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 Coffin Rock


Cover
Gesamt +++--
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Coffin Rock – Freunde des gepflegten Shaky-Cam-Horrors denken gewiss sofort an jenen Ort in "Blair Witch Project", wo der Fake-Legende nach die titelgebende Hexe fünf Männer in Ritualen ermordet haben soll. Doch mit der hoch gelobten Mockumentary hat der australische Streifen "Coffin Rock" nichts gemein, statt mörderischer Spukgestalten treibt ein psychopathischer Stalker sein Unwesen.

Ein einsam gelegenes, namenloses Fischerstädtchen, in dem jeder jeden kennt – auch die Vorlieben, Schwächen und Probleme des anderen. So ist auch der bislang unerfüllt gebliebene Kinderwunsch von Jessie (Lisa Chappell) und dem deutlich älteren Rob (Robert Taylor) kein Geheimnis. Eine Situation, die beiden zu schaffen macht: Aus Jessies Babywunsch entwickelt sich eine regelrechte Obsession, während Rob die Angst plagt, möglicherweise zeugungsunfähig zu sein. Nach mehreren erfolglosen Versuchen entschließt sich das Paar zu einer künstlichen Befruchtung. Doch der junge Klinikmitarbeiter Evan (Sam Parsonson) wird auf Jessie aufmerksam. Er kündigt seine Stellung, verfolgt das Paar ins abgeschiedene Städtchen und nimmt dort einen Job in derselben Fischfabrik an wie Jessie. Betrunken und frustriert lässt sie sich schließlich auf einen One-Night-Stand mit ihm ein. Schnell bereut sie ihre Entscheidung, als langsam Evans wahres Wesen zutage tritt. Denn hinter der Fassade des unscheinbaren Sonderlings tickt eine schizophrene Zeitbombe – die hochgeht, als bekannt wird, dass Jessie schwanger ist. Evan ist überzeugt, der Vater zu sein, und will Jessie von seiner Liebe überzeugen – wenn nötig auch mit Gewalt …

Ein Strand bei Ebbe in der Totalen, das Rauschen der Wellen, die die raue Natur der Gegend repräsentieren, alles in gedämpften Farben getaucht und von sanften melancholischen Tönen untermalt – eine Grundstimmung, die sich durch das Gros der Laufzeit zieht. Ein wenig ungewöhnlich für einen Film, der damit beworben wird, aus derselben Produktionsschmiede zu stammen wie "Wolf Creek". Tatsächlich hat "Coffin Rock" – dramaturgisch wie auch qualitativ – wenig mit dem missglückten Backpacker-Slasher gemein, auch wenn das düster gehaltene Cover mit blutroten Lettern, blutbeflecktem Messer und unübersehbarem FSK-18-Logo etwas anderes weismachen will. Doch anstelle eines neuen müden Outback-Schlitzerfilms präsentiert Rupert Glasson mit seinem Regiedebüt einen Stalking-Thriller mit Ambitionen, aber auch mit Schwächen.

Die Independent-Produktion zeigt sich als erwachsener Streifen, der nichts mit den kommerziell orientierten Beleidigungen, mit denen das Genre seit Jahren überflutet wird, gemein haben will. Die Figuren in "Coffin Rock" sind keine abgenutzten Schablonen auf zwei Beinen, die hölzern von einem Klischee-Fangeisen ins nächste staksen, keine schwachköpfigen Teenies mit unkontrolliertem Sexualtrieb, denen man als Zuschauer am liebsten Freddy und Jason an den Hals wünscht. Dies gilt vor allem für Jessie: Mit ihr kommt keine oberflächliche Projektion männlicher Phantasien, keine strohdumme GNTM-Anwärterin daher, sondern eine interessant gezeichnete Mittdreißigerin, die mit einer exzellent spielenden Lisa Chappell ("McLeods Töchter") hervorragend besetzt wurde. Der bärbeißige und stämmige Rob, dargestellt von Robert Taylor ("Vertical Limit", "Rogue – Im falschen Revier"), bietet einen guten Gegenpol zu Jessie: Durch ihren obsessiven Kinderwunsch und seinem Widerwillen, seine Zeugungsfähigkeit untersuchen zu lassen, entwickelt sich ein Pulverfass, dass durch Evans Eintritt in ihr Leben zu explodieren droht.

Angesichts seiner Stärken und seiner Ambitionen schmerzt es umso mehr, dass "Coffin Rock" den endgültigen Sprung zum Genre-Geheimtipp aus eigenem Verschulden vermasselt. Der Film schlägt in der ersten Hälfte bewusst leise Töne an, von plakativem Horror keine Spur. Vielmehr spielt "Coffin Rock" an der Crossover-Orgel und wechselt geschickt und unaufdringlich zwischen Drama und Thriller hin und her. Auf unnötige Brutalität verzichtet der Film, vielmehr sind es kurze, aufflackernde Gewalteindrücke, die ebenso hart wie kalt rüberkommen. Bedauerlicherweise mündet dieses Spiel in eine einseitige und mit vorhersehbaren Twists gespickte Hetzjagd, die zwar solide inszeniert ist, aber allzu sehr in seelenlose Routine verfällt. Die Steigerung von Evans Wahnsinn geht zu schnell voran, nimmt immer zwei, drei Stufen auf einmal und fügt damit dem schizophrenen Psychopathen mit Norman-Bates-Allüren Kratzer hinzu. Schade, denn dazwischen darf Sam Parsonson immer wieder zeigen, was er drauf hat, und dafür sorgen, dass der Zuschauer das eine oder andere Mal die Luft einsaugt. Evans Backstory bleibt diffus, zu viel im Dunkeln und damit viel Potential, das der Film immer wieder beweist, nur begrenzt genutzt. Rob dümpelt ab der Mitte bis zu seinem großen Auftritt im Finale dahin und meldet sich immer wieder sporadisch zu Wort, dem Showdown fehlt es an Kreativität und Pfiff. Erst die letzte Szene schließt den Kreis zur gekonnt inszenierten ersten Filmhälfte und beweist, dass Spannung kein Privileg des Mainstreams und der Bruch mit Konventionen kein Rückschritt ist. Schade, dass Regisseur und Drehbuchautor Glasson nicht den Mut zur Radikalität besaß und lieber zu Altbewährtem zurückkehrte. Als Regiedebüt jedenfalls sehenswert, zumal Glasson handwerkliche Sicherheit beweist und man "Coffin Rock" nie in die Erstlingsschublade einordnen würde. Aber zur erhofften Genre-Perle, welche die ersten 40 Minuten ankündigen, hat es nicht gereicht …

Die Blu-ray präsentiert sich technisch solide, jedoch alles andere als referenzverdächtig: Das Bild hat – wohl produktionsbedingt – mit einem Grieseln zu kämpfen, das in den hellen Außenaufnahmen nicht weiter ins Gewicht fällt, in halbdunklen Szenen aber unangenehm auffällt. Der DTS-HD-Ton kommt sauber aus den Boxen und wartet mit einer klaren Dialogwiedergabe auf, allerdings hätte er mehr Raumklang vertragen. Das Bonusmaterial präsentiert sich mau, die Scheibe bietet lediglich den Originaltrailer, ein nicht uninteressantes Making Of sowie eine kurze Trailershow. Letztere wird nach Einlegen der Disc in den Player automatisch gestartet, ist aber nicht über das Hauptmenü anwählbar.

Fazit:
Solider Stalking-Thriller aus Down Under mit viel versprechenden Ansätzen, die nicht konsequent zu Ende gedacht worden sind. So bleibt es letztendlich bei einem kurzweiligen Indie-Genrebeitrag mit leichtem "Psycho"-Einschlag, den man durchaus gesehen haben kann.

Michael Höfel



Blu-ray Disc | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4020628951733 | Erschienen: 5. März 2010 | FSK: 18 | Laufzeit: 93 Minuten | Originaltitel: Coffin Rock | Preis: 16,99 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch (DTS-HD 5.1), Englisch (DTS-HD 5.1)

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