Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Der sechzehnjährige Simon hat Epilepsie: Heute eine behandelbare Krankheit, ist im England des 12. Jahrhunderts die Fallsucht jedoch ein gesellschaftliches Todesurteil. Nachdem die Mönche von St. Pancras – deren Abt als besonders heilkundig gilt – erst einmal festgestellt haben, dass Simon von einem Dämon besessen ist, der sich durch Exorzismus allein nicht austreiben lässt, wird der junge Adlige auf eine einsame Insel verbannt.
Dort trifft er eine Handvoll skurriler Gestalten, die genauso wenig in der Gesellschaft akzeptiert werden wie er: ein freundlicher Priester, der sich für den heiligen Märtyrerkönig Edmund hält, die lebenslustigen Zwillinge Wulfric und Godric, die an der Hüfte zusammengewachsen sind, ein Bauer, der davon überzeugt ist, eine Schlange lebe in seinem Bauch, und nicht zuletzt Losian, der sich nicht an seine Vergangenheit erinnern kann, jedoch durch seine Tatkraft und Entschlossenheit zum Anführer der Schar geworden ist. Und dann gibt es noch Regy, der so gefährlich ist, dass er im Turm an einer Kette gehalten werden muss.
Als ein Sturm die Festung auf der Insel zerstört, fliehen die „Besessenen“ kurzerhand und gelangen ans Festland. Unter Losians Führung versuchen sie, im mittelalterlichen England wieder Anschluss zu finden. Dabei begegnet ihnen jedoch selten Freundlichkeit, sondern meistens Misstrauen und manchmal auch offene Gewalt. Sie müssen feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, in der Gesellschaft seinen Platz zu finden.
Was als sehr menschennahe Geschichte beginnt, weitet sich bald auf eine politisch-historische Ebene aus: Im England, das die Freunde betreten, herrscht nämlich gerade ein Bürgerkrieg zwischen den Anhängern der rechtmäßigen Königin Maude und ihrem Cousin Stephan, der ebenfalls den Thron des verstorbenen Königs Henry für sich beansprucht.
Losian muss nach und nach erkennen, dass er selbst eine tragende Rolle in diesem Konflikt gespielt hat und ihm früher oder später nichts übrig bleibt, als diese Rolle wieder einzunehmen. Er, der sich zwei Jahre lang nichts sehnlicher wünschte, als seine Vergangenheit zurückzuerhalten, erkennt bald, dass es gar nicht so leicht ist, sich dieser zu stellen ...
Rebecca Gablé verknüpft in ihrem neuen Roman geschickt die Erzählung persönlicher Schicksale mit einem Einblick in die historischen Begebenheiten der damaligen Zeit.
Die Geschichte um Losian und seine Gefährten ist unglaublich packend und ergreifend und lässt den Leser auch nach der letzten Seite nicht los. Gleichzeitig erzählt die Autorin spannend vom Konflikt zwischen den beiden Königen und vermag es, Persönlichkeiten, die seit langer Zeit tot sind, Leben einzuhauchen.
Vielleicht sind es gerade all ihre Fehler und Schwächen, die die Charaktere des Romans, allen voran Losian, der immer mehr ins Zentrum der Erzählung rückt, so lebensecht machen und dem Leser nahe bringen. Es ist einfach unheimlich packend, wie Losian nach und nach seine Vergangenheit entdeckt und sich dann auch noch mit der Person auseinandersetzen muss, die er selbst einmal war.
Der Roman „Hiobs Brüder“ sticht unter all den historischen Schmökern, die in letzter Zeit den Büchermarkt überfluten, hervor, eben weil er eine so ungewöhnliche Geschichte so gekonnt erzählt.