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Liebe und Leidenschaft sind starke Emotionen und als solche seit jeher beliebte Themen in der Kunst. Vor allem gibt es zahlreiche ausdrucksstarke Werke, die liebende, Liebe vortäuschende oder sich aus enttäuschter Liebe rächende Frauen zeigen: hingebungsvoll, provozierend oder einfach selbstbewusst erotisch, auch lasziv, sehnsüchtig, verzweifelt, sich verzehrend, fordernd, kalt berechnend, mörderisch in Eifersucht oder eben Enttäuschung.
Im Vorwort betrachtet Laure Adler die typisch weibliche Art, zu lieben, zu begehren und sexuelle Erfüllung zu suchen, zu finden und zu geben, im Kontext der Kunst, beginnend mit zahlreichen Darstellungen der Jungfrau Maria bei der Verkündigung bis hin zu Gustave Courbets "Der Ursprung der Welt" und Louise Bourgeois' Skulptur "Fillette", die eigentlich ein männliches Genital darstellt.
Der erste Abschnitt des Buchs befasst sich mit Frauen und Liebe im Zusammenhang mit Religion, Mythen und Fabeln. Den Anfang macht die steinzeitliche "Venus von Willendorf", gefolgt von diversen Darstellungen des eigentlichen Venus-Themas und etlicher großer Frauen aus der griechisch-römischen Mythologie, etwa Psyche, Ariadne und Dido, aber auch Figuren wie Francesca da Rimini, Julia Capulet und Ophelia.
Verführerinnen und Zauberinnen ist der sich anschließende Abschnitt gewidmet. Die biblische Eva, Kirke, Salome, Kalypso, Scheherazade und die anderen Frauen dieses Kapitels haben ihren aus Sicht der Männer höchst verderblichen Einfluss auf das vorgeblich starke Geschlecht gemein und wurden so auch häufig in der Kunst dargestellt. Ein weiteres Kapitel stellt Kunstwerke vor, die emanzipierte, Grenzen überschreitende Frauen darstellen, darunter Sappho, Salmakis, die sich für immer mit Hermaphrodit vereinigt, Armida, Dalís Muse Gala und Tracey Emin.
"Frauen und Macht" ist der vorletzte Abschnitt betitelt. Die schöne Helena, Judith, die Holofernes tötet, die Marquise de Pompadour, Wallis Simpson, die der Grund für die Abdankung König Edwards VIII. war, die von Andy Warhol portraitierte Jackie Kennedy und manch andere fiktive und reale Dame treten in berühmten Gemälden in Erscheinung. Abschließend werden Extreme präsentiert wie Héloïse, Camille Claudel, Picassos Muse Dora Maar, Frida Kahlo, Rita Hayworth und Marilyn Monroe: zumeist stark, etliche von ihnen dann doch gebrochen und immer mit tragischem Hintergrund.
Das reich und informativ bebilderte Vorwort zeigt bereits auf, wie sehr sich weibliches und männliches Liebes- und Erotikerleben unterscheiden und wie sehr sich die spezifisch weibliche Gefühlswelt und Sexualität emanzipieren mussten, um eine Legitimation zu erfahren, wurde doch die Erotik der Frau von den Männern als bedrohlich empfunden.
Die einzelnen Kapitel stellen überwiegend bekannte Kunstwerke aus mehreren Jahrhunderten vor, die zum jeweiligen Thema passende Frauengestalten darstellen. Meist handelt es sich um ganzseitige, immer um ausreichend großformatige Abbildungen, deren Qualität nichts zu wünschen übrig lässt. Selbstverständlich findet man auch alle relevanten Informationen zu den Kunstwerken.
Der Begleittext erzählt zum einen Hintergrundinformationen zum jeweiligen Bildthema, also beispielsweise einen kurzen Abriss des zugrunde liegenden Mythos, zum anderen Hinweise auf wichtige Details in der Bildgestaltung und eine knappe Interpretation, sodass der Betrachter und Leser die präsentierten Werke auch ohne profunde Kenntnisse verstehen und einordnen kann. Besonders interessant sind natürlich jene Motive, wie etwa Venus oder Salmakis und Hermaphrodit, von denen im Buch Ausführungen durch verschiedene Maler vorgestellt werden. An ihnen lässt sich gut erkennen, wie weibliche Verführungskraft und Erotik in unterschiedlichen Jahrhunderten – oder auch in derselben Epoche, jedoch von verschiedenen Auftraggebern oder je nach religiöser Ausrichtung von Maler oder Auftraggeber – beurteilt wurde. Es treten auch nicht nur ausschließlich europäische Werke in Erscheinung: Hosoda Eishis "Bildnis der Dichterin Ono no Komachi" etwa zeigt eine japanische Dichterin und Femme fatale aus dem 9. Jahrhundert.
Prachtvolle Abbildungen sorgsam ausgewählter Kunstwerke, so informative wie packend zu lesende Begleittexte und nicht zuletzt das nach wie vor nicht völlig tabufreie Thema, das einen starken roten Faden bildet, machen dieses Buch zu einer anregenden, aber auch nachdenklich stimmenden Lektüre.