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 Risen

Verlag: Koch Media

Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Spannung
Spielregel
Strategie
Ton
Deutschland steckt im "Risen"-Fieber! Die Rede ist vom neusten Computerrollenspieler der Essener Softwarefirma Piranha Bytes, die sich einst einen guten Namen mit der vielgerühmten "Gothic"-Reihe gemacht haben. Deren dritter Teil geriet allerdings zu einem bugverseuchten Debakel und führte zur Trennung der Piranhas von ihrem Publisher JoWood. Dabei verloren sie allerdings auch die Rechte an ihrem Baby "Gothic" ... und beschlossen, eine neue Welt zu erschaffen, die zwar den "Gothic"-Geist atmet und doch etwas Neues darstellt.

Das Ergebnis nennt sich nun "Risen" und erschien vor zwei Wochen für den PC und die X-Box. Getestet werden konnte in diesem Fall die PC-Version; und wer die alten "Gothic"-Spiele kennt, der fühlt sich rasch heimisch in der neuen Welt. Wieder gilt es, einen namenlosen Helden durch eine ihm völlig fremde Umgebung zu dirigieren, diesmal eine abgeschottete Insel, auf der der Gute nach einem Schiffsunglück gestrandet ist. Zusammen mit der zweiten Überlebenden Sara kämpft er sich in das Innere der tropischen Insel vor, und erfährt dort von einem seltsamen Phänomen: Vor einiger Zeit erschütterten kleine Erdbeben die Insel, und aus der Tiefe stiegen geheimnisvolle Tempelanlagen empor, die nicht nur jede Menge hässlicher Biester ausspieen, sondern auch Unmengen an Schätzen bargen. Dies lockte die übermächtige Inquisition auf die Insel, die sogleich die Hafenmetropole einnahm und sich das alleinige Recht zusprach, die Tempel erforschen zu dürfen. Jeder, der ihr in die Quere kommt, wird für ihre Erkundungstrupps zwangsrekrutiert. Aber nicht alle Insulaner wollen sich derart verheizen lassen; in einem Sumpflager haben sich einige Banditen gesammelt, die die Tempel auf eigene Rechnung ausräumen wollen. Und im Lager der Inquisition gibt es eine Unterfraktion, die Magier, die teilweise ihr eigenes Süppchen kochen. Für eine dieser Gruppierungen muss sich der namenlose Held bald entscheiden ...

Kommt einem diese Geschichte nicht vertraut vor? In der Tat, "Risen" orientiert sich hauteng an den bisherigen "Gothic"-Spielen: ein weiteres Sumpflager, eine weitere monolithisch agierende Obrigkeit (hier die Inquisition). Auch ansonsten hat man sich sichtlich bemüht, die alten "Gothic"-Fans wieder ins Boot zu holen. Der Tonfall der Dialoge ist rau und direkt, da wird geflucht und gepöbelt, dass einem die Ohren klingeln, und vor allem im Banditenlager wird ordentlich getrunken, gehurt und Gras geraucht. Um sich dort (oder bei anderen Fraktionen) lieb Kind zu machen, muss der Held eine Vielzahl an kleineren Quests erledigen, mal ein paar Monster im Sumpf erlegen, mal einen Gegenstand beschaffen oder einem Kerl eine Abreibung verpassen. Das Kampfsystem ist dabei knifflig; zugeschlagen wird mit der linken, geblockt mit der rechten Maustaste - doch diese zwei Aktionen gilt es gut zu koordinieren und auf das Verhalten des Gegners abzustimmen. Taktisch ist der Kampf in "Risen" also nicht uninteressant, auch wenn vor allem die allgegenwärtigen Tiere manchmal zu häufig blocken und man dann in Stellungskämpfen verharrt.

Grafisch gesehen ist "Risen" ein Leckerbissen - und das nicht etwa, weil die Texturen so übermäßig gut wären oder die Animationen so exzellent. Im Gegenteil, "Risen" hinkt dem aktuellen Standard etwas hinterher. Vor allem die Spielfiguren wirken manchmal etwas eckig, die Gesichter sind mäßig anmiert und so häufig geklont, dass man manchen NPC sogar verwechselt (vor allem die spärlichen weiblichen Figuren). Doch womit "Risen" punktet, ist die ausgefeilte Architektur der Spielwelt. Die "Risen"-Insel ist nicht übermäßig groß, doch jeder Winkel, jedes Haus, jeder Dungeon ist handbearbeitet und stimmig. Flora und Fauna sind aufeinander abgestimmt, die Dungeons unverwechselbar, Täler und Wälder, Sumpflöcher und Schluchten wirken geheimnisvoll und laden zum Staunen ein. Was also an Technik fehlt, wurde durch liebevolles Design mehr als ausgeglichen. Hinzu kommt, dass "Risen" auch auf älteren System absolut flüssig läuft - und vor allem bugfrei! Piranha Bytes hat sich hier ein Herz an der Kritik ihrer Fans genommen und präsentiert ihr neustes Spiel in einem Zustand, wie man ihn leider heute nicht mehr gewohnt ist. Bis auf ein paar kleine Clippingfehler flutscht "Risen" völlig fehlerfrei über den Bildschirm.

Aber kann "Risen" denn nun wirklich die unvergleichliche Stimmung von "Gothic" wiederbeleben? Ja und nein. Auf der einen Seite fühlt sich der "Gothic"-erprobte Spieler sogleich in der neuen Welt zuhause. Die Dialoge, das Steigerungssystem, die liebevolle Gestaltung und die originellen Quests, all dies erinnert an die alten Tugenden und fasziniert auch in "Risen". Dem entgegen steht die diesmal doch recht unoriginelle Hauptgeschichte um die verlassenen Tempel, die leider so gar nichts Doppelbödiges an sich hat. Zudem versemmelt Piranha Bytes den Auftakt: Die erste Szene am Strand, in der die oben bereits erwähnte Sara dem Spieler als "Tutorial-Charakter" Tipps gibt, wirkt völlig gekünstelt und öde, Sara selbst nervt und verhält sich unglaubwürdig. Auch die Spielfigur lässt es an Charme des "namenlosen Helden" aus Gothic vermissen und ist nicht mehr als ein 0/8/15-Held. Zum Glück gibt sich dies im weiteren Verlauf des Spiels, wenn andere Charaktere hinzukommen. Diese sind dann wieder mit Ecken und Kanten gezeichnet, überzeugen mit ihren kleinen Marotten und Intrigen. Dennoch, die Hintergrundgeschichte haut einen in "Risen" nicht vom Hocker. Das Spiel lebt mehr von seiner überzeugenden Welt, atmosphärischen Einsprengseln und dem Erkundungsdrang des Spielers, der bald wirklich jeden Winkel und jedes Geheimnis der Insel erforschen will. Für eine Fortsetzung sollte sich "Risen" aber ein paar gute Geschichtenerzähler ins Team holen, anstatt sich ein weiteres Mal auf den "Gothic"-Lorbeeren auszuruhen.

Trotzdem ist "Risen" durch seine detailvolle Ausarbeitungen, den rauhbärtigen Charme und die insgesamte gute spielerische Umsetzung sein Geld wert. Kein Meisterwerk und Gipfel der Originalität, sicherlich nicht ... aber ein perfektes Rollenspiel für die Herbsttage, mit dem Piranha Bytes bewiesen hat, dass sie es immer noch (und vor allem auch ohne JoWood) können!

Hagen Hoffmann



DVD | Erschienen: 1. Januar [Value3] | PC | Preis: 43,95 Euro | Sprache: Deutsch | Systemanforderungen: * Minimum: Einkern-CPU mit 2 GHz, 1024 MB RAM, GeForce 7900 oder Radeon X1800 mit 256 MB
* Empfohlen: Zweikern-CPU mit 3 GHz, 2048 MB RAM, GeForce 8800 oder Radeon 2900 mit 512 MB | Untertitel verfügbar in: Deutsch

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