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 Mehr Mut als Kleider im Gepäck

Frauen reisen im 19. Jahrhundert durch die Welt

Autoren: Julia Keay
Übersetzer: Ulrike Budde
Verlag: Piper

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Abenteuerliche, beschwerliche Reisen in nicht oder unzureichend erschlossene Gegenden der Welt waren seit jeher eine Domäne der Männer. Dies legen Biografiesammlungen von Entdeckern und großen Reisenden nahe.
Dem zum Trotz gab es jedoch vor allem im 19. Jahrhundert eine ganze Reihe unerschrockener Frauen, die entbehrungsreiche Reisen auf sich nahmen: teils aus reiner Reise- beziehungsweise Abenteuerlust, teils, weil sie sich in der "exotischen" Fremde ihren Lebensunterhalt verdienen mussten; manche auch, weil sie einer Mission, einem selbst auferlegten Ideal folgten.

Julia Keay portraitiert in ihrem Buch sieben solche Frauen. Darunter findet man zum Beispiel Emily Eden, die ihren Bruder Lord Auckland, den Generalgouverneur von Indien, auf einer langen und strapaziösen, politisch motivierten Reise durch den Subkontinent begleitet. Eine weitere Heldin des Buchs ist Kate Marsden, eine Britin, die vom schrecklichen Schicksal der Leprakranken in Sibirien gehört hat, unbedingt helfen will und so eine unglaubliche Reise durch das unwirtliche Russland unternimmt bis in den Nordosten, wo sie das trostlose Dahinvegetieren der aus den Ortschaften verbannten Leprakranken mit gewaltigem Engagement verbessert.
Unbedingt zu nennen ist auch Daisy Bates, eine Irin, die in Australien eher zufällig auf die Situation der Aborigines aufmerksam wird und jahrzehntelang verzweifelt gegen den fatalen Einfluss der Kultur der Weißen auf die australischen Ureinwohner ankämpft; sie lebt mit den Aborigines und macht eine Fülle an Aufzeichnungen über deren Kultur, Spiritualität und Sprache.

Außergewöhnlich sind alle sieben Portraits, insbesondere, wenn man sich bewusst macht, welche Rolle der Frau im viktorianischen Zeitalter eigentlich zukam. Zu diesem Frauenbild passt keine der vorgestellten Frauen, obwohl sie alle gebildet waren und aus "guten" Familien stammten, teils sogar aus dem Adel. Deutlich zeigt sich, dass sie auch sämtlich über einen sehr starken Willen und außerordentliche Zielstrebigkeit verfügten – und zumeist über ausreichende finanzielle Ressourcen.
Die Autorin hat offensichtlich aufwändig recherchiert und rekonstruiert die Lebensläufe aus unterschiedlichen Quellen. Häufig zitiert sie aus den Aufzeichnungen der Damen; im Fall der Anna Leonowens, die im Palast des Königs von Siam dessen zahlreiche Kinder und einige seiner Frauen unterrichtete, nimmt sie jedoch auch Korrekturen an deren Autobiografie vor, denn es zeigt sich, dass Anna Leonowens es mit den Fakten nicht so genau nahm, um ihre Erlebnisse noch spannender zu gestalten und ihren eigenen Stand heraufzusetzen.
Die sieben Biografien sind jedoch vor allem in unterhaltendem, nicht in wissenschaftlichem Stil abgefasst. Lebendig veranschaulichen sie, um welche Art von Persönlichkeiten es sich bei den sieben Frauen handelte, was sie an- und umtrieb, und was sie zu erdulden bereit waren, um ihr Ziel zu erreichen.

Schön wäre es gewesen, wenn wenigstens ein Foto oder malerisches Portrait jeder Protagonistin im Buch zu sehen wäre oder beispielsweise gar Abdrucke von Zeichnungen der Malerin, Schriftstellerin und Archäologin Amelia Edwards. Da dies fehlt, kann man sich kein konkretes Bild von den Heldinnen des Buchs machen, auch wenn ihre Persönlichkeiten in den Erzählungen sehr plastisch gezeichnet werden.
Hervorzuheben ist die treffliche Auswahl an weiblichen Reisenden. Ob nördliches Afrika, die Wüste Arabiens, Sibirien, Tibet, der australische Busch, Siam (heute Thailand) oder die Weiten des indischen Subkontinents: Es handelt sich um Ziele, die im 19. Jahrhundert – insbesondere für Frauen – extrem unwirtlich und schwer erreichbar waren und es zum Teil heute noch sind.
Ein spannendes Buch über außergewöhnliche Frauen und Reisende!

Regina Károlyi



Taschenbuch | Erschienen: 21. November 2009 | ISBN: 9783492257343 | Originaltitel: With Passport and Parasol | Preis: 8,95 Euro | 269 Seiten | Sprache: Deutsch

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