Wie verlaufen Prozesse in der Stadtplanung oder in der Freiraumplanung? Mal abgesehen von dem Projektmanagement sowie den klassischen Planungsinstrumenten, die täglich angewendet werden, reagieren die betroffenen Akteure doch in der Regel auf die Veränderungen in der Gesellschaft. Konkrete Planung neuer Projekte findet zwar ständig statt, doch ist es in erster Linie die Gesellschaft, die oftmals die Planung gleich selbst übernimmt, beispielsweisen durch Zwischennutzungen, oder nötig macht, beispielsweise durch gesellschaftliche Veränderungen. Die Gesellschaft sollte somit in der Stadt- und Freiraumplanung durchaus Beachtung finden. Allerdings verliert die Stadtsoziologie gegenwärtig eher an akademischer Anerkennung. Sie verliert an Bedeutung und vermehrt suchen Soziologen ihren Platz in der Stadt- und Freiraumplanung.

Annette Harth und Gitta Scheller vom Institut für Freiraumentwicklung der Fakultät für Architektur und Landschaft an der Universität Hannover versuchen mit dem von ihnen zusammengestellten Sammelband "Soziologie in der Stadt- und Freiraumplanung" aufzuzeigen, wo die Soziologie, trotz des institutionellen Abbaus der Disziplin, ihren Platz in der Stadt- und Freiraumplanung hat beziehungsweise zukünftig finden kann.

Die ausgewählten Aufsätze sind in vier thematische Blöcke gegliedert. Der erste Block beinhaltet Aufsätze, die zu der Überschrift "Soziologie in der Stadt- und Freiraumplanung: Entwicklungen, Perspektiven, Plädoyers" zusammengefasst wurden. Innerhalb dieser Thematik findet der Leser unter anderem einen Aufsatz von Walter Siebel, Stadtsoziologe an der Universität Oldenburg, zum Thema "Stadtsoziologie und Planung – Notizen zu einem zunehmend engen und ambivalenten Verhältnis". Insgesamt legt das erste Kapitel das Grundwissen für die nachfolgenden.
Kapitel zwei befasst sich explizit mit dem Beispiel der Freiraumplanung und Landschaftsarchitektur. Hier wird aufgezeigt, wie die Soziologie in die genannten Disziplinen integriert werden kann und warum die sozialpolitischen Herausforderungen für die Landschaftsarchitektur stetig wachsen.
Block drei des Sammelbandes trägt den Titel "Der' Gebrauchswert' von Soziologie aus der Sicht der Planungs- und Entwurfspraxis". Zusammenfassend beschäftigt sich dieses Kapitel mit der direkten Beziehung zwischen Planung und Theorie. Beispielsweise beschäftigt sich ein Aufsatz, an dem unter anderem Klaus Selle mitgearbeitet hat, mit der Beziehung zwischen Theorie und Praxis. In diesem Kapitel wird vor allem der Praxisbezug der Stadtsoziologie beleuchtet.
Das vierte und abschließende Kapitel zeigt, an welcher Stelle die Soziologie in der Stadt- und Freiraumplanung ihren Platz hat beziehungsweise was in der Vergangenheit stadtsoziologische Thematiken waren.

"Soziologie in der Stadt- und Freiraumplanung. Analysen, Bedeutung und Perspektiven" befasst sich, für wissenschaftliche Literatur eher untypisch, nicht mit einer konkreten Forschung oder einer bestimmten Thematik, die erläutert werden soll, sondern es betrachtet sich vielmehr selbst: Verschiedene Autoren betrachten den Stellenwert beziehungsweise den Platz, den ihre Disziplin in der Stadt- und Freiraumplanung hat. Für interessierte Personen, in erster Linie für interessierte Personen der Stadtsoziologie, ist dieses Buch in jedem Fall lesenswert. Die Auswahl der Autoren sorgt für eine sehr gelungene Mischung zwischen rein theoretischen Betrachtungen sowie konkreter Anwendung der Soziologie in der Planung.
An dieser Stelle muss neben der guten thematischen Mischung auch die personelle Auswahl der Autoren positiv hervorgehoben werden. Wer im wissenschaftlichen Bereich Interesse für die sich zunehmend interdisziplinär entwickelnde Disziplin der Stadtsoziologie hat, wird in dem von Annette Harth und Gitta Scheller herausgegebenen Sammelband viele "große" Namen wieder finden. Der Sammelband verfehlt sein Ziel in keiner Weise, ganz im Gegenteil: Der Leser bekommt genau das, was das Buch anfangs erwarten lässt. Eine Betrachtung der Soziologie in der Stadt- und Freiraumplanung: Gegenwart, Zukunft, Theorie, Praxis - ein Rundumblick einer Disziplin, die ihren akademischen Platz sucht. Für Leser, die Interesse an der Thematik sowie an wissenschaftlicher Literatur haben, ist "Soziologie in der Stadt- und Freiraumplanung" ohne Einschränkungen zu empfehlen.