Gesamt |
|
Anspruch | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Ein schwerer Gewissenskonflikt bedroht das harmonische Eheleben von Anne und Gilbert. Gil hat herausgefunden, dass Leslie Moores ungeliebter Ehemann unter Umständen sein Gedächtnis zurückerlangen könnte, wenn er sich einer neuen, kaum erprobten Operationsmethode unterziehen würde. Die Heilungschancen scheinen ungewiss und für Leslie, die vor Jahren in die Ehe gezwungen wurde, scheint eine Genesung eine Verschlimmerung ihrer ohnehin schweren Lage zu bedeuten. Das einzige, was sicher ist, ist die Tatsache, dass die Operation ihre sämtlichen Ersparnisse auffressen wird. Darf Gilbert Leslie wirklich eine solch schwere Entscheidung aufbürden? Als er es tut, schäumt Anne vor Wut – und schnell scheint auch der restliche Freundeskreis des jungen Ehepaars gespalten, was dieses Thema angeht. Doch die einzige, die eine Entscheidung treffen kann, ist schlussendlich Leslie …
Nach zwanzig Folgen beendet Titania Medien seine erfolgreiche, preisgekrönte Hörspielserie nach den Anne-Romanen von Lucy Maud Montgomery, die im Original vor rund hundert Jahren erstmals erschienen sind. In gewohnter Qualität – die Serie wurde nicht umsonst unter anderem als "Beste Hörspielserie" ausgezeichnet – folgt der Hörer den Erlebnissen der rothaarigen, selbstbewussten Anne ein letztes Mal. Und tatsächlich stellt man fest, dass das Label mit Marie Bierstedt in der Titelrolle eine Sprecherin gefunden hat, der man sowohl das kleine Waisenmädchen aus der ersten Folge als auch die erwachsene Ehefrau und Mutter aus der letzten Folge abnimmt. Es hat sich definitiv ausgezahlt, dass die Produzenten der Reihe auf bekannte Synchronsprecher gesetzt haben: Gilbert alias Simon Jäger kennt man als deutsche Stimme von Josh Hartnett und Matt Damon, Melanie Pukaß – hier Leslie Moore – spricht im Kino Helena Bonham-Carter und Ulrike Möckel ("Cornelia Bryant") Meg Ryan. Besonders erfreulich ist, dass auch Dagmar von Kurmin als Marilla Cuthbert einen kleinen, willkommenen Gastauftritt in der Episode hat. So schließt sich der Bogen zur ersten Folge, wo sie als steife, unwirsche alte Jungfer sehr unfreiwillig das seltsame Waisenmädchen Anne Shirley auf ihrer Farm Green Gables aufgenommen hat. Da ist es auch verschmerzbar, dass mit einer Laufzeit von 54 Minuten diese Folge der Hörspielreihe kürzer ausfällt als die meisten vorangegangenen.
Die knappe Stunde ist vollbepackt mit aufregenden Erlebnissen, in denen nicht immer Anne und Gilbert, sondern meist die Bewohner des Küstenörtchens Four Winds im Mittelpunkt stehen: Leslie Moore sehnt sich noch immer nach einem glücklicheren Leben; Cornelia Bryant verteufelt weiterhin aufs ärgste die Herren der Schöpfung, fasst aber zum Ende der Episode hin einen überraschenden Entschluss. Und Anne überwindet schließlich sogar einen traumatischen Schicksalsschlag: den Tod ihrer erstgeborenen Tochter. Nach viel Drama und Tragik beendet Lucy Maud Montgomery "Anne in Four Winds" versöhnlich: Hindernisse sind überwunden, Pärchen haben sich gefunden – und Anne und Gilbert blicken optimistisch einer vielversprechenden Zukunft und einer eigenen Familie entgegen. So manches wirkt in der Abschlussfolge überzogen und kann nicht mit dem Charme der frühen Episoden konkurrieren. Dafür gibt's Punktabzug.
In Romanform sind noch weitere Anne-Geschichten erschienen. Titania Medien hat sich jedoch dazu entschlossen, es nach der Adaption des in der Chronologie an fünfter Stelle stehenden Buches gut sein zu lassen. Das mögen Fans bedauern, schlussendlich ist die Entscheidung aber nachvollziehbar. Aus dem quirligen Rotschopf ist eine gereifte junge Frau geworden, wodurch sich der Ton der erzählten Geschichten wesentlich geändert hat. Auch wenn die letzten vier Folgen der Reihe nicht auf ganzer Linie überzeugen können, so runden sie doch eine wunderbare, manchmal etwas verkitschte Serie ab, die all jenen gefallen dürfte, die für den Charme des ausgehenden 19. Jahrhunderts etwas übrig haben.
Eine Hörprobe gibt es auf der Verlagswebsite bei Titania Medien.