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 Twilight Classics, Band 15: American Amok

Bad Day On the Block


Cover
Gesamt ++---
Action
Anspruch
Brutalität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Unter Einsatz seines Lebens rettet Feuerwehrmann Lyle Wilder (Charlie Sheen) ein Baby aus einem brennenden Haus und wird als Held gefeiert. Doch niemand ahnt, dass sich hinter der Fassade des todesmutigen Musterbürgers eine tickende Zeitbombe verbirgt: Der gewalttätige Lyle wurde von seiner Frau verlassen, ein Besuchsverbot für seinen Sohn setzt ihm ebenso zu wie der Alkohol und seine Schlafstörungen. Die Schuld an seiner Misere gibt er seinen Nachbarn, der Bilderbuch-Familie Braverton, auch fühlt er sich durch die lauten Spielereien der Nachbarskinder provoziert. Als Sohn Zach (Noah Fleiss) versehentlich sein Modellflugzeug durch Lyles Fensterscheibe steuert, brennen beim Feuerwehrmann die Sicherungen durch: Er beginnt die Bravertons zu terrorisieren. Doch es bleibt nicht bei harmlosen Einschüchterungsversuchen …

Als cooler Sitcom-Onkel und leichtlebiger Werbejingle-Komponist hat er sich zum höchstbezahlten amerikanischen Fernsehstar hochgespielt und in Slapstick-Granaten wie "Hot Shots!" oder dem dritten und vierten Teil der "Scary Movie"-Reihe zieht er Hollywood-Produktionen am laufenden Band durch den Kakao. Doch den Durchbruch im Filmbusiness hat Charlie Sheen seinen ernsten Rollen in "Platoon" und "Wall Street" zu verdanken, besonders ersterer wurde viel Beachtung geschenkt. Ein matter Abgesang auf diese Zeit bildet seine Rolle als psychopathischer Nachbar in "American Amok", in welcher er nur mäßig zu brillieren weiß.

"American Amok" – hierzulande ursprünglich unter dem Titel "Under Pressure" erschienen – ist eine mit bescheidenen finanziellen Mitteln abgedrehte Direct-to-Video-Produktion, das sieht man dem Film zu jeder Zeit an. Dieser Umstand schlägt sich aber keineswegs negativ zu Buche, sondern unterstützt den Streifen sogar vielmehr: Der überschaubare Cast und die kaum wechselnden Locations – das Gros der Laufzeit spielt sich die Handlung entweder im Haus der Bravertons oder in jenem von Lyle Wilder ab – tragen dazu bei, dass der Film die Handlung nicht aus den Augen verliert und überflüssige, spannungsabtötende Abschweifungen erst gar nicht zulässt. Stattdessen fällt positiv auf, dass "American Amok" unbeirrt und geradewegs in Richtung Showdown voranschreitet, ohne sich zu lange um Nebensächlichkeiten zu kümmern.

Der Thriller spielt in einer typisch amerikanischen Suburb, wie man sie aus unzähligen US-amerikanischen Filmen unterschiedlichster Genres und Jahrgänge kennt – von "Poltergeist" bis "Disturbia", von "The Goonies" bis "Nightmare on Elm Street". Damit reiht sich "American Amok" in jene Riege von Filmen ein, in denen die Protagonisten mit der Bedrohung quasi Tür an Tür leben und in denen der schizophrene Killer jeder in der Siedlung sein kann – auch der mehrfach ausgezeichnete "Feuerwehrmann des Jahres", der ein Faible für Russisches Roulette pflegt, chinesische Kühlschrankmechaniker mit Superkleber buchstäblich zum Schweigen bringt und seine Feuerwehraxt auch gerne mal nach Dienstschluss schwingt.

Leider hat "American Amok" in puncto Thrill und Glaubwürdigkeit nicht denselben Schwung wie Charlies Dienstbeil, dafür sind die Handlung zu holperig und die Figuren zu flach. Die Story ist eine zu berechnete Aneinanderreihung routinierter Thriller-Situationen, die kein einziges Mal mit Kreativität überrascht und stattdessen den einen oder anderen logischen Stolperdraht für ihre Charaktere vorbereitet. Dies ist bedauerlich, denn die Ausgangssituation hat durchaus Potential – zumal bei der Eskalation mehrere Faktoren zusammenspielen: So machen Lyle Wilder nicht nur seine persönlichen Probleme und seine Schlafstörungen zu schaffen, sondern auch eine Hitzewelle, die über der Stadt liegt und die seine Wutausbrüche begünstigt. Leider begnügte sich die Drehbuchautorin mit oberflächlichen Erklärungen über Lyles psychischen Zustand, die jeder Erstsemestrige der Psychologie besser hinbekommt. Nicht weniger oberflächlich gestalten sich die Figurenzeichnungen, vor allem jene des Psychopathen Lyle Wilder, für den ein, zwei Ticks zu tief in die Klischeetruhe gegriffen wurde: So zerschlägt er mit Vorliebe die Spiegel in den eigenen vier Wänden und entpuppt sich als alttestamentarisch sattelfester Phrasendrescher, der des Nachbarn Kindern am liebsten mit der guten alten Rute Disziplin beibringen möchte.

Es hätte eine von Charlie Sheens bemerkenswertesten Darstellungen werden können, doch nicht nur das Drehbuch macht ihm einen Strich durch die Rechnung, auch er selbst ist an dem schalen Beigeschmack, den seine Figur hinterlässt, nicht gänzlich unschuldig: Seine Darbietung reicht nie über Durchschnittsleistungen hinaus, da hat er in seinen früheren Filmen weitaus bessere Arbeit abgeliefert – egal ob in "Platoon" als mit der brutalen Realität konfrontierter Collegeabbrecher oder in "Ferris macht blau", wo sein herrlicher Kurzauftritt als Junkie einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Allein der irre Psycho-Blick, den Sheen in "American Amok" aufsetzt, kann gehörig unterhalten und braucht sich nicht hinter Jack Nicholsons berühmt-berüchtigten Haifischgrinser verstecken. Der übrige Cast liefert eine solide, aber in keiner Weise erinnerungswürdige Leistung ab, sodass der Zuschauer "American Amok" letzten Endes allzu bald wieder vergessen wird. Schade, denn Potential ist zweifellos vorhanden gewesen. Allein die letzte Einstellung verweist auf Möglichkeiten, die nicht ausgeschöpft wurden …

Die Kaufversion der DVD beinhaltet den deutschen Ton in DD 5.1 sowie in DD 2.0, ferner den Originalton in Stereo. Untertitel sucht man ebenso vergebens wie brauchbares Bonusmaterial, die Silberscheibe hat lediglich den Originaltrailer sowie eine Trailershow zu bieten. Das Covermotiv von "American Amok" ist wohl das einzige wirklich gelungene Frontcover der gesamten "Twilight Classics"-Reihe. Nach Angaben von Epix liegt der Kaufversion der DVD ein Wendecover bei.

Fazit:
Handwerklich solider, letztendlich aber doch nur belangloser neighbourhood thriller, der Tiefgang mit Klischeeverpflichtung verwechselt. Wer seine Nachbarschaftsparanoia fruchtbringend pflegen möchte, der greift lieber zu Filmen wie "Disturbia" oder "Lakeview Terrace". Für Fans von Charlie Sheen allemal sehenswert, doch den coolen TV-Onkel hat man auch schon mit besseren Performances gesehen. Aber sein Psycho-Blick ist allererste Sahne, keine Frage …

Bild- und Tonqualität können nicht beurteilt werden, da es sich um eine Presse-DVD handelt, die von der Kaufversion abweichen kann.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4047879401114 | Erschienen: 14. Mai 2010 | FSK: 16 | Laufzeit: 84 Minuten | Originaltitel: Bad Day On the Block | Preis: 9,99 Euro | Untertitel verfügbar in: - | Verfügbare Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0)

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