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Der neue Trend paranormaler Romane bringt neben unzähligen Vampir-Titeln nun auch immer häufiger Bücher, in denen Engel eine Rolle spielen, auf den Markt - wobei die Engel in "Angelus" eigentlich gar nicht im Vordergrund stehen, sondern die von ihnen mit Menschen gezeugten Cherubim.
Der junge Kunsthistoriker und Maler Verlaine erhält von Percival Grigori den Auftrag Material über Zusammenhänge zwischen Abigail Rockefeller und dem Kloster der Heiligen Rosa in New York ausfindig zu machen. Verlaine ahnt nicht, dass sein Auftraggeber einer der mächtigsten Cherubim-Familien angehört und mit seinen mehr als 200 Jahren in der Blüte seiner Jahre steht. Das Erbe der Cherubim hat sich in den Tausenden Jahren ihrer Herrschaft auf der Erde immer mehr mit dem der Menschen verwässert. Es kam zu unheilbaren Krankheiten, die wie bei Percival Grigori zum Absterben der Flügel, zum Zerfall des Körpers und schließlich zum Tod führen. Die Cherubim hoffen aber auf ein Heilmittel: ein himmlisches Musikinstrument - eine Leier. Diese soll sich seit alten Zeiten in einer Höhle befunden haben, in der die gefallenen Engel nach der großen Schlacht im Himmel verbannt worden sein sollen. Die Leier wurde im 20. Jahrhundert geborgen und die Cherubim haben die Spuren bis zum Kloster der Heiligen Rosa und der verstorbenen Agibail Rockefeller verfolgt.
Im Kloster der Heiligen Rosa lebt die junge Nonne Evangeline. Aufgrund der großen Engelsammlung des Klosters zieht es immer wieder Sammler und kuriose Gestalten an - das Kloster aber ist nicht öffentlich zugänglich. Nicht schlecht staunt daher Evangeline, als plötzlich der Autor eines Schreibens, der um die Erlaubnis das Kloster zu besuchen bat, in der klostereigenen Bibliothek vor ihr steht und sie nach Briefen von Abigail Rockefeller fragt. Gerade hatte sie einen von diesen merkwürdigen Briefen im Archiv entdeckt ...
Der Roman ist in drei "Sphären" unterteilt. Im ersten konzentriert sich die Handlung auf die Familie Grigori, die Nonne Evangeline und den von Grigori angeheuerten Verlaine. Zu Beginn kann das Buch fesseln, der Leser ist interessiert an dem erfrischend neuen Thema - wer oder was sind die Cherubim, wie leben diese, welche Einflüsse hatten sie auf die Menschheit, an welcher Krankheit leidet Percival Grigori? Schnell stellen sich die Cherubim als machthungrige, über Leichen gehende, bösartige Kreaturen heraus, die die Menschen schon seit Jahrtausenden unterjochen - mal mehr, mal weniger offensichtlich.
Evangeline ist ein interessanter Charakter, auch wenn es einen wundern kann, warum sie die einzige Nonne im Kloster ist, die sich der modernen Welt nicht verschließt. Dass Nonnen viel aktiver an dem Leben außerhalb des Gottesdienstes teilnehmen, ist kein Geheimnis. Das in diesem Buch propagierte Nonnenbild ist schlichtweg angestaubt, klischeebelastet und nicht zeitgemäß.
Im zweiten Teil erfährt der Leser die Geschichte über die Expedition zur Bergung der Leier, Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts. Dieser Teil ist gespickt von pseudowissenschaftlichen Beschreibungen, was die Spannung, die anfangs so gut aufgebaut wurde, jäh in den Abgrund reißt. Die Rolle der jungen Evangeline wurde kurzerhand mit der von Celestine ersetzt, die heute im Kloster der Heiligen Rosa ihren Lebensabend verbringt, damals aber als junge Studentin der Angelologie an der Expedition teilnahm. Viel zu häufig enthält der Text an Vorträge erinnernde Passagen, die die Theorien der Angelologen und Musikologen ausbreiten.
Die dritte "Sphäre" bringt die Handlung dann wieder ins heutige New York zurück, was aber leider die sich mittlerweile breitgemachte Langeweile nicht mehr vertreiben kann. Die Geschichte beginnt immer mehr konstruiert zu wirken. Zu viele Zufälle führen dazu, dass Evangeline auf weitere Spuren trifft. Ein sehr großes Manko ist außerdem, dass die agierenden Figuren immer dümmlicher wirken. Die Lösungen für die konstruierten Rätsel sind meist so offensichtlich und auch die nächsten Handlungsschritte bis hin zum Ende des Romans sind für den Leser so leicht ersichtlich, dass man sich fragen mag, warum die Protagonisten denn eigentlich so langsam und träge sind. Es fühlt sich ein wenig so an wie in einem Gruselfilm, in dem die Hauptdarsteller unbedingt allein und im Dunkeln schaurigen Geräuschen nachforschen müssen, obwohl ihnen klar sein müsste, dass sie damit zum Opfer werden. Aber da macht es zumindest Spaß, das mit anzusehen. In diesem Roman ist dies nicht so, es strengt zum Ende nur noch an, man möchte endlich fertig werden. Obwohl der Handlungsstrang im Buch abgeschlossen wurde, lässt das Ende (leider) alles für eine Fortsetzung offen.
Wer seit jeher ein großes Interesse an Engeln und deren Nachkommen hat, wird an diesem Buch nicht vorbeikommen, allen anderen sollte, wenn es denn unbedingt dieser Roman sein soll, besser das Hörbuch empfohlen werden. Durch die starke Kürzung kommt dies hoffentlich nicht mehr mit ganz so vielen "wissenschaftlichen" Details daher.