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"There is no heaven on the country road" singt die Gruppe Champion im Abspann zu "Borderlands", und das passt: In diesem Ego-Shooter-RPG von 2KGames wird keine Gnade gewährt, nur der Stärkste überlebt in den rauen staubigen Weiten von Pandora. Und der Stärkste sollte tunlichst die Spielerfigur sein.
Hier hat man vier unterschiedliche Charaktere zur Auswahl, die sich auf Geheiß einer Unbekannten, von der man nur das hübsche Gesicht sieht und die angenehme Stimme hört, auf dem Planeten Pandora (auf dem es keine blauen großen Waldwesen gibt, die ihre Heimatwelt verteidigen) auf die Suche nach einer sagenumwobenen Kammer machen. Unermesslichen Reichtum erwartet denjenigen, der sie als erster öffnet. Aber die Hinweise auf den Ort, an dem sie verborgen ist, liegen auf dem Planeten verteilt und müssen erst gefunden werden. Bald macht der vom Spieler geführte Suchende auch übles Gesindel auf sich und seine Mission aufmerksam. Je mehr Hinweise gefunden werden, desto neugieriger werden die Gauner, deren Zahl sich nie zu erschöpfen scheint. Irgendwann schaltet sich auch die militärische Planetenverwaltung ein und spätestens dann wird es hart.
Aber es gibt sie noch, die mehr oder weniger normalen Bewohner, die nicht Mad-Max-mäßig die Gebiete terrorisieren, die der Spieler hier zu Gesicht bekommt. Viele von ihnen halten als Auftraggeber her und schicken den Spieler hin und her. Hinweise sammeln, Gebiete sichern, Maschinen in Gang setzen oder auch einfach das Vertrauen der misstrauischen Leute gewinnen, das sind die recht rollenspieltypischen Aufgaben, die es zu erledigen gilt. Natürlich muss man sich dafür durch Horden von Gegnern ballern, und das geschieht in der Ego-Perspektive, wenn man nicht gerade in einem Fahrzeug sitzt.
Diese Mischung aus RPG und Ego-Shooter ist gelungen umgesetzt und durchaus innovativ, auch wenn die Story Meilen von der Komplexität der meisten anderen Rollenspiele entfernt ist. Der RPG-Anteil ist auf ein Minimum beschränkt: Man kann in den Siedlungen nur mit den Gestalten sprechen, von denen man Aufträge entgegennimmt, andere lassen sich zwar ansprechen, drehen aber nur gelangweilt den Kopf. Auch ist man nicht in einer Gruppe unterwegs, wie bei Rollenspielen üblich, sondern allenfalls zu zweit (wenn man nicht online spielt), wenn noch jemand mitspielt, und man kann nicht mal eben zwischen Charakteren wechseln. Aber man sammelt erbeutete Waffen auf, kann sie verkaufen, verbessert mit Erfahrungsstufen seine Eigenschaften und so weiter.
Die Grafik ist dabei ungewohnt, weil comic- und grindhouseartig. Die Anlehnung an Mad Max äußert sich ganz deutlich in einem der Bossgegner, der Mad Mel heißt. Die Gegner werden, wie es sich gehört, mit der Zeit stärker, aber als Neuling hat man es auch am Anfang schon schwer. Man kämpft gegen Menschen, Mutanten, hundeartige Skags, Insektenwesen und fliegende Rakks, Lichtwesen und mehr und hat ein imposantes Waffenarsenal zur Verfügung, kann aber anfangs nur zwei tragen. Das ändert sich erst im Lauf der Zeit, bei bestimmten Missionen kann man auch das Inventar vergrößern, sprich, mehr Sachen einsammeln.
An die Steuerung gewöhnt man sich erfreulich schnell, weil es die gängige ist: Mit L2 zielen, mit R2 schießen, R1 wirft eine Granate und L1 aktiviert die Spezielle Fähigkeit, die jede Figur ab Stufe 5 nutzen kann. Das ist beim Soldaten Roland eine mobile Selbstschussanlage, beim Hünen Brick ein Nahkampf-Berserkerrausch, bei Sirene Lilith ein unsichtbarer Sprint, um sich aus der Schussbahn zu bringen, und bei dem kleinen wieseligen Jäger Mordecai der Falke Bloodwing, der Gegner auch in ihrer Deckung aufmischen kann. Diese Fähigkeiten sind nicht unbegrenzt einsetzbar, sondern müssen wieder aufgeladen werden – ein Prozess, den man durch Verbesserung bestimmter Eigenschaften mittels Erfahrungspunkten beschleunigen kann. Diese Punkte erhält man mit Aufstieg in eine neue Stufe. Neben der Verbesserung der Skills kann man damit auch seine Schusswaffen und Nahkampfangriffe effektiver machen, die Magazinkapazität vergrößern und mehr. Jede Figur hat da ihre eigenen Möglichkeiten.
Mit Druck auf L3 sprintet man, was ganz sinnvoll ist, da die Durchquerung eines Levels ohne Fahrzeug sonst recht lange dauert. Den Nahkampf bestreitet man mit Druck auf R3, was tatsächlich gewöhnungsbedürftig ist und nicht die beste Lösung. In das umfangreiche Menü kommt man über Select, dort gibt es auch eine Karte der aktuellen Region. Auf dem Bildschirm sieht man immer viel, einige dieser Anzeigen müssen da nicht unbedingt sein. Etwa die Leiste am unteren Rand, die anzeigt, wie weit es noch bis zur nächsten Erfahrungsstufe ist. Etwas störend ist die Anzeige der aktuellen Mission am rechten Rand, die ins Auge sticht und die Sicht nimmt. Weiterhin poppt besonders in der Einführung am Anfang am linken Rand ein Info-Textfeld auf, das die Sicht versperrt und erst nach mehreren langen Sekunden wieder verschwindet, ohne dass man es wegdrücken könnte.
Wer stirbt, taucht am letzten Speicherpunkt, an dem man vorbeigekommen ist, wieder auf. Das kostet aber Geld, also sollte man tunlichst immer welches dabei haben. Um zu verhindern, dass man stirbt, sollte man sich einen Schild zulegen, die man ebenso wie Waffen und Granaten finden und kaufen kann. Bei Beschuss leert sich erst die Anzeige dieses Ganzkörperschildes, man hat Zeit, in Deckung zu gehen, denn dort füllt sich der Schild wieder auf. Das hat einerseits zur Folge, dass man vorsichtiger wird und das Gelände gut zu nutzen lernt, andererseits bietet der Schild aber auch die Möglichkeit zu gewagten Spießrutenläufen oder einfach mal einer gezielten Draufgänger-Aktion, ohne dass man gleich haufenweise Medi-Packs schlucken muss.
Grafisch ist das Ganze detailfreudig, wobei sich Landschaften und die improvisierten Bauwerke aus Wellblech und Holz irgendwann natürlich wiederholen. Die Unreal-Engine läuft flüssig und weitgehend fehlerfrei, allein in dem Gebiet „Rust Commons East“ gab es immer wieder technische Aussetzer, die ein buntes und störendes Flackern der Himmelsgrafik zur Folge hatte. Epileptiker sollten hier nicht viel Zeit verbringen ... Diese Störungen kommen und gehen.
Im Zweispielermodus macht das Ganze noch mehr Spaß und man muss auch keine Sorge haben, dass man sich um die Gegner zanken müsste. Die Regel lautet: je mehr Spieler, desto mehr Gegner und desto stärker werden diese auch. Letzteres hat wiederum zur Folge, dass die Gegner bessere Waffen fallen lassen. Erst zu zweit macht es richtig Spaß, mit Fahrzeugen durch die Landschaften zu kurven. Online kann man sich zu einer Gruppe Spieler zusammenrotten und in den Koop-Missionen unzählige Gegner niedermähen. Hier kann man auch gegeneinander antreten: Ein Nahkampfangriff auf einen anderen Spieler reicht, um ihn herauszufordern.
Es gäbe noch einiges über dieses Spiel zu sagen. Man könnte über nervige kleine Roboter klagen, die aber einfach dazugehören, oder all die Anspielungen auf Filme wie Mad Max, Stirb Langsam und Geschichten wie Moby Dick verraten, aber da soll jeder selbst drauf kommen. Oder man könnte darüber fluchen, dass man viele Stunden Zeit damit verbringt, eine Kammer zu suchen, und sie nach dem eher banalen Endkampf nicht mal betreten darf. Immerhin, nach dem Abspann geht es weiter, man kann all die kleinen Missionen erledigen, die man zuvor geschlabbert hat.
Aber all das sind Kleinigkeiten rund um ein tolles Spiel, das einen hohen Suchtfaktor hat und für schlaflose Nächte sorgt – „Ach, wenn ich schon mal hier bin, kann ich die eine Mission auch mal eben mitnehmen“ ... und wieder eine Stunde vorbei. Die Story könnte noch etwas komplexer ausfallen, die Charakterentwicklung sich nicht nur auf Fähigkeiten beschränken, allerdings merkt man hier, dass man wie bei allen Ego-Shootern nicht eine Figur mit einer Waffe führt, sondern eine Waffe, an der eine Figur hängt. Ein ziemlich gutes Spiel, das auch viel Potenzial für eine Fortsetzung hat. Inzwischen gibt es auch zusätzliche Level, die man im PS3-Store kaufen kann und die besonders für den Online-Modus interessant sind.