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Wer wollte nicht schon immer einmal Mäuschen spielen und in die Küche von Heidi und ihrem Großvater hinein schnuppern? Das Heidi-Kochbuch von Dorothea Binder bietet eine schöne Gelegenheit dazu.
52 Schweizer Rezepte sind in dem Band versammelt, angereichert mit Illustrationen von Hannes Binder. Zur guten Übersicht sind die Gerichte in die Sparten Suppen, Mittag- und Abendessen, Zwischenmahlzeit und Desserts eingeteilt, wobei das Buch ganz am Ende noch mit einem Menüvorschlag für ein Festessen mit Freunden aufwartet. Die Mengenangaben sind immer für vier Personen gemacht, nur das Menü wurde für sechs Personen berechnet. Die Zutaten für die meisten Gerichte finden sich oft in der eigenen Küche, so dass es keiner extra Einkaufstour bedarf und auch einmal spontan ein Rezept nachgekocht werden kann. Die am häufigsten benötigten Lebensmittel sind hierbei Kartoffeln, Brot, Sahne, Käse und Eier, außerdem frische Kräuter.
Der Charme des Buches besteht in der liebevollen Gestaltung des Inhaltes, wobei die Rezepte nur einen Teil des Gesamteindrucks ausmachen. Die Rezepte selbst sind in einer sehr schönen, ansprechenden Weise geschrieben und die einzelnen Schritte können auch von Kindern gut nachvollzogen werden. Jedes Rezept ist zudem mit verschiedenen Illustrationen aus Heidis Welt versehen. Zwar sprechen die Bilder eher Erwachsene als Kinder an, dennoch tragen sie stimmig zum Gesamtbild bei. Zu jedem Rezept gibt es eine kleine Einleitung und einen Abschluss, in welchem Heidi, der Großvater und manchmal auch der Geißenpeter zu Wort kommen.
Die Rezepte sind alle sehr einfach gehalten und können so auch, mit etwas Unterstützung, von Kindern gut nachgekocht werden. Schade ist nur, dass die Kochanleitungen viel zu oft allein den Großvater ansprechen und Heidi kaum mehr zugetraut wird, als die Suppe umzurühren oder eine Auflaufform auszubuttern. Da sich das Kochbuch laut Altersempfehlung an acht- bis neunjährige Kinder richtet, hätte diesen hier deutlich mehr Platz zum Mitkochen eingeräumt werden können. So ist Gemüse zu schälen oder klein zu schneiden auch schon deutlich jüngeren Kindern zuzutrauen, und der Spaß am Kochen steigt mit den Möglichkeiten, sich selbst einzubringen. Zudem werden durch die aktive Beteiligung die grob- und feinmotorischen Fähigkeiten der Kinder gefördert und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten unterstützt.
Etwas enttäuschend ist, dass es bei der Auswahl der Rezepte nur wenig Abwechslung gibt. Von kleinen Ausnahmen wie der "Ferien-Suppe mit frischem Bergheu", der "Richtigen Geburtstagstorte mit einer Großvaterhand voll Blüten" oder den "Versteckten Geißenkäsli mit Blüten und Blättern der Kapuzinerkresse" abgesehen, sind sich viele Rezepte sehr ähnlich und weichen nur gering von einander ab. Hinzu kommt, dass die Gerichte sehr reichhaltig und schwer sind und nicht unbedingt dem Verständnis von gesundem Essen entsprechen, an das auf dem Einband appelliert wird. So bestehen die meisten Speisen aus Brot vom Vortag, Kartoffeln, Käse und Ei, wobei auch noch in beinahe jedem Rezept reichlich Butter verwendet wird. Nach Gemüse in den Rezepten muss man suchen, denn die meisten kommen ohne aus, und es werden auch keine Beilagen vorgeschlagen. Im Gesamten erinnert das Kochbuch an eine Rezeptsammlung aus Krisenzeiten, in welchen alle Lebensmittelreste verwertet werden mussten und mehr Wert auf Sättigung als auf Ausgewogenheit gelegt wurde.
Das Heidi-Kochbuch kann die Küche durchaus bereichern, gerade auch dann, wenn man nach Anregungen sucht, übrig gebliebene Lebensmittel weiter zu verwerten. Allerdings würde vielen Speisen etwas weniger Butter und Sahne und dafür etwas Gemüse gut tun. Bei den interessanten Rezepten mit spannenden Zutaten wie Bergheu und Blüten stellt sich leider die Frage, wo man diese heutzutage noch herbekommen kann. Die wenigsten Leserinnen und Leser werden in der unbeschwerten Welt der Heidi leben, wo man die frischen Blüten einfach draußen vor der Tür sammeln kann. Vielmehr stellt sich die Frage, ob man die Blumen auf der Wiese oder im Park einfach unbesorgt pflücken kann oder ob diese nicht mit Pestiziden belastet oder anderweitig verunreinigt sind.
Für die deutschen Heidi-Fans wäre es eventuell hilfreich gewesen, ein Glossar am Ende des Buches zu finden, anhand dessen sich Begriffe wie Znüni, Zvieri und viele weitere mehr klären ließen. Die Benutzung der Schweizerdeutschen Bezeichnungen trägt zwar ungemein zum Charme dieses Buches bei, aber erschwert manchmal auch das Verständnis.
Alles in allem ist das Heidi-Kochbuch eine schöne Ergänzung zur täglichen Küche, als Geschenk für alle großen und kleinen Heidi-Fans, und vielleicht auch besonders für alle Großeltern, die gerne einmal mit ihren Enkeln Gerichte aus der guten alten Zeit nachkochen möchten.