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England im späten 19. Jahrhundert: Auf einem gesellschaftlichen Empfang wird der Maler Basil Hallward dem jungen Dorian Gray vorgestellt. Sofort wird Hallward von der makellosen Schönheit des jungen Mannes in den Bann geschlagen und verliebt sich unsterblich in ihn. Die beiden sehen sich öfters und der Künstler beginnt, ein Portrait von Dorian anzufertigen, um seine Anmut und Schönheit einzufangen. Es soll Hallwards Meisterwerk werden.
Dorian wird aber, als er das fertige, vollkommen perfekte Portrait erblickt, in tiefe Ängste und Zweifel gestürzt, glaubt er doch, dass Jugend und Schönheit die einzigen Eigenschaften seien, die ihn wertvoll und begehrenswert machen. Würden also zwangsläufig seine Jugend und damit auch sein makelloses Äußeres Tag für Tag schwinden, so würde er nichts mehr besitzen, nicht mehr bewundert werden – das Leben wäre nicht mehr lebenswert. In seiner Verzweiflung äußert der narzisstische junge Mann den Wunsch, das Portrait möge an seiner Stelle altern, während er, Dorian Gray, auf ewig jung und schön bliebe. Gray ahnt nicht, dass dieser Wunsch alsbald wahr wird …
Die Hörspielserie „Gruselkabinett“ hat sich mit der Doppelfolge „Das Bildnis des Dorian Gray“ einen weiteren Klassiker der Weltliteratur vorgenommen und so packend wie lebendig inszeniert. Schon die Eingangsszenen sind durch die natürlichen, gut gespielten Dialoge und die professionellen Sprecher unwiderstehlich: Vor dem inneren Auge entsteht ein sehr plastisches Bild des Malers, der eifersüchtig über seine einseitige Beziehung zu Dorian wacht, in welche dann sein Bekannter, der oberflächliche Dandy Lord Henry Wotton, einbricht – dieser verführt den attraktiven jungen Mann, zumindest mit Worten, verwirrt ihn dadurch und führt ihn, aus purem Spaß, wie es scheint, auf den falschen Weg. Hallward bleibt hingegen ernüchtert zurück und sieht sein Lebenswerk und seine unerwiderte Liebe in den Schmutz gezogen. Doch hier beginnt die Geschichte ja erst: Durch einen unbedachten Wunsch erreicht Dorian Gray, dass er selbst nicht nur nicht altert, sondern dass auch seine zahlreichen Verfehlungen sich nicht in seinen Zügen widerspiegeln. Egal, wie verwerflich und moralisch verdorben der junge Mann sich fortan benimmt, das Spiegelbild seiner Seele ist nicht sein Gesicht, sondern einzig und allein das Gemälde, das zunehmend abstoßender und hässlicher wird.
„Das Bildnis des Dorian Gray“ ist der einzige Roman, den Oscar Wilde je verfasst hat, und zählt zu den Klassikern der Weltliteratur. Weniger als um das tatsächliche Altern des mysteriösen Gemäldes geht es um den seelischen Verfall, den es zunehmend zeigt, während der Portraitierte selbst zumindest äußerlich makellos bleibt, so dass die Menschen weiterhin auf seine vermeintliche Unschuld hereinfallen. Die Geschichte ist sehr kurzweilig und sinnlich inszeniert und glänzt vor allem mit einer hervorragenden Sprecherbesetzung: Besonders brillieren Axel Malzacher in der Rolle des unglücklich verliebten und moralisch integren Malers Basel Hallward sowie Tom Vogt in der Rolle des zynischen Verführers Henry Wotton. Auch Dorian Gray wurde mit der Stimme von David Turba ideal besetzt: Zu Beginn noch ist der von ihm verkörperte junge Mann weniger eine Persönlichkeit als vielmehr ein unsicheres, liebreizendes Geschöpf. Doch je stärker sich Grays Seele wandelt, umso mehr wandelt sich auch die Interpretation der Rolle. Ebenso hochklassig besetzt sind auch alle anderen Rollen, unter anderem der Erzähler (Hasso Zorn), die unglückliche Sibyl Vane (Kristine Walther) oder deren Bruder James Vane (Dennis Schmidt-Foß). In der Rolle von Mrs. Vane hat Hörspiellegende Dagmar von Kurmin einen tollen Auftritt. Sogar die kleinen Nebenrollen überzeugen durch bekannte, professionelle Sprecher, zum Beispiel Simon Jäger mit seinem kurzen Auftritt als Adrian Singleton.
Fazit: „Das Bildnis des Dorian Gray“ ist ein Klassiker über Unschuld und Verführung, Schuld und Eitelkeit, Vergänglichkeit, Moral und Reue, der absolut hörenswert ist. Titania Medien ist im Rahmen des Gruselkabinetts eine wirklich geniale, stimmgewaltige und hochklassige Umsetzung gelungen, die sicher zu den besten Teilen der Hörspielserie zählt! Gruselfans sollten aber wissen, dass diese Geschichte wenig bis gar keinen Grusel oder gar Horror zu bieten hat. Dennoch ist diese Romanumsetzung durch das übernatürliche, von selbst alternde Bild in der Reihe Gruselkabinett durchaus gut aufgehoben.