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Ein Segelschiff kreuzt auf dem Pazifik. Ein Eingeborener schreit laut auf: Schiffbrüchige! Den brutalen Kapitän Rasputin ärgert es, dass die zwei jungen Leute geborgen werden. Er hätte sie den Haien überlassen. Doch der junge Cain und das Mädchen Pandora sind Kinder eines bekannten Milliardärs. Für Rasputin ist klar, dass er für die beiden ein ordentliches Lösegeld verlangen kann. Nur wenig später treibt abermals etwas durch die ruhige See. Auf einem Floss gefesselt liegt Corto Maltese, ein Rasputin nur allzu bekannter Ausländer, der überall seine Finger mit im Spiel hat. Corto erzählt, dass seine meuternde Mannschaft ihn ausgesetzt hat.
Der jähzornige und skrupellose Kapitän würde am liebsten das Mädchen missbrauchen und den Jungen ins Meer werfen, doch Corto kann ihn zurückhalten. Er scheint, obwohl Pirat und gemeinsame Sache mit Raputin machend, ehrenhafte Motive zu haben, die Jugendlichen zu retten.
Die Mannschaft des Segelschiffes kapert kurze Zeit später einen britischen Kohlefrachter. Im Vorfeld des ersten Weltkrieges befinden sich deutsche und englische Truppen in einer Art Lauerstellung, um sich für die bevorstehenden Auseinandersetzungen eine gute Ausgangposition zu verschaffen. Da Rasputin mit den Deutschen paktiert, tötet er kaltblütig die gesamte Mannschaft des Frachters. Corto ist entsetzt, kann die Morde aber nicht verhindern. Rasputin bricht auf, um sich mit den Deutschen in Verbindung zu setzen, Corto Maltese beaufsichtigt die Geiseln.
Ein Sturm bricht über das kleine Segelboot herein. Pandora schießt bei einem Fluchtversuch auf Corto. Rasputins Gehilfe, ein Eingeborener, rettet die Kinder und Corto und segelt zum Treffpunkt. Dort erwartet sie ein deutsches U-Boot und Rasputin. Wieder rettet Corto Pandora, diesmal vor Rasputin und dem deutschen Leutnant. Ziel aller ist eine geheimnisvolle Insel. Dort versteckt sich der wahre Herrscher dieses pazifischen Inselreiches: "Der Monaco". Dieser uralte und grausam über alle herrschende Unbekannte entscheidet über Leben und Tod von Cain, Pandora, Rasputin und Corto. Doch das Abenteuer hat gerade erst begonnen.
1967 begann Pratt mit seiner "Südseeballade". Dieser Abenteuerzyklus wird, in verkleinertem Maßstab und neu koloriert, komplett in dem vorliegenden Band der FAZ-Comic-Edition abgedruckt.
Nach der interessanten und sehr ausführlichen Einleitung dieses Bandes, die sowohl Corto Maltese, als auch seinen Zeichner und Autor beleuchtet, wird dieses riesige, seitenstarke Abenteuer in seiner ganzen Pracht geboten. Die eher simplen, detailarmen und künstlerisch stark auf wesentliche Striche reduzierte Geschichte ähnelt eher einem Roman als einem Comic. Die Geschichte ist entgegen der Gewohnheit der Comicleser konzipiert. Keine schnellen Antworten oder Handlungselemente, sondern eine wechselvolle, immer wieder abschweifende Abenteuergeschichte rund um den schwierigen Charakter Corto Maltese wird gesponnen. Nie hat man das Gefühl, den Verlauf erahnen zu können, immer passiert Unvorhergesehenes und Überraschendes. Die Bilder sind sehr gewöhnungsbedürftig. Da sie eher der emotionalen Aussage der Geschichte und den affektiven Zielen der abgebildeten Personen verpflichtet sind, wirken die Gesichter auf jedem Bild anders, oft stark verfälscht in ihrem Ausdruck. Charakter und Ziel der Menschen werden sehr viel deutlicher als Gesichtsschnitt oder körperliche Merkmale. Der Text ist entsprechend knapp und oft mit Imperativen und Schlagworten versehen. Erläuterungen, die die Geschichte erklären und die Hintergründe beleuchten, sucht man vergebens.
Doch diesem Stil entsprechend verbleiben die Handelnden in ihrer eigenen Sphäre. Eine Identifikation des Lesers mit ihnen fällt schwer, wirkliches Interesse am Schicksal der Personen kommt nicht auf. Die vordergründige Beliebigkeit der Handlung hält den Leser auf Abstand und nur sehr langsam erschließt sich der Facettenreichtum der Geschichte. Der absolut nicht einsteigerfreundliche Aufbau des Abenteuers schreckt ab und lässt ein Mitfühlen oder gar Mitleiden nicht zu. Das wird durch den stark simplifizierenden Zeichenstil noch verstärkt. Auch gefällt mir die extreme Charakterzeichnung der Protagonisten wenig. Rasputin ist wirklich ein Teufel und Corto scheint ein Engel in Gestalt eines Piraten zu sein. Auch die Verwendung der schicksalsschwangeren Namen Cain und Pandora, vom Autor bewusst gewählt, legt die Personen von Anfang an auf eine bestimmte Zielrichtung fest. Daneben ist die klischeehafte Darstellung der Deutschen, Engländer und Eingeborenen für den Fortlauf der Geschichte eher hinderlich.
Fazit: Das hochgelobte Kultobjekt "Südseeballade" kann mein Herz nicht erwärmen. Zu viele Schwächen weisen die Geschichte und der Stil des Autors in meinen Augen auf. Doch für Fans und Kenner Pratts ist dieser Band ein absolutes Muss. Die gesamte Südseeballade in perfekt passendem Format und neuer, eleganter und zur Geschichte passender Kolorierung sind für nicht mal fünf Euro ein wahres Schnäppchen. Auch wenig bewanderte Comic-Leser sollten einen Blick riskieren, das Abenteuer ist spannend und abwechslungsreich.