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Dachte man früher, Fotos würden einfach nur die Wirklichkeit abbilden, hat der Einsatz von moderner Technik diese Ansicht endgültig widerlegt. Inzwischen werden Fotos ebenso komponiert wie Bilder und können alles zeigen: von der genauen Wiedergabe der Realität bis hin zu Fantasiewelten. Fotos haben so auch eine ganz eigene Bildsprache entwickelt, unabhängig vom technischen Aufwand, mit dem sie hergestellt wurden – und gelten inzwischen als Ausdrucksform einer der populärsten modernen Künste.
Eine Übersicht über den aktuellen Kunstmarkt im Bereich Fotografie stellt Susan Bright in ihrem Buch "Art Photography Now" vor, erschienen in der Edition Braus.
Nach einer Einführung über die Geschichte der Fotografie als Kunstform, in der man auch lernen kann, wie lange es das Thema Bildmanipulation schon gibt, ist das Buch in sieben Bereiche geteilt:
• Porträt: inzwischen einer der komplexesten Bereiche der modernen Fotografie, der sich stark von seinen kommerziellen Ursprüngen entfernt hat und heute eher Fragen der Identität thematisiert. Zu finden sind unter anderem Fotos von Cindy Sherman, Tina Barney und Sam Taylor-Wood.
• Landschaft: Landschaftsbilder sind eng verbunden mit der Entstehung der Kamera, Entdeckungsreisen und der Kolonialisierung. Heute müssen Landschaftsaufnahmen nicht mehr von exotischen Ländern handeln, sondern können Industrieruinen zeigen wie bei Joel Sternfeld oder die Folgen der modernen Konsumgesellschaft wie bei Andreas Gursky.
• Erzählung: oder auch "inszenierte Fotografie" kommt nach Aussage der Autorin der zeitgenössischen Kunstfotografie am nächsten. Erzählen lässt sie in diesem Kapitel unter anderem Gregory Crewdson, die russische Gruppe AES&F und Wang Qingsong.
• Gegenstand: dieser Bereich hat viel mit Fetisch und Besessenheit zu tun. Das fotografierte Objekt wird zum eigenen Anliegen und kann so durch den Fotografen eine völlig neue Bedeutung bekommen, wie die Formen bei Hiroshi Sugimoto oder die Räume von Thomas Demand.
• Mode: sicher einer der kommerziellsten Aspekte der modernen Fotografie. Dabei kann man Kunst und Mode nicht voneinander trennen. Es gibt Grauzonen und Übergänge, wie man zum Beispiel bei Nick Knight oder Mert and Marcus sehen kann.
• Dokument: jedes Foto ist auch immer ein Dokument, doch häufig vertrauen wir den Bildern zu sehr. So wollen Künstler häufig wissen, wie das Foto als Dokument funktioniert und dabei nicht selten seine Autorität in Frage stellen. Als Beispiele werden hier unter anderem Alexander Apostól und Luc Delahaye angeführt.
• Stadt: Fotografie kann der Welt Ordnung und Struktur verleihen, sie kann aber auch Dokument sein oder Porträt – eine Bestandsaufnahme. Gezeigt werden hier Bilder von Gabriele Basilico, Richard Wentworth und Paul Graham.
Wer sich für moderne Fotografie interessiert, wird einige der Namen kennen, die in diesem Buch vorkommen. Gleichzeitig ermöglicht Susan Bright aber auch, sich dem Thema zu nähern und die aktuelle Kunstfotografie erst kennen zu lernen. Die Einführungen zu den einzelnen Kategorien geben eine gute Erklärung zu den Themen, mit denen sich die Fotografen beschäftigen. Die Erklärungen zu den einzelnen Künstlern und deren Werk gibt einen Einstieg in deren Werk. Die Auswahl der Bilder ist abwechslungsreich, von Hochglanz zu grobkörnigen Schnappschüssen lässt sich hier alles finden. Eigen ist den vorgestellten Fotos nur, dass sie alle auf ihre Art befremdlich wirken, man sich an ihnen reiben kann. Die Künstler werfen Fragen auf und provozieren – mit einem einzigen Bild.
Abwechslungsreich ist auch der Aufbau des Buches. Von einem Bild bis hin zu mehreren Seiten reicht die Präsentation der Künstler. Man findet viele großformatige Aufnahmen, aber keine einheitliche Bildergrößen.
Trotzdem ist die Qualität des Softcover-Bandes durchgängig hoch.
Wer sich einen Überblick über die aktuelle Kunstfotografie verschaffen möchte, sollte "Art Photografie Now" eines Blickes würdigen.