Im März 2010 eröffnete das Römisch-Germanische Museum Köln die Ausstellung "Fundgeschichten", die am 16.04.2011 nach Herne weiterziehen wird und dort im LWL-Museum für Archäologie bis zum 20.11.2011 zu sehen sein wird.
Das hier besprochene Buch dient einerseits als Ausstellungskatalog, zum Anderen ist es Band 9 der Schriften zur Bodendenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen.
Nach Grußwort und Einleitung wird das Thema in etlichen hochwertigen Essays vorgestellt, deren reiche Bebilderung vor allem Fotos der Exponate umfasst. Zunächst findet man Texte, die sich mit den in Nordrhein-Westfalen gemachten Funden und deren archäologischem und historischem Kontext in unterschiedlichen Epochen befassen – von den Steinzeit-Abschnitten über die Metallzeiten und die römische Kaiserzeit sowie verschiedene Abschnitte und Aspekte des Mittelalters bis ins industrielle Zeitalter hinein.
Weiterhin geht es um die naturwissenschaftlichen Methoden und archäologischen Herangehensweisen, um Wege, die archäologischen Fundstätten Nordrhein-Westfalens zu erkunden, und um diverse Museen sowie Projekte in diesem Bundesland.

Der eigentliche Katalog hat einen wesentlich geringeren Umfang als der umfassende Essay-Teil. Er enthält Abbildungen weiterer Exponate - zu denen übrigens auch paläontologische und paläobotanische Funde gehören wie versteinerte Dinosaurierfährten, Zähne urzeitlicher Elefanten und aufschlussreiche Pflanzenreste, meist aus Braunkohle - , eine Markierung des Fundortes in einer kleinen Karte von NRW, Maße, Material und Leihgeber und selbstverständlich erläuternde Texte zum Exponat selbst und zu seiner Fundgeschichte.

Die Ausstellung fand in Köln bereits sehr guten Anklang und ist definitiv einen Besuch wert. Während man üblicherweise im Museum aufgereihte Ausstellungsstücke vorfindet mit einer kurzen Erläuterung zu Funktion, Fundort, Herstellungszeit und Material oder dergleichen, sind die Exponate der "Fundgeschichten" erwartungsgemäß sämtlich mit Geschichten im Hintergrund ausgestattet. Diese findet man natürlich auch detailliert in dem prächtigen Band zur Ausstellung. Da wurden im Kloakenschacht eines Adelshofes in Höxter nicht nur offensichtlich ausrangierte Keramikwaren entdeckt, sondern auch ungewöhnliche und wertvolle Schmuckstücke – wie diese dort hineingelangten, darüber kann man gut spekulieren. Kirchengrabungen oder auch Zufallsfunde beim U-Bahn-Bau ergaben überraschende Funde.

Es sind im Übrigen nicht nur die eigentlichen Fundgeschichten, die Ausstellung und Buch interessant machen, sondern auch die Natur vieler Funde, etwa Hundebestattungen oder aber Fossilien tropischer Tiere, die belegen, das in Nordrhein-Westfallen einmal ein ganz anderes Klima geherrscht haben muss als heute.
Und auch der weite Zeit- und Themenbogen trägt dazu bei, dass man das Buch nicht gern aus der Hand legt beziehungsweise gern in der Ausstellung verweilt.
Die Texte wenden sich an ein relativ breites Publikum; spezielle Vorkenntnisse über eine fundierte Allgemeinbildung hinaus sind zur Lektüre nicht vonnöten. Es handelt sich ja schließlich um Fundgeschichten, und ein solcher Titel impliziert auch Unterhaltungscharakter, der schon aufgrund der in der Tat spannenden Fundhintergründe stets gegeben ist und von den Autoren nicht unterdrückt wird. Die Essays halten jedoch durchweg ein recht hohes Niveau.
Auch die Aufmachung des Buches begeistert. Übersichtlichkeit, Abbildungen von hoher Qualität und eine der Dicke und Schwere des großformatigen Buchs angemessene robuste Bindung kommen den Ansprüchen des Lesers ebenso entgegen wie die durchdachte Gliederung. Der Preis erscheint, gemessen daran, ausgesprochen fair. Allein das schiere Gewicht des Buchs beeinträchtigt den Lesekomfort ein wenig.

Ein Band, der zu begeistern vermag, bietet er doch Archäologie "zum Anfassen"; auch die Faszination dieser Wissenschaft vermittelt das Buch sehr gut. Ausgesprochen empfehlenswert.