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Der Band "Bildung? Bildung!" unternimmt den Versuch, in insgesamt 26 klar formulierten kurzen Thesen aufzuzeigen, welche Entwicklung die Bildung in der heutigen Gesellschaft nehmen muss. Die Herausgeber des Buchs sind zwei Hochschulprofessoren: Andreas Schlüter (Jurist) und Peter Strohschneider (Germanist), der zudem auch Vorsitzender des Wissenschaftsrats und damit ein unmittelbar handelnder hochschulpolitischer Akteur ist. Beide versammelten 24 andere Autorinnen und Autoren (bis auf zwei Ausnahmen ebenfalls Hochschulprofessorinnen und -professoren), die in ihren essayistischen Beiträgen von jeweils gut zehn Seiten grundsätzlich darstellen, wie Bildung sein sollte und auch andeuten, welche Veränderungen hierfür notwendig sind. Die Beiträge werden dabei auf eine kurze These zugespitzt, die jeweils vorangestellt ist, was die Übersicht und das Textverständnis angenehm erleichtert.
Dabei grenzt Peter Strohschneider in der Einführung das Thema dahingehend ein, dass ausschließlich die wissenschaftliche Bildung Gegenstand der Untersuchung ist. Was wie eine Präzisierung des Themas anmutet, wie es sie häufig in Einführungen gibt, bildet eigentlich schon gleich die erste (und vielleicht provokanteste?) These des Buches. Betrachtet man den eher umfassenden Titel, wird deutlich, dass die Herausgeber nur diese, nämlich die wissenschaftliche Bildung, als Bildung begreifen. Eine möglicherweise anmaßende, mit Sicherheit aber erfrischend mutige Aussage.
In die gleiche inhaltliche Richtung geht auch Michael Hüther, der in seinem Beitrag dafür plädiert, die Reformen im Zuge des sogenannten Bologna-Prozesses dafür zu nutzen, mehr Mut zu Universalität und Interdisziplinarität zu haben. So richtig das auch ist, so sehr wünscht man sich an dieser Stelle zumindest einen Hinweis darauf, wie, das heißt durch welche politischen Umsetzungsschritte, so etwas erreicht werden könnte. Aber das ist nicht Ziel der Veröffentlichung und vielleicht auch in dieser Form nicht möglich.
Margret Wintermantel analysiert – durchaus nicht ohne Selbstkritik, ist sie doch Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz -, dass die Ziele des Bologna-Prozesses bei der Umsetzung dieser umfangreichen hochschulpolitischen Reform zu sehr aus dem Fokus geraten sind.
Gerhard Roth stellt die zunehmende Hilflosigkeit der Hochschulen und der Politik gegenüber dem Phänomen der Hochbegabung fest und Jutta Allmendinger warnt vor der steigenden sozialen Selektion an den Hochschulen. Allein diese Beiträge zeigen, dass der Band die aktuellen relevanten Problemlagen an den Hochschulen in grundsätzlicher Form in den Blick nimmt und durchaus kritisch behandelt. Der Finger wird in einige offene Wunden gelegt. Seltsam mutet dazwischen der Beitrag von Christoph Markschies an, der sich einen offenen, positiveren Umgang mit Eliteförderung wünscht, sich dabei aber seltsam verklausuliert und wenig eindeutig ausdrückt.
Wie ein Fremdkörper wirkt ausgerechnet der Beitrag des Mitherausgebers Andreas Schlüter, der ein Plädoyer für die staatliche Förderung von Privatschulen hält.
Der Band stellt damit einen gelungenen Beitrag zur bildungspolitischen Debatte dar. Es ist erfreulich, dass dabei vom Bildungsbegriff als solchem ausgegangen wird und die Debatte damit grundsätzlich bleibt und sich nicht in politischen Detailfragen verliert.
Kritisch zu bewerten ist allerdings die Auswahl der Autorinnen und Autoren. Nur zwei von ihnen sind nicht selbst Hochschullehrer (aber Generalsekretäre von Stiftungen, die Forschung fördern). Dadurch wird Bildung hier ausschließlich aus dem Blickwinkel eines "Standes" betrachtet, der nur einen minimalen Anteil unter den Angehörigen der Hochschulen ausmacht. Zwar wird dadurch sicherlich formal ein hoher wissenschaftlich-qualitativer Standard gewährleistet, jedoch kann ein Phänomen wie Hochschulen, in der täglich Hochschullehrer, wissenschaftlicher Mittelbau, Studierende und administratives Personal zusammenarbeiten, nicht ausschließlich aus einem Blickwinkel eines Teils der Hochschulangehörigen betrachtet werden. Es sei denn, man will diesen speziellen Blickwinkel eben als Besonderheit der Publikation betrachten, womit man dann aber offensiver umgehen sollte.
Ist der Anspruch aber so allgemeiner und grundsätzlicher Natur, wie die Herausgeber es im Vorwort für sich reklamieren, wäre ein Beitrag beispielsweise eines Studierendenvertreters hier sicher angemessen gewesen.