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 Left 4 Dead 2


Cover
Gesamt +++--
Action
Anspruch
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie
Ton
„Left 4 Dead“ war zweifellos einer der größten Überraschungshits von 2008. Die Shooter-Veteranen von Valve („Half-Life“) demonstrierten einmal mehr, dass ihre Beteiligung an einem Spiel quasi als Qualitätsgarant betrachtet werden kann. So war es wenig verwunderlich, dass nach mehreren Millionen verkaufter Kopien ein Nachfolger zur Zombiehatz angekündigt wurde. Was allerdings durchaus verwunderlich war: Der Nachfolger sollte bereits knapp ein Jahr später erscheinen. Fans waren misstrauisch und unterstellten Valve, nur schnelles Geld machen zu wollen, indem sie die versprochenen (kostenlosen) Zusatzinhalte für den ersten Teil als eigenständigen Vollpreistitel unters Volk bringen möchten - eine Boykottbewegung formierte sich in der Steam-Community, an der sich binnen eines Monats 37.000 Spieler beteiligten. Die wichtigste Frage ist daher: Handelt es sich bei „Left 4 Dead 2“ tatsächlich um eine würdige Fortsetzung mit genug neuen Ideen, um sich von seinem erfolgreichen Vorgänger abzugrenzen?

An der Thematik hat sich jedenfalls nichts geändert. Es herrscht immer noch die „Zombie-Apokalypse“, Schauplatz sind immer noch die USA und der Spieler übernimmt immer noch die Rolle eines von vier (neuen) Überlebenden, um sich anschließend mit Waffengewalt den Weg durch die untote Bevölkerung der amerikanischen Südstaaten zu bahnen.

Was Kennern des Vorgängers als erstes auffallen dürfte: Die fünf neuen Kampagnen sind sichtlich größer und weitläufiger, zudem bieten sie wesentlich mehr Abwechslung, da es zum Weiterkommen häufig Mini-Aufträge zu lösen gilt. Beispielsweise möchte der Besitzer eines Waffenladens Cola aus dem Supermarkt gegenüber haben, aber sein sicheres Geschäft nicht verlassen, weshalb die vier Überlebenden eine Kiste der begehrten Limonade besorgen, damit ihr neuer Freund ihnen im Austausch den Weg ins Einkaufszentrum freisprengt. Auf einem Jahrmarkt müssen sich die Überlebenden beim Durchqueren eines „Tunnel of Love“ gegen Zombie-Clowns verteidigen, während es in New Orleans eine Autobahnbrücke zu überqueren gilt, um den rettenden Helikopter zu erreichen. Wie im Vorgänger wurden die Kampagnen herrlich unterschiedlich gestaltet. Ob Sumpflandschaft, Zuckermühle oder der idyllische Hafen von New Orleans - kein Level spielt sich wie der andere.

Auch sind Versus- und Survival-Modi wieder vertreten: Während im Versus-Modus zwei Team á vier Teilnehmer gegeneinander antreten, wobei immer abwechselnd als Infizierter oder als Überlebender gespielt wird, gilt es im Survival-Modus solange wie möglich gegen endlos anstürmende Zombiehorden auszuharren. Um den Multiplayerspaß perfekt zu machen, ließen sich die Macher bei Valve etwas Neues einfallen: den Scavenge-Modus. Wie im Versus-Modus spielen vier Überlebende gegen vier Infizierte, diesmal geht es jedoch nicht ums nackte Überleben, sondern um die Betankung eines Generators. Dazu müssen über die ganze Karte verstreute Benzinkanister vom Team der Überlebenden aufgesammelt werden. 16 Kanister werden für den sofortigen Sieg benötigt. Die Infizierten müssen ihrerseits verhindern, dass sich der Tank füllt. Klingt simpel, macht aber nicht nur eine Menge Spaß, sondern beinahe süchtig - insbesondere, weil man seinen Freunden dabei so richtig eins auswischen kann.

Für alle, denen die kooperative Absolvierung der normalen Kampagnen nicht reicht, gibt es nun den Realism-Modus. Wie der Name schon sagt, werden die Gegebenheiten dort mehr an die Realität herangeführt, indem sämtliche optische Hilfen - wie das weiße Glühen von aufnehmbaren Items oder die farbige Aura der Mitstreiter, an der man ihre Position (z.B. durch Wände oder dichtes Geäst) und ihre Gesundheit (Verfärbung von grün in gelb und rot bei Abnahme) - entfernt wurden und die Zombies - wie man es aus bekannten Genre-Vertretern des Films kennt - nur mittels Kopfschuss rasch außer Gefecht gesetzt werden können, also wesentlich mehr aushalten. Außerdem können tote Überlebende nicht mehr als einmal mit dem Defibrillator wiederbelebt werden und respawnen ausschließlich in Saverooms. Gutes Teamplay und ein funktionierendes Headset sind Pflicht, will man hier bestehen. Für „Left 4 Dead“-Veteranen speziell auf dem „Expert“-Schwierigkeitsgrad eine spannende, neue Herausforderung.

Allerdings bietet „Left 4 Dead 2“ nicht neue Modi allein, sondern erweitert das „Run and Gun“-Spielprinzip um Nahkampfwaffen. Bei diesen handelt es sich prinzipiell um Werkzeug oder Haushaltsgeräte wie Küchenmesser, Äxte oder Bratpfannen, allerdings sind auch Exoten wie Cricketschläger oder Katana darunter und natürlich darf auch die obligatorische Kettensäge nicht fehlen. Die neuen Waffen sind eine willkommende Abwechslung und ihre Nutzung bietet sich häufig mehr als die von Feuerwaffen an, deren Spektrum von vormals fünf (zwei automatische Waffen, zwei Shotguns, eine Pistole) ebenfalls erweitert wurde. Weitere Neuerungen im Bereich des Equipments sind Adrenalin-Spritzen, die dem Nutzer temporär etwas Lebensenergie zurückgeben und seine Geschwindigkeit erhöhen und in Phiolen abgefüllte Boomer-Kotze, mit denen sich die Horde ab- beziehungsweise ihre Aggression auf ein bestimmtes Ziel umlenken lässt. Ebenfalls neu sind zwei verschiedene Typen von Spezialmunition (Feuer, Explosiv), mit denen die Wirkung von Schusswaffen verstärkt wird, sowie Laser-Sights, welche deren Präzision verbessern. Zusätzlich sind alle Waffen und Items des Vorgängers wieder dabei.

Ebenso nicht fehlen durfte die aus „Left 4 Dead“ bekannte Scripting-KI, der so genannte. „AI Director“. Viel hat sich in Version 2.0 allerdings nicht getan. Zombies greifen nicht länger aus einer, sondern aus allen Richtungen an und ihr Erscheinen wurde stärker in Abhängigkeit zu den Fähigkeiten der Spieler gestellt. Valve machte im Vorfeld mit Ankündigungen wie „dynamischer Wechsel von Tageszeiten“ oder „dynamische, sich verändernde Wetterverhältnisse“ den Spielern die Münder wässrig – zu sehen ist davon leider nichts, was der hohen Qualität des „AI Directors“ aber keinen Abbruch tut.

Trotz all des Lobes blieb eine Frage bisher unbeantwortet: Ist „Left 4 Dead 2“ tatsächlich die „bessere Apocalypse“, wie auf dem Cover großspurig behauptet wird?

Für das Sequel versprach Valve, einige der dringendsten Kritikpunkte des Erstlings zu verbessern. Dies ist leider nur teilweise geglückt. Die Singleplayer-Kampagne ist, trotz zusammenhängender (aber völlig unwichtiger und fadenscheiniger) Story eine reine Alibi-Kreation, die in Wahrheit einzig zum Training für die Multiplayer-Modi dient. Dabei macht sie sogar weniger Spaß als beim Vorgänger, was an der fehlenden Intelligenz der Bots liegt. War die künstliche Intelligenz im ersten „Left 4 Dead“ noch erstaunlich gut und reagierte prompt und präzise auf Notsituationen, passiert es nun oft, dass man von einem oder mehreren Special Infected aufs Korn genommen wird, während die virtuellen Kollegen daneben stehen, zuschauen und erst dann zu Hilfe kommen, wenn man bereits einen beachtlichen Teil seiner Lebensenergie verloren hat. Das gleiche gilt für das Rettungsfahrzeug am Ende jeder Kampagne: Geht man zu Boden, lassen einen die Bots meist einfach zurück und retten sich selbst. Was sich Valve dabei gedacht hat, die fast tadellose Bot-KI derart zu verhunzen, bleibt ein Rätsel.

Ein weiterer Minuspunkt ist, dass das neue Meele-Gameplay mit Gewalt in das Spielkonzept gepresst wurde, indem man, anders als im Vorgänger, die Untoten nicht mehr unbegrenzt von sich wegstoßen kann. Nach dem dritten oder vierten Stoß dauert es immer länger, bis man wieder rempeln kann. Das heißt: Man wird quasi zur Nutzung von Nahkampfwaffen genötigt, da einem Schusswaffen wenig helfen, wenn man von einem Boomer angekotzt wird und sich daraufhin inmitten einer Zombie-Traube wiederfindet.

Auch die Grafik-Engine ist eine klare Schwäche. In „Left 4 Dead“ wurde Source-Engine an ihr Limit gebracht, im Sequel wollten die Entwickler dieses Limit sprengen, was nicht ganz gelang. Zwar sind die Lichteffekte schöner und die Texturen weicher, auch sehen die Zombies besser aus, zugleich haben sich aber zahlreiche Grafikfehler eingeschlichen und es kommt selbst auf überqualifizierten PCs zu gelegentlichen Slowdowns. Für den aufgrund des kommerziellen Erfolges quasi unvermeidlichen dritten Teil bleibt zu hoffen, dass Valve endlich eine neue Engine präsentiert, statt alte Suppe wieder und wieder aufzuwärmen, mit ein paar zusätzlichen Gewürzen zu versehen und als frisch zu verkaufen. Womit wir beim größten Kritikpunkt wären: dem Aufwärmen.

„Left 4 Dead 2“ ist „Left 4 Dead“ - die Neuerungen gegenüber Teil 1 halten sich stark in Grenzen. Die neuen Spielmodi sind amüsant und die Nahkampfwaffen zumindest eine attraktive Erweiterung, sie alle rechtfertigen aber nur dann den Preis von 50 Euro, wenn man das ursprüngliche „Left 4 Dead“ noch nicht hat. Hätte sich Valve entschieden, das Spiel zum „Nice Price“ zu verkaufen, läge der Fall anders, so hingegen dürfen vor allem Gamer mit kleinem Geldbeutel zu Recht kritisch sein, da der Vorgänger nicht bloß ein ähnliches, sondern partiell sogar ein besseres Coop-Erlebnis bietet. Manche Areale in den neuen Kampagnen sorgen für kopfloses Chaos - besondere Planung ist für ihre Bewältigung nicht erforderlich, rennen und schießen reicht. Oft hat man ohnehin keine andere Wahl, da man in Sequenzen, in denen man einen Alarm auslöst, die Horde so lange angreift, bis er deaktiviert wird - man muss sich also bis zum Kontrollpult durchkämpfen, was selten geordnet geschieht, da ein einziger gezielter Angriff reicht, um die Formation der Überlebenden zu sprengen. Der Realism-Modus macht diese Mängel nicht wett, sondern sogar schlimmer. Die Idee hinter dem kooperativen Survival-Shooter ist immer noch witzig und motivierend, aber inzwischen eben ein alter Hut.

Ferner darf die für Deutschland zu erwartende Zensur kritisiert werden. Die enthaltene grafische Gewalt wurde gegenüber „Left 4 Dead“ nochmals verstärkt, was ähnliche Veränderungen notwendig machte. Ob es der Atmosphäre schadet, ist Geschmackssache - dieser Rezensent würde es bejahen. Unabhängig davon kann man zu virtuellem Splatter stehen, wie man will, problematisch wird es aber, wenn die Eingriffe in die Gewaltdarstellung den Spieler aktiv behindern. Beispielsweise sind brennende Zombies für die Überlebenden harmlos, da sie die Flammen bei Berührung töten - sie laufen noch kurz brennend umher und fallen schließlich um. In der deutschen Version brennen die Untoten nicht mehr, sondern laufen einfach weiter und gehen im Anschluss „grundlos“ zu Boden. Im Eifer des Gefechts ist es schwierig, sie von „normalen“ Zombies zu unterscheiden, was besonders fatal ist, weil brennende Zombies in zwei Kampagnen zum Standard-Repertoire gehören. Man verschwendet also entweder Munition, indem man auf quasi besiegte Gegner feuert oder riskiert unnötige Einbußen von Lebensenergie. Hinzu kommt die schlampige Ausführung der Zensur: Für einen Sekundenbruchteil sind abgetrennte Körperteile auch in dieser Fassung zu sehen, allerdings „blinken“ sie nach der vermeintlichen Abtrennung zurück an ihren Platz. Hätte die deutsche Version zumindest eine Einstufung ab 16 Jahren erhalten, wären die Änderungen nachvollziehbar, warum aber Erwachsenen die Entscheidung, welchen Gewaltgrad sie sich zumuten möchten - in der unzensierten Fassung kann die Detailtiefe der Gewalt per Option reguliert werden, wer also kein virtuelles Blutbad sehen will, wird nicht dazu gezwungen - einfach abgenommen wird, ist völlig unverständlich.

„Left 4 Dead 2“ ist ein tolles Spiel, was kein Wunder ist, schließlich entspricht es inhaltlich bis auf einige oberflächliche Änderungen seinem Vorgänger. Zu einem gewissen Teil ist der anfängliche Protest der Steam-Community verständlich - es besteht kein Zweifel daran, dass die Fortsetzung übereilt veröffentlicht worden ist und sich ein paar zusätzliche Monate Entwicklung sicherlich positiv auf das Endresultat ausgewirkt hätten. Wer „Left 4 Dead“ noch nie gespielt hat, kann jetzt wählen, ob er das Original zum Budgetpreis oder Teil 2 mit inhaltlichen Erweiterungen zum Vollpreis zu kaufen gewillt ist. Für den Rest gilt: Wer mit dem Erstling nichts anfangen konnte, wird mit dem Sequel auch nicht glücklich, während Fans damit mehr bekommen: mehr Zombies, mehr Modi, mehr Abwechslung. Einzelkämpfern sei gesagt, dass „Left 4 Dead“ ein Multiplayertitel mit einem absolut unmotivierten Singleplayer-Modus ist, der, aufgrund der schwächelnden KI, weniger Spaß als der Vorgänger macht. Da die vorliegende USK 18-Version ohnehin nur an Erwachsene verkauft werden darf, ist es ratsam, dass sich selbige nach der Originalversion umsehen, sofern sie Wert auf ein intaktes Gameplay legen. Daran ändern auch die fünf zusätzlichen (und absolut überflüssigen) Waffen aus „Counter-Strike: Source“, die exklusiv in der deutschen Fassung enthalten sind, nichts.

Sebastian Meinke



DVD | Erschienen: 21. November 2009 | FSK: 18 | PC | Preis: 49,99 Euro | Systemanforderungen: OS: Windows 7 / Vista / Vista64 / XP, Prozessor: Pentium 4 3.0 GHz, RAM: 1 GB für XP / 2 GB für Vista, Grafik: DirectX 9 kompatible Karte (128 MB VRAM, Shader 2.0); ATI X800 bzw. NVidia 6600 oder besser, Speicherplatz: min. 7.5 GB, Sound: DirectX 9.0c kompatible Karte | Untertitel verfügbar in: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Niederländisch, Polnisch, Russisch, Spanisch, Ungarisch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch

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