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 Ein Duell

Autoren: Anton Cechov, Anton Tschechow
Regisseure: Sonja Valentin
Sprecher: Ulrich Matthes
Übersetzer: Peter Urban
Verlag: Diogenes

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Nachdem er die verheiratete Nadežda zu seiner Geliebten gemacht hat, ist Laevskij, ein 28-jähriger Petersburger Lebemann, mit ihr in eine kleine nordkaukasische Hafenstadt geflohen und hat dort eine Beamtenstelle angenommen. Arbeitsscheu und zynisch, vernachlässigt er die von ihm zu erledigende behördliche Korrespondenz und gibt sich dem Spiel, dem Alkohol und den Frauen hin. Glücklich macht ihn das allerdings nicht, und vor allem beginnt er, die Beziehung zu Nadežda als Fessel zu empfinden; er gesteht sich ein, seine Lebensgefährtin nicht mehr zu lieben, und plant, nach Petersburg zurückzukehren – ohne sie.
Die Freundschaft zum gutmütigen örtlichen Arzt verbindet ihn in gewisser Weise mit dem Zoologen von Koren, einem erklärten Sozialdarwinisten, der den oberflächlichen Laevskij – und ebenso Nadežda - aus tiefstem Herzen hasst und verachtet. Von Koren erklärt ganz offen, im Sinne einer gesunden Gesellschaft müsse man Elemente wie Laevskij, der seine Mitbürger zum Spielen und Trinken verführe und keiner produktiven Beschäftigung nachgehe, eliminieren, indem man sie töte oder zumindest in einem Arbeitslager unterbringe.
Während der hoch verschuldete Laevskij verzweifelt versucht, sich Geld für die Reise zusammenzuleihen, nutzt von Koren einen nichtigen Anlass, um Laevskij zum Duell zu fordern, in der festen Absicht, den Nichtsnutz auf diese halb legale Art ohne Konsequenzen aus der Welt zu schaffen.

Als "kleiner Roman" wird dieses Werk präsentiert, doch es bietet immerhin ein fünfstündiges Hörerlebnis, in dem sich zwischen den Protagonisten und einigen weiteren Figuren höchst komplexe Beziehungen entwickeln.
Typisch für Čechov sind seine Darstellungen der bürgerlichen Lebenswelt des Russlands seiner Zeit, der letzten Jahrzehnte des Zarenreiches. Auch in "Ein Duell" wird die Gesellschaft kritisch portraitiert, freilich anhand extrem anmutender Charaktere. Zwischen den beiden Antipoden von Koren und Laevskij, dem Sozialdarwinisten, der von der Heranzucht einer Menschheit träumt, in der jeder seine Aufgaben optimal erfüllt, und dem Schmarotzer auf Kosten der Gesellschaft, stehen der gemeinsame Freund und Arzt, ein gutmütiger Kerl, ein Diakon, der nicht recht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll, Nadežda, tendenziell nymphoman, die vom Polizeichef der Stadt um Liebesdienste erpresst wird, und andere mit spitzer Feder gezeichnete Figuren. Außer mit dem polterig-liebevollen Arzt dürften die meisten Leser mit keinem der Charaktere recht warm werden, was Čechov freilich beabsichtigt.
Die Handlung entwickelt sich zunächst etwas schleppend und wird gelegentlich ziemlich breit ausgewalzt. Erst nach einiger Zeit kommt gewissermaßen Fahrt auf, und schließlich entwickelt sich die Geschichte fulminant und vielschichtig zum kurz vor Schluss angesiedelten Höhe- und Wendepunkt hin: dem Duell.
Ulrich Matthes versteht es vorzüglich, Čechovs kleinen Roman als packendes Hörbuch zu präsentieren. Er liest nicht einfach vor, sondern schlüpft stimmlich ganz exzellent in die verschiedenen Rollen und lässt alle Figuren lebendig werden, verleiht ihnen Eigenheiten und wirkt dabei doch nie manieriert. So wird das Zuhören trotz der erwähnten anfänglichen Gemächlichkeit der Textvorlage an keiner Stelle langweilig.
Ein interessantes Stück Weltliteratur in einer ausgezeichneten, hochwertig aufgemachten Hörbuchedition!

Regina Károlyi



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 26. Januar 2010 | ISBN: 9783257802702 | Laufzeit: 302 Minuten | Originaltitel: Duel' | Preis: 24,90 Euro | Sprache: Deutsch

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