Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Autoren haben es heutzutage schwer: Stets müssen sie gegen das Fernsehen ankämpfen, das Geschichten ins Wohnzimmer liefert, ohne dass die Menschen sich Bücher kaufen und diese lesen müssen. Eine ganz neue Art, das Terrain wieder zurückzuerobern, hat sich Philippe Djian erdacht: eine Seifenoper in Romanform, sechs Teile, von denen der erste hier besprochen wird.
Marc und David sind Brüder, Mitte vierzig und führen erfolgreich gemeinsam ein Autohaus, das sie von ihrem Vater übernommen haben. Beide leben bei Mutter Irène, die mehr und mehr dem Wermut zuspricht, und Vater Victor, beide sind sie ledig, auch wenn David eine Affäre mit der jüngeren Josianne hat. Die Beziehung der Brüder war nicht immer so einträchtig, vor zwanzig Jahren hätten die beiden sich beim Konkurrenzkampf um eine Frau fast gegenseitig umgebracht. Genau diese Frau, Édith, taucht jetzt wieder in der Stadt auf, zusammen mit ihrer 19-jährigen Tochter Sonia. Sofort sind alle wieder in Alarmbereitschaft: Irène, die Angst um ihre Söhne hat, Marc und David, die noch immer sofort von dieser Frau eingenommen sind. Und tatsächlich, sobald Édith da ist, geht alles drunter und drüber: Ein Erdbeben bringt das Geschäftsgebäude der Brüder zum Einsturz, Marc muss ins Krankenhaus. Und wie ein Erdbeben kommt Édith in das Leben der Brüder, stellt alles auf den Kopf und die Gefahr scheint hoch zu sein, dass die Geschichte sich wiederholt.
Eine Seifenoper in Romanform, allein das hört sich schon interessant an. Und genau so ist es auch, man fühlt sich an die gewöhnlichen Elemente einer Seifenoper erinnert: Die schöne ehemalige Geliebte, die Tochter mit unbekanntem Vater, das gutgehende Geschäft, die Affäre, die Schicksalsschläge, die hier gehäuft auftreten … alles ist da.
Natürlich leidet auch die Qualität des Geschriebenen darunter, dass es eine Seifenoper darstellen soll. Umgangssprachlich, platter als gewohnt, weniger abwechslungsreich und geschliffen ist die Sprache dieses Romans.
Die Charaktere selbst sind interessant, aber scheinen wenig selbstständig handeln zu können. Sie sind getrieben von ihren Leidenschaften, stürzen sich ohne nachzudenken ins Verderben, hat man den Eindruck. Als Leser sieht man den beiden Männern zu, schüttelt nur den Kopf und denkt sich: „Das ist ganz dumm, was du da machst.“ Aber man kann es ihnen ja nicht verbieten, ebenso wenig wie die Mutter, die zu drastischen Maßnahmen greift beim Versuch, ihre Söhne vor „dieser Hure“ zu schützen. Auch Édith sieht, dass ihre Anwesenheit nur wenig Gutes hervorruft, kann sich aber nicht aufhalten. Und so sieht man den Charakteren zu, wie sie umeinander kreisen, ihre Umlaufbahnen verengen und alles auf einen großen Zusammenstoß hinsteuert.
Auch wenn „Doggy Bag Eins“ nur der erste Teil einer sechsteiligen Serie ist, kann man ihn eigenständig lesen und sich erst orientieren, ob diese Art Roman überhaupt für einen geeignet ist. Wenn ja, sollte man sich die nächsten fünf Bände auch noch zulegen, wenn nicht, dann hat man wenigstens eine neue Entdeckung gemacht: Seifenopern funktionieren im Fernsehen, als Roman sind sie dann doch etwas zu anspruchslos.