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Der grosse Erfolg des Lovecraft-Horrorbrettspiels
Arkham Horror hat im letzten Jahr selbst die kühnsten Erwartungen übertroffen. Bereits fünf Erweiterungen hat der amerikanische Brettspielverlag Fantasy Flights dem Grundspiel folgen lassen, alle mit Dutzenden neuer Karten, Großer Alter, Ermittler und Anlegebrettern. Der Heidelberger Spieleverlag hat sie alle auf hohem Niveau übersetzt; der jüngste Streich ist die "Kingsport Horror"-Erweiterung, die zweite Box-Erweiterung nach "Dunwich Horror".
Kingsport ist dem versierten Lovecraft-Kenner als Schauplatz von Geschichten wie "The Festival" oder "The Terrible Old Man" bekannt - ein abgelegener Küstenort mit Steilklippen und einem unheimlichen Leuchtturm. Eben diese Stadt wird als zusätzlicher Schauplatz für "Arkham Horror" erschlossen. Ähnlich wie bei Dunwich legt man ein schmales Zusatzbrett an die Arkham-Karte an und kann fortan insgesamt zwölf neue Schauplätze, zwei neue Anderswelten und die geheimnisvollen Klippen um Kingsport besuchen. Die Reise dorthin wird über die Verbindung Arkham Bahnhof - Kingsport Central Hill abgewickelt und kostet einen Dollar. In Kingsport müssen die Spieler vor allem die gefährlichen Dimensionsspalten bewachen, die sich im Lauf des Spiels öffnen, ähnlich wie Monster durch Arkham wandern können, dabei neue Monster hervorbringen und die Verderbensleiste emportreiben. Spalten können nicht erkundet werden; sie müssen durch Nachforschungen in Kingsport geschlossen werden, was natürlich den Aufenthalt mindestens eines Ermittlers in der nasskalten Küstenstadt erfordert. Die Begegnungen an den dortigen Orten, sei es die Künstlerkolonie, das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel oder die Taverne "Tau und Anker", werden wie immer durch neue Stadtkarten symbolisiert und sind sehr atmosphärisch. In Kingsport geht es deutlich ruhiger zu als in Dunwich und es bildet einen schönen Kontrast zu der Hauptkarte Arkham.
Abgesehen von Kingsport enthält der Kasten natürlich jede Menge weitere Schmankerl. Eine Handvoll neuer Monster mit neuen Eigenschaften streifen durch Arkham; einige können sich nun sogar schwimmend fortbewegen und somit an ungewöhnlichen Orten auftauchen. Acht neue Ermittler laden zum Ausprobieren ein, darunter eine Kampfsportlerin, die auch ihre Gesundheit und Ausdauer per Fokus einstellen kann, ein Politiker, der den Anstieg des Terrorlevels verhindert, oder der gehimnisvolle Träumer Luke Robinson, der das Spiel in den Traumlanden beginnt. Auf der gegnerischen Seite stehen vier neue Große Alte bereit: Eihort, Y'Golonac, Atlach-Nacha und Ybb-Tstll, alle mit sehr hässlichen Spezialeigenschaften. Auch neue Vorboten und Wächter lassen sich einsetzen; auf Seiten der Spieler greifen Bast, Nodens und Hypnos in das Spiel ein (mit jeweils eigenen Spezialkartenstapeln), auf Seiten der Großen Alten die Herren Groth und Tulzscha, wobei letzterer die Kultisten deutlich gefährlicher macht. Hinzu kommen jede Menge neue Gegenstände, Zauber und Verbündete, darunter auch so hochkarätige wie Charles Dexter Ward und Asenath Waite.
Eine neue Zusatzregel findet sich auch für den Endkampf gegen den Großen Alten. "Kingsport Horror" führt das Konzept des epischen Endkampfs ein, wobei ein neuer Kartenstapel einzelne Kampfrunden symbolisiert und dabei den jeweiligen Akteuren Boni und Mali gewährt. Der epische Kampf macht das Ende noch fordernder und glücksabhängiger und empfiehlt sich nur für eine größere Ermittleranzahl, da die Gefahr des Verschlingens immens wächst. So ganz überzeugt das Konzept nicht, doch es macht die Endphase des Spiels nochmals spannender.
Wie immer sind die Spielmaterialien sehr hochwertig, toll illustriert und überzeugen durch einen leicht trashigen Charme. Die Begegnungskarten sind natürlich wieder das Highlight der Box und bringen viele originelle Ideen und Passagen in "Arkham Horror" ein, wobei erneut die gute und fachkundige Übersetzung durch den Heidelberger Spieleverlag heraussticht. Auch das Spielregelheft ist gut gelungen und erklärt alle Zusatzregeln ausführlich und präzise.
"Kingsport Horror" enthält auf den ersten Blick nicht ganz so viel gute Ideen wie "Dunwich Horror", bringt aber eine deutlich andere Stimmung in das Spiel ein. Nicht alle neuen Zusatzregeln überzeugen; so sind etwa die Eigenschaften der Wächter etwas lasch (vor allem Bast), und der epische Endkampf wird nicht jedem Spieler gefallen. Davon abgesehen birgt "Kingsport Horror" wieder einmal reichlichen Spielspaß für Arkham-Horror-Spieler, stockt die Kartenstapel ordentlich auf und sorgt für Schweißperlen auf jeder Ermittlerstirn. Wer sich also auf die nebligen Klippen auf dem Kingsport Head begeben will, sollte sich die Box auf jeden Fall zulegen ... und ein gutes Geschenk für "Arkham Horror"-Spieler ist es obendrein.