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Ein Bonmot von Voltaire besagt, dass das Heilige Römische Reich Deutscher Nation weder heilig gewesen sei, noch römisch, noch deutsch, noch eine Nation. Und in der Tat konnte man sich schon im Mittelalter, noch mehr aber in der frühen Neuzeit trefflich darüber streiten, was dieses seltsame Kaiserreich im Herzen Europas eigentlich genau war. Denn auch wenn es sich deutlich von seinen Nachbarstaaten unterschied, war das Reich doch mehr als eine Summe seiner Einzelteile, sein Kaiser mehr als ein bloßer Titualarträger, seine Kurfürsten mehr als Provinzherrscher.
Barbara Stollberg-Rilinger, Geschichtsprofessiorin an der Universität Münster, nutzt diesen - wie immer schmalen - Band der Beck'schen Reihe dazu, in Kürze die Grundzüge dieses Staatenkonstrukts auszuzählen, das wie kein anderes das ausgehende Mittelalter und die Neuzeit geprägt hat. Sie setzt mit ihrer Geschichtsschreibung grob nach der Reformation an, als das Reich trotz der Konfessionsspaltung noch immer mächtig war und als "Körper aus Haupt und Gliedern" die divergierenden Interessen der Fürsten und Untertanen, Stände und kirchlichen Gruppierungen in Einklang zu bringen trachtete. Gerade die Frage der Konfession bot allerdings eine enorme Sprengkraft, wie sich in den frühen Reformationskriegen, vor allem aber im dreißigjährigen Krieg zeigte, als das Reich erst zum Schauplatz blutiger Fehden, dann zum Spielball äußerer Mächte wurde. Der Kaisertitel, schon bald fest in habsburgischer Hand und verlängerter Machtapparat Österreichs, geriet durch diesen Krieg, aber auch durch den Vorstoß der Türken mehr und mehr unter Druck, und wandelte sich mehr und mehr vom mittelalterlichen Machtausdruck zu einem Mediator der Standesinteressen. Nach dem westfälischen Frieden konnte sich das Reich noch einmal unter habsburgischer Führung zum Machtzentrum ausdehnen; doch das erstarkende Preussen, die französische Revolution und schließlich die napoleonischen Feldzüge versetzten ihm den Todesstoss. 1806 wurde das Reich, das seine Unterstützer längst verloren hatte, endgültig zu Grabe getragen.
Stollberg-Rilinger stellt die Geschichte des Reichs in großen, sehr pointiert geschriebenen Zeitabschnitten dar. Für einen groben Überblick ist dies sehr gut gelungen, sofern man die sich aus der Kürze ergebenden Einschänkungen beachtet. Im letzten Kapitel fasst die Autorin gar die grossen Linien, denen sie im Buch nachgegangen ist, nochmals auf vier Seiten in komprimierter Form zusammen. Ein Verzeichnis weiterführender Literatur ermöglicht die vertiefende Lektüre.
Wer sich also - ob nun fürs Studium, zu Recherchezwecken oder aus historischem Interesse - rasches Grundwissen über das Heilige Römische Reich Deutscher Nation in der Frühen Neuzeit aneignen muss, erhält hier die perfekte Zusammenfassung, knapp, gut lesbar und fundiert.