gut.
Und dabei gelingt es ihnen auch noch, dass man seine eigenen Schwächen, vorschnellen Urteile und Fehler in diesem Themenkomplex wahrnimmt. Stellvertretend für den Leser offenbart auch Kaleb, der ach so edle Agent der IDA, Vorurteile und eine in dieser Hinsicht mehr als dunkle Vergangenheit. Fast erleichtert nimmt der Leser die überaus fremde Mezoke, von der man nicht mal weiß ob sie männlich oder weiblich ist, als Korrektiv war – ein geschickter Schachzug des Autors Runberg.

„Nomaden 2.1“ ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Das Abenteuer beginnt kaum, da ist es auch schon zu Ende. Viele Seiten vergehen mit Erklärungen, Einschüben, Rückblenden und zahllosen Detailschilderungen. Und die eigentliche, plötzlich sehr spannende Handlung kommt erst auf den letzten Seiten des Albums überhaupt in Gang – um dann abrupt zu enden. Und auch wenn man von der Story Runbergs begeistert ist und den Zeichnungen Pellés etwas abgewinnen kann, wird die Wartezeit doch lang, bis man erfährt, wie die Geschichte weitergeht.
Hat man „Orbital“ verschlungen, muss man auch „Nomaden“ lesen – und ist doch enttäuscht, dass man nach fast zwei Jahren nur ein Appetithäppchen geliefert bekommt. Bleibt die fast unerklärliche Faszination für diesen Science-Fiction-Comic. Diese seltsame Melange aus tiefgründiger Story, zum Realismus neigenden Bildern voller wunderschöner, fremdartiger Details und dem Szenario in einem von vielen Rassen bevölkerten Universum, in dem die Menschen nur eine Randerscheinung sind, die zudem noch unter dem Zeichen der allzu kriegerischen, fremdenfeindlichen Ignoranz steht. Wahrlich kein Bild, das man der eigenen Rasse wünscht – und doch ein Rahmen, der fasziniert. In diesem Sinne ist „Nomaden“ einmalig und sehr lesenswert, auch wenn man sich gewünscht hätte, dass es auch diesmal ein Doppelband mit der kompletten zweiten Mission gewesen wäre.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.

Stefan Erlemann



Hardcover | Erschienen: 25. August 2009 | ISBN: 9783939823506 | Originaltitel: Orbital 3: Nomades | Preis: 13,80 Euro | 55 Seiten | Sprache: Deutsch

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