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 Begabte Mädchen, schwierige Jungs

Der wahre Unterschied zwischen Männern und Frauen

Autoren: Susan Pinker
Übersetzer: Maren Klostermann
Verlag: Pantheon

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Frauen stehen heute zumindest theoretisch alle schulischen und beruflichen Möglichkeiten offen. Im Allgemeinen haben Mädchen bessere Schulnoten als Jungen, und Frauen schließen oft auch an den Hochschulen besser ab.
Trotzdem sind sie in vielen Berufen nach wie vor unterrepräsentiert und gelangen auch trotz bester Qualifikationen und enormer Leitungsfähigkeit nur selten in die höchsten Ebenen; weibliche CEOs und Topmanager allgemein findet man weiterhin kaum einmal.
Ob dies an einer allen Gleichstellungsbemühungen zuwiderlaufenden Ungleichbehandlung liegt oder andere Ursachen hat, untersucht die Psychologin Susan Pinker, die seit Jahrzehnten auffällige Kinder und Jugendliche betreut und deren Biografien auch im Erwachsenenalter weiterverfolgt.
Pinker konzentriert sich in diesem Buch zunächst auf Störungen wie ADHS, Autismus und Legasthenie, die signifikant häufiger bei Jungen auftreten, und beobachtet die oft erstaunlichen Karrieren, die solche Jungen trotz Schulabbruchs hinlegen. Dann betrachtet sie das Phänomen, dass hoch- und höchstqualifizierte Frauen häufig kurz vor dem Gipfel ihrer Karriere, sei es tatsächlich ein Posten im Topmanagement oder der Rang eines Partners in einer Rechtsanwaltsfirma, komplett umsatteln und sich schlechter bezahlten Tätigkeiten widmen, die eher im sozialen Bereich liegen und ganz andere Kompetenzen erfordern als jene in Wirtschaft und Forschung. Und das hat keineswegs in jedem Fall mit dem Kinderwunsch zu tun.
Die Autorin analysiert die Arbeitswelt in den Bereichen, in denen das höchste Maß an Prestige und/oder Einkommen möglich sind, und die höchste Qualifikationen erfordern, und geht der Frage nach, ob die in diesen Sparten dominierende typisch männliche Wettbewerbsorientierung vielleicht ganz einfach der weiblichen Natur zuwiderläuft.

Viele Studien sind in das Buch eingeflossen, mit denen sich die Thesen der Autorin belegen lassen. Im Grunde handelt es sich um ein weiteres Buch mit der Prämisse "Frauen sind aus biologischer Sicht und keineswegs nur durch Erziehung anders gestrickt als Männer", doch Pinker widmet sich vor allem den Auswirkungen dieser biologischen Ungleichheit auf schulische und berufliche Erfolge sowie der Frage, ob Frauen Erfolg genauso definieren wie Männer, insbesondere nach einigen Jahren der Berufserfahrung und des Aufstiegs in Hierarchien.
Manche Erkenntnisse mag man daher zwar bereits aus anderen Veröffentlichungen kennen, doch "Begabte Mädchen, schwierige Jungs" wirft ein neues Licht auf die scheinbar stagnierenden Versuche, angemessene Frauenquoten auch in den Bereichen zu erzielen, in denen Frauen traditionsgemäß extrem oder stark unterrepräsentiert sind. Es wird zwar vorwiegend auf die Verhältnisse in der nordamerikanischen Heimat der Autorin eingegangen, doch Exkurse nach Europa zeigen, dass es dort nicht viel anders aussieht.
Biologismus in der Geschlechterfrage wird häufig stark angefeindet. Susan Pinker möchte indes weder Männer als grobe, von der Evolution auf Dominanz und Durchsetzungskraft "getunte" Primatenmännchen hinstellen noch Frauen in die Küche und ins Kinderzimmer zurückschicken. Es geht ihr darum, nachzuweisen, dass Frauen nicht einfach eine mit der Option des Gebärens ausgestattete Variante des Mannes sind, weshalb die traditionell männlich geprägte Berufswelt, vom sozialen und wenigen anderen Sektoren abgesehen, auch und gerade hoch qualifizierte und motivierte Frauen vielfach auf Dauer nicht halten kann. Die Autorin hat zwar keine Patentrezepte auf Lager, liefert aber doch interessante Denkanstöße.
Das Buch ist, nicht zuletzt dank vieler Fallbeispiele und persönlicher Interviews, kurzweilig zu lesen und bestens allgemeinverständlich. Gelegentlich stören die recht häufigen inhaltlichen Wiederholungen. Insgesamt aber handelt es sich um interessante, nicht selten verblüffende und jedenfalls ausgesprochen lesenswerte Lektüre.

Regina Károlyi



Taschenbuch | Erschienen: 13. Juli 2009 | ISBN: 9783570550984 | Originaltitel: The Sexual Paradox. Men, Women and the Real Gender Gap | Preis: 12,95 Euro | 441 Seiten | Sprache: Deutsch

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