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 Sanfte und mächtige Frauen aus China

Kaiserinnen, Künstlerinnen, Konkubinen


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Die chinesische Geschichte und Kultur ist den meisten Mitteleuropäern fremd. Umso weniger weiß man, und das gilt im Übrigen auch für die Chinesen selbst, über die tragende Rolle von einigen Frauenpersönlichkeiten in Chinas Politik und Gesellschaft früherer Jahrhunderte, in Religion und Kunst.
Der Sinologe Marc Nürnberger spürt sich in seinem Buch "Sanfte und mächtige Frauen aus China" solchen Frauen nach. Diese stammen aus zweieinhalb Jahrtausenden oder sind mythologischen Ursprungs wie die eingangs portraitierten Göttinnen und Unsterblichen, um die sich bezaubernd schöne Sagen ranken.
Gefolgt werden sie von den drei Kaiserinnen, die China gekannt hat: Lü Zhi und Wu Zetian, beide ausgesprochen machthungrig und dynastisch denkend, und die Kaiserinwitwe Cixi, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts an den vielen politischen Herausforderungen ihrer Zeit scheiterte.
Höchst verführerische "Femmes fatales", Konkubinen, die vor der Zeitenwende lebten und ganz offensichtlich einen zerstörerischen Einfluss auf die ihnen verfallenen Herrscher hatten, sind Gegenstand des sich anschließenden Kapitels, gefolgt von den "vier Schönheiten" aus unterschiedlichen Epochen der Geschichte, die diesen Damen an erotischer Anziehungskraft in nichts nachstanden und sich entsprechend zu platzieren wussten. Auf sie folgen vier Kurtisanen aus dem sechsten, neunten und siebzehnten Jahrhundert.
Dass auch chinesische Frauen nicht allein durch Macht und Eros berühmt wurden, beweisen die letzten drei Kapitel, deren Protagonistinnen Künstlerinnen und Gelehrte – nebst Schriftstellerinnen und einer Malerin wird auch eine Astronomin portraitiert -, führende Militärs und tragische Persönlichkeiten ab dem ausklingenden 19. Jahrhundert sind. Dass Frauen auch das China des 21. Jahrhunderts zu prägen wissen, zeigt das abschließende Interview mit einer ausgezeichneten Fotokünstlerin.

Im Vorwort und in der Einleitung wird der Leser mit der Rolle der Frau in China, zumindest, was die oberen Schichten betrifft, vertraut gemacht. Auch die Zeittafel am Ende des Buchs leistet wertvolle Dienste. So gelingt es rasch, sich in diese für den deutschsprachigen Leser exotische Welt einzufinden, vor allem, wenn man mit den Mythen der europäischen Antike vertraut ist. Denn allzu sehr unterscheiden sich altchinesische und griechisch-römische Gottheiten gar nicht, außer, dass es in China ein wenig gesitteter, zurückhaltender zugeht als auf dem Olymp.
Auch die recht skrupellosen Kaiserinnen legen, misst man sie an ihren männlichen Pendants der eigenen und der weiter westlich gelegenen Kulturen, keine wirklich außergewöhnlichen Machenschaften an den Tag. Vor allem weist der Autor, nicht zuletzt hinsichtlich der Persönlichkeit von Kaiserinwitwe Cixi, auf mögliche Geschichtsklitterung und zu prüfende Fakten hin.
Als spannende Sagen präsentieren sich all die Biografien jener Frauen, die durch Schönheit und Raffinesse Herrscher beherrschten und ganze Reiche zu Fall brachten – teils wohl durch eine Art Agententätigkeit. Und auch die im Buch portraitierten Damen aus Kunst und Wissenschaft vermögen zu beeindrucken – und jene, die als Generalin oder Volksheldin das Schicksal ihres Landes beeinflussten.
Vielleicht am meisten mag der Leser mit den Frauen aus dem letzten Kapitel zu sympathisieren, kühnen, emanzipierten Chinesinnen der letzten beiden Jahrhunderte, die sich in Politik, Kunst und Kultur hervortaten, zum Teil auch trotzig ihr eigenes Leben lebten, völlig an den Vorgaben ihrer Gesellschaft vorbei, nach denen Frauen sich zu fügen hatten.
Das Buch ist, wie bei diesem Verlag üblich, ausgesprochen hochwertig ausgeführt und attraktiv gestaltet. Zahlreiche Abbildungen bester Qualität, seien es Kunstwerke aller Art oder Fotos, vermitteln ein Bild von den Protagonistinnen, illustrieren die Texte oder ermöglichen ganz einfach eine unmittelbare Annäherung an das Thema. Die Inhalte werden bei aller Sachlichkeit kurzweilig und einfühlsam geschildert. Auch wenn die Faktenlage häufig mit Lücken ausgestattet ist – historische Frauengestalten aus China sind natürlich kein klassischer Forschungsgegenstand -, vermag es der Autor, eine ganze Reihe bezaubernder Portrait-Miniaturen bereitzustellen und so eine neuartige Sicht auf das historische und moderne China zu vermitteln.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 29. September 2009 | ISBN: 9783938045411 | Preis: 29,95 Euro | 151 Seiten | Sprache: Deutsch

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