Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Mary Higgins Clark gilt als eine der erfolgreichsten Krimiautorinnen der Welt. Kein Wunder, denn die Inspiration für ihre Geschichten nimmt sie aus dem täglichen Leben. Ob Zeitungen, Gerichtsverhandlungen oder Tatsachenberichte, nichts ist vor ihr sicher. Und so schreibt sie über Menschen, die jeder kennt und schafft es damit, eine Authentizität zu erlangen, mit der sich der Leser identifiziert.
Emily Watson, jung, ehrgeizig und selbstbewusst, bekommt einen Fall übertragen, der für ihre Karriere einen steilen Aufstieg verspricht. Als Staatsanwältin tätig, soll sie die Anklage im Mordverfahren gegen Gregg Aldrich führen, einen Mann, dem der Mord an seiner Frau Natalie zur Last gelegt wird. Der Fall erregt bereits im Vorfeld große Aufmerksamkeit, da die mit einem Oscar gekrönte Schauspielerin Natalie weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war. Mit vollem Einsatz versucht Emily alles, um den Geschworenen die Schuld des Angeklagten plausibel darzulegen. Schließlich hat sie einen Zeugen, der Gregg schwer belastet und auf den sich ihre Anklage stützt. Der Prozess läuft wie erwartet gut, die Medien sind überzeugt von der toughen Staatsanwältin und es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Gregg als Mörder verurteilt wird. Doch Gregg Aldrich streitet vehement jegliche Schuld am Tod seiner Frau ab und bei näherer Betrachtung muss auch Emily feststellen, dass ihr kriminell veranlagter Zeuge ein sehr persönliches Interesse an der Verurteilung des Angeklagten hegt. Schließlich hat er sich mit seiner belastenden Zeugenaussage eine Strafminderung im eigenen Prozess erkauft. Allmählich wachsen in Emily Zweifel, ob Gregg wirklich der Mörder seiner Frau ist, und so beginnt sie, eigene Nachforschungen anzustellen, ohne zu wissen, dass es eine geheimnisvolle Verbindung zwischen ihr und der Ermordeten gibt. Doch das ist nicht das Einzige, was ihr zunächst verborgen bleibt. Denn bereits seit einiger Zeit hat ein Psychopath die Staatsanwältin im Visier, der sie permanent beobachtet und ihrem Leben ein frühzeitiges Ende bereiten will.
Mary Higgins Clark hat mit „Denn niemand hört dein Rufen“ einen Kriminalroman geschrieben, der sich spannend und gut gespickt mit interessanten Charakteren präsentiert. Gerade die Figur der Staatsanwältin Emily Watson, die, zunächst von der Schuld des Ehemanns völlig überzeugt, allmählich ins Wanken gerät, ist äußerst glaubwürdig gelungen. Mit viel Einfühlungsvermögen schildert die Autorin deren Motivation, diesen Fall zu übernehmen, charakterisiert ihre anfängliche Sicherheit bezüglich der Schuld des Angeklagten, die sich im Verlauf des Prozesses in aufkommenden Zweifel verliert, und beschreibt die Bemühungen, dem wahren Ablauf der Tat auf die Spur zu kommen. Doch nicht nur die Charaktere überzeugen. Auch die Schilderung des Prozessverlaufes, der einen großen Teil des Buches einnimmt, ist sehr spannend und wendungsreich gelungen. Da enttäuscht es besonders, dass die Auflösung des Buches nicht wirklich überzeugt. Zu unwahrscheinlich und konstruiert kommt sie daher und lässt den Leser dann doch ein wenig verärgert zurück. Auch der Ausbau eines zweiten Handlungsstranges, in dem ein Serienkiller der Staatsanwältin nach dem Leben trachtet, ist zu viel des Guten und verwirrt, schafft es aber trotz alledem, den Leser gleichfalls an das Buch zu fesseln.
„Denn niemand hört dein Rufen“ ist ein sehr spannendes Buch, das mit einer interessanten Geschichte und glaubwürdigen Charakteren überzeugt und ein durchgängig interessantes Lesevergnügen verspricht, leider aber Gefahr läuft, etwas überladen und stellenweise zu konstruiert zu erscheinen.