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Es passiert mitten in der Nacht auf einer Überfahrt nach Europa: Das Schiff, auf dem sich die junge Journalistin Anna befindet, kollidiert in der Dunkelheit mit etwas und beginnt rasend schnell zu sinken. Anna hat Glück im Unglück – sie findet sich im Wasser wieder, an eine Holzplanke geklammert und in Gesellschaft des offenbar einzigen weiteren Überlebenden, einem ruppigen jungen Mann namens Lex. Gemeinsam können Anna und Lex sich auf ein Segelschiff retten, das am Horizont auftaucht. Doch die Freude über diese glückliche Fügung währt nur kurz: Von der Besatzung gibt es keine Spur, alles scheint merkwürdig verlassen. Bald beginnen Anna grausige Visionen von einem kleinen Mädchen zu quälen – entpuppt sich ihre vermeintliche Rettung als Geisterschiff ohne Ausweg?
„Black Sails – Das Geisterschiff“ orientiert sich an einer wahren Begebenheit, nämlich an der Geschichte der berühmten „Mary Celeste“, die im Jahr 1872 vollkommen verlassen zwischen Portugal und den Azoren treibend gefunden wurde. Bis heute ist nicht klar, was damals passierte, und um die Mary Celeste ranken sich viele gruselige Geschichten. Die Entwickler von Deck 13 Interactive, die sich bisher durch die humorvollen Adventures "Jack Keane" und "Ankh" einen Namen gemacht haben, wagen hier erstmals ein Point-and-Click-Adventure voller Spannung und Grusel. Der Spieler steuert Anna durch das 3D-Setting und erkundet das unheimliche Schiff, auf dem sich keine Menschenseele zu befinden scheint.
Annas Begleiter, der mies gelaunte Lex, kann nicht gespielt werden, ist aber stets zur Stelle, wenn bissige Dialoge ausgetauscht werden. Dabei reagiert Lex auch darauf, wie Anna sich verhält – also ob sie ihm schnippische Retourkutschen gibt oder ob sie sich höflich verhält, auch wenn er ausfallend wird. Der Spielverlauf wird durch diese Dialogoptionen nicht entscheidend beeinflusst. Kurz vor Schluss, beim entscheidenden finalen Dialog, macht es aber sehr wohl etwas aus, welche Antworten man wählt. Je nach Auswahl sind drei verschiedene Enden des Spiels möglich. Die Ankündigung auf der Hülle "Ende des Spiels hängt von den Entscheidungen des Spielers ab" ist aber eher eine kleine Mogelpackung - bis auf besagten Enddialog spielt es keine Rolle, was man tut.
Das Setting – die Handlung spielt sich ausschließlich auf dem unheimlichen Geisterschiff ab - ist durchaus liebevoll designt, die einzelnen Räume von der Messe bis zur Kapitänskajüte wurden angemessen schaurig-schön in Szene gesetzt; es hätten allerdings ruhig noch mehr Räume sein dürfen, denn allzu rasch hat man das komplette Schiff erkundet. Die 3D-Grafik wirkt insgesamt, gemessen an anderen aktuellen Titeln, leider etwas überholt, die Konturen sind viel zu kantig, die Figuren bewegen sich teilweise unbeholfen. Häufig steht sich Anna selbst im Weg (oder die Kameraperspektive nervt), und oft sind Items oder Türen aus bestimmten Blickwinkeln schlecht zu sehen, so dass man mehrfach im Kreis trippelt, um alles ins Blickfeld zu kriegen. Man kann sich per Click die Hotspots in einem Raum anzeigen lassen, was teilweise auch wirklich nötig ist, weil "Black Sails" passend zum Thema sehr düster ist; manchmal sieht man einfach nichts und hätte Anna gerne eine Kerze oder Fackel herbeigewünscht.
Die Rätsel, Herzstück eines jeden Adventures, sind gelungen und die meiste Zeit auch logisch und nachvollziehbar. Es lohnt sich, alle eingesammelten Gegenstände im Inventar nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen – oft verbirgt sich mehr hinter einem Item als man auf den ersten Blick sieht. „Black Sails“ hat leider ein paar kleine Bugs, die zwar den Spielspaß nicht erheblich stören, die aber unsauber wirken – etwa wenn Anna auf einmal mitten in der Luft schwebt oder wenn sie einfach ein Zimmer betritt, das vom Spielverlauf her noch gar nicht betreten werden kann.
Die in den letzten Monaten veröffentlichten Point-and-Click-Adventures bewegten sich dramatisch zwischen extrem gut (etwa „The Whispered World“) und extrem schlecht („15 Days“ – optisch wunderschön, spielerisch ein böser Flop). „Black Sails“ ist irgendwo dazwischen anzusiedeln. Es macht Spaß, das unheimliche Schiff zu erkunden, die Hintergrundstory kann durchaus fesseln und legt vor allem gegen Ende hin deutlich zu, was Spannung und Dramatik betrifft; bei den Sounds und der Synchronisation haben die Entwickler ein gutes Händchen gehabt. Die Grafik und die Bewegungen der Figuren können aber nur bedingt überzeugen und wirken bereits jetzt in die Jahre gekommen. Mit nur sechs Kapiteln (wobei das letzte nur extrem kurz ist) und einem recht leichten Schwierigkeitsgrad bietet „Black Sails“ leider nur eine Spieldauer von wenigen Stunden (etwa fünf); dafür ist der Preis von knapp 26 Euro aber fair. Für Point-and-Click-Zocker, die mal ein unverbrauchtes Szenario ganz ohne flapsigen Humor spielen wollen, dafür aber mit dem einen oder anderen kleinen Schock-Moment, ist dieses Spiel aber eine gute Empfehlung und verkürzt die Wartezeit auf die nächsten, schon länger angekündigten Titel wie „The Book of Unwritten Tales: Die Viehchroniken“ oder „Haunted“ definitiv!