Rollenspiele sind eine wunderbare Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und fremde Welten in der eigenen Fantasie zu bereisen. Dafür braucht man oft nicht mehr als ein Stück Papier, Stifte und eine Handvoll Mitspieler. Eines der bekanntesten und typisch deutschen Rollenspiele ist Das Schwarze Auge, das nun mit "Wege des Meisters" einen Leitfaden für gestresste Spielleiter herausgegeben hat.

Wegen des gut vorstellbaren Settings galt dieses Rollenspielsystem oft als typisches Einsteigerrollenspiel und versucht auch heute, trotz komplexer Regeln mithilfe diverser Einstiegsabenteuer diesen Status zu halten. Das führt aber auch dazu, dass es hierbei eine ganze Menge unerfahrener Spielleiter gibt, die, weil es kein anderer Spieler macht, ins kalte Wasser springen. Nur reicht das Lesen eines Kaufabenteuers nicht aus, um ein guter Meister zu werden. Schritt für Schritt führt deswegen dieser Ratgeber in die Geheimnisse der Kunst des Geschichtenerzählens ein.
So werden zu Beginn erst einmal die verschiedenen sozialen Strukturen der Spieler und deren Helden aufgeschlüsselt, woraus sich dann der Spielstil ergibt, an dem die meisten Mitspieler Spaß haben könnten.

Für viele Spielleiter ist es nicht einfach, andere Personen darzustellen und die Welt auszuschmücken, deswegen finden sie hier sehr viele dramaturgische kleine Tricks, die nicht aufwändig sind, aber viel bewirken können. Besonderheiten wie den Einsatz von Magie und göttlichen Wundern werden hier ebenfalls besprochen. Doch das Wichtigste ist natürlich die erzählte Geschichte. Hier versammeln sich viele kleine Aufhänger für Abenteuer, eingeflochtene Informationen aus Heldenhintergründen, passende Motivationen, thematisch erstellte Handouts und die Voraussetzungen für besonders einprägsame und wirkungsvolle Meisterfiguren. Wer eigene Abenteuer erstellen möchte, bekommt unzählige Tipps an die Hand, wie er den Aufbau planen kann, modulare Zusammenhänge erstellt und dennoch genug individuellen Freiraum lässt, da die Helden ohnehin nie so reagieren, wie sie sollen. Daran geknüpft ist auch die Vergabe von Abenteuerpunkten, die Wahl der gültigen Regeln und das prekäre Thema der Meisterwillkür. Und damit man auch fix, wenn man gerade blank im Kopf ist, eine nette Begegnung oder einen spannenden Überfall zur Hand hat, gibt es am Buchende eine prall gefüllte Abteilung mit Zufallsbegegnungen für Stadt, Land, Fluss, damit es ja nicht langweilig wird.

Wer zum allerersten Mal ein Rollenspiel leiten will oder muss, der ist mit dem Kauf von "Wege des Meisters" gut beraten. In diesem Leitfaden finden sich so viele Tipps, dass man die ganz schlimmen Anfängerfehler gar nicht machen kann, was die Spielrunde dankend zur Kenntnis nimmt. Gleichzeitig nimmt sie dem Leser auch die Angst vor der Aufgabe, da man nicht alles wissen muss, sondern lediglich immer flexibel bleiben sollte. Natürlich ist all das besonders auf das Rollenspiel Das Schwarze Auge gemünzt, doch kann es genauso gut auch auf andere Systeme übertragen werden. Schließlich sind die Spielertypen und Spielstile überall gleich, egal welches System man spielt. Schön ist auch, dass man sogar an einigen Stellen Selbstkritik an den Tag legt und zum Beispiel auch die negativen Seiten des allzu stark ausgefeilten Kampfsystems und der Sonderfertigkeiten anspricht und Lösungsmöglichkeiten aufzeigt. Behält man wenigstens die Hälfte der Tipps zur Darstellung, dem Erzeugen von Atmosphäre und der Erstellung von Abenteuern im Kopf, kann man gewiss sein, dass die Mitspieler begeistert sein werden. Ein kleines Leckerli sind dazu die eingestreuten Dork-Tower-Comics, die sehr schön bekannte Klischees und Situationen auf die Schippe nehmen und dem ganzen Text die Strenge nehmen.

Ein lohnenswerter Kauf für diejenigen, die an ihrer Spielleitung noch etwas feilen möchten und neue Inspirationen suchen. Denn nach dem Lesen ist man ein ganzes Stück klüger und kann etwas selbstbewusster in den nächsten Spielabend gehen.